zum Hauptinhalt
Schafft es Apple will mit seinem Bezahldienst Münzen und Scheine überflüssig zu machen?
© Getty Images/iStockphoto, Montage: Mika

Mobiles Bezahlen: Was Sie über Apple Pay wissen müssen

Auch in Deutschland kann man nun mit dem iPhone bezahlen. Die wichtigsten Fragen und Fakten im Überblick.

Matthias Hach ist begeistert. „8000 Registrierungen, dabei ist es gerade erst einmal 10 Uhr“, freut sich der Manager der Commerzbank-Tochter Comdirect. Es geht um Kunden, die den Bezahldienst Apple Pay aktiviert haben, der seit Dienstag nun auch in Deutschland verfügbar ist. Im Sommer hatte Apple-Chef Tim Cook den Start für dieses Jahr angekündigt, seither warteten viele Applefans darauf, dass es wirklich losgeht. Schon seit Wochen wurde über den Termin spekuliert, immer wieder behaupteten vermeintliche Insider, am nächsten Tag gehe es nun wirklich los.

Die finale Verzögerung passt aber zu Deutschland, seiner Liebe zum Bargeld und der entsprechend schwierigen Beziehung mit mobilen Bezahlsystemen. Während frühere Angebote von Mobilfunkanbietern wie der Deutschen Telekom und Vodafone mangels Erfolgs längst wieder eingestampft wurden, breitete sich Apples System aus. Vor gut vier Jahren startete es in den USA und ist inzwischen in 25 Ländern verfügbar, zuletzt war unter anderem Kasachstan dazu gekommen.

Gelingt es Apple nun, das Bezahlen mit dem Smartphone populär zu machen? „Durch Apple Pay wird das mobile Bezahlen einen Schub erhalten, aber bis das Smartphone die Geldbörse komplett ersetzt, ist es noch ein weiter Weg“, sagt Bankenexperte Julian Grigo vom Branchenverband Bitkom. Zumal auch nicht jeder Besitzer eines iPhones den Dienst sofort verwenden kann.

Wer kann Apple Pay nutzen?

Man benötigt ein iPhone ab der generation 6 oder neuere Versionen der Apple Watch. Zudem muss man eine passende Geldkarte von einer der 15 Partnerinstitute haben. Das sind unter anderem die Deutsche Bank, HypoVereinsbank, Comdirect, und die Smartphone-Bank N26. Im kommenden Jahr sollen weitere Banken wie die DKB, ING und Consors dazukommen. Wer dort kein Konto hat, kann auf die Bezahl-App „Boon“ des Zahlungsanbieters Wirecard ausweichen.

Wie funktioniert das Angebot?

Zuerst wird in der Geldbörsen-App Wallet eine Debit- oder Kreditkarte hinterlegt. Die in Deutschland verbreiteten Girokarten (EC-Karten) werden bisher nicht berücksichtigt. Apple-Managerin Jennifer Bailey schloss nicht aus, dass künftig auch die in Deutschland besonders populäre Girocard unterstützt wird, die früher als EC-Karte bezeichnet wurde. Statt einer Bankkarte halten Nutzer dann beispielsweise ihr iPhone oder die Uhr an ein für kontaktloses Bezahlen geeignetes Kartengerät. In Deutschland gibt es inzwischen 820000 solcher Terminals. Der Betrag wird dann vom Handy nach einer Authentifizierung per Gesichts- oder Fingerabdruck-Scan automatisch abgebucht, bei der Uhr bestätigen Nutzer die Zahlung per Doppelklick auf die Seitentaste.

Warum sperren sich andere Banken?

Apple und die Banken stritten lange um Gebühren. Wie bei Kreditkarten ist der Dienst für Nutzer kostenlos, doch bei Banken und Händlern werden Gebühren fällig. Über die Konditionen wurde Stillschweigen vereinbart. Ein weiterer Punkt ist, dass Finanzinstitute wie die Sparkassen eigene Bezahl-Apps haben, die funktionieren jedoch nur auf Android-Smartphones, denn Apple sperrt anderen den Zugriff auf den für das kontaktlose bezahlen nötige NFC-Funkchip. „Das behindert den Wettbewerb und kann Märkte zementieren“, kritisiert Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz. Auch die EU-Kommission hat sich das Thema schon angesehen, doch einerseits habe Apple keine marktbeherrschende Stellung, andererseits gab es keine formale Beschwerde – offenbar scheuen die Banken den offenen Konflikt mit Apple.

Wo kann man bezahlen?

Apple listet mehr als 50 Partner von Discountern wie Aldi und Netto über Elektronikmärkte, Fast-Food-Ketten, Tankstellen bis zu Bekleidungsläden wie H&M oder Zara. Zudem kann nun auch in zahlreichen Apps Apple Pay als Bezahloption ausgewählt werden, unter anderem bei der BVG, Mytaxi oder Zalando.

Ist der Dienst sicher?

In Deutschland sind manche durch die Angst vor Hackern abgeschreckt. Doch die Missbrauchsgefahr beim Mobile Payment ist geringer als bei klassischen Kreditkarten. Bei Google Pay kenne er bisher keinen einzigen Betrugsfall, sagt Arno Walter, Chef der Comdirct Bank. Zur Identitätsbestätigung sind ein Fingerabdruck oder die Gesichtserkennung notwendig. Nach Angaben von Apple werden auch die Daten besonders geschützt. So wird nicht die eigentliche Kreditkartennummer auf dem Gerät gespeichert, sondern eine verschlüsselte Identifikationsnummer. Der Händler erhält beim Kauf mit Apple Pay nur eine einmalig generierte Transaktionsinformation. Daten wie der Preis oder der gekaufte Gegenstand würden von Apple nicht gespeichert. Da geben manche Barzahler, die Rabattsysteme wie Payback nutzen, sogar noch mehr über ihr Einkaufsverhalten preis.

Welche Alternativen gibt es?

Schon seit Juni gibt es in Deutschland den Konkurrenzdienst Google Pay. Er ist verfügbar für alle Smartphones, die mit dem Google-Betriebssystem Android laufen und einen NFC-Chip haben. Die Sparkassen bieten seit Juli die eigene App „Mobiles Bezahlen“, die Volks- und Raiffeisenbanken haben im August die Bezahlfunktion in ihre „VR-BankingApp“ integriert.

Setzt sich nun das Bezahlen per Smartphone durch?

Fast drei Viertel ihrer Einkäufe begleichen Verbraucher noch mit Scheinen und Münzen. Nur sieben Prozent der Deutschen haben schon einmal mit dem Smartphone ihre Rechnungen beglichen, ergab eine Untersuchung der Bundesbank. Selbst manche der Beteiligten sind skeptisch, ob sich das durch Apple Pay schnell ändert. „Ob sich hinsichtlich Mobile Payment eine Veränderung zeigt, müssen wir über einen längeren Zeitraum hinweg beobachten“, sagt Max Schertel, Head of Business Operations bei N26. „Der Markt in Deutschland steht aktuell noch am Anfang.“

Bei Comdirect ist man zumindest mit dem im Sommer gestarteten Google Pay zufrieden. „Mehr als die Hälfte der registrierten Kunden nutzt den Dienst mindestens fünf Mal im Monat“, sagt Bankchef Walter. Sie zahlen dabei häufiger im Laden als online. „Ich glaube schon, dass sich das mobile Bezahlen auch im Bargeldland Deutschland etablieren wird“, sagt Walter. Der Experte Ulrich Binnebößel vom Einzelhandelsverband HDE rechnet hingegen nicht mit einer Abnahme der Bargeldzahlungen: „Die Kunden, die nun mit Apple Pay bezahlen möchten, haben tendenziell auch vorher mit ihrer Kreditkarte bezahlt.“ Und laut einer Bitkom-Studie geht jeder fünfte Bundesbürger davon aus, dass auch in 20 Jahren Bargeld noch das dominierende Zahlungsmittel sein wird.

Mitarbeit: Laurin Meyer

Zur Startseite