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Was soll ich kaufen: Der Handel will mit seiner einheitlichen Kennzeichnung Verbrauchern helfen.
© Julian Stratenschulte/dpa

Supermarkt-Logo für Tierwohl: Was hinter der neuen Fleisch-Kennzeichnung steckt

Die großen Supermarktketten kennzeichnen seit diesem Montag einheitlich, woher abgepacktes Fleisch kommt. Doch das neue Logo hat nicht nur Fans.

Dem Schnitzel sieht man nicht an, ob es dem Schwein zu Lebzeiten gut gegangen ist oder nicht. Seit diesem Montag wird es für Verbraucher ein wenig einfacher, beim Fleischkauf herauszufinden, ob die Tiere in engen Großställen gehalten worden sind, ob sie mehr Platz im Stall hatten oder sogar Auslauf. Die großen Supermarktketten wie Edeka, Rewe, Aldi und Lidl führen eine einheitliche Kennzeichnung auf Verpackungen für Rind- und Schweinefleisch sowie Geflügel ein.

Das neue Logo mit der Aufschrift "Haltungsform" soll Kunden auf einen Blick informieren, wie die Schlachttiere gelebt haben. Dabei bildet Stufe eins (Stallhaltung) nur den gesetzlichen Mindeststandard ab, bei Stufe zwei (Stallhaltung plus) haben die Tiere mindestens zehn Prozent mehr Platz im Stall und Spielzeug, die Stufe drei (Außenklima) steht für zusätzlichen Platz und Kontakt zu Frischluft, und in der Stufe vier (Premium) müssen Schweine, Rinder oder Hühner Auslauf haben. Auch Biofleisch wird hier eingeordnet, allerdings sind Bio-Waren zudem mit eigenen Labels gekennzeichnet.

Rewe, die Rewe-Tochter Penny, Lidl, Kaufland, Aldi und Netto verkaufen bereits seit dem vergangenen Jahr Fleisch, bei dem die Kunden jeweils in einem vierstufigen System nachvollziehen konnten, wie die Tiere gehalten worden sind. Nun werden die unterschiedlichen Systeme vereinheitlicht. Was ebenfalls neu ist: Auch Marktführer Edeka macht jetzt mit. Deutschlands größter Lebensmittelhändler stellt seit März seine Eigenmarkenartikel für Fleisch und Wurst schrittweise auf die neue Haltungskennzeichnung um. Von Montag an soll ein Großteil aller Selbstbedienungsartikel mit dem neuen Label versehen sein.

Rewe, Aldi und Lidl stellen ihre Kennzeichnungen schrittweise um. Die einheitliche Kennzeichnung soll mehr Akzeptanz und Transparenz schaffen.

Foodwatch kritisiert "Mogelpackung"

Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat die Kennzeichnung allerdings als "Mogelpackung" kritisiert. Sie gaukele Verbrauchern vor, sie könnten mit ihrem Einkauf die Zustände in den Ställen maßgeblich verbessern, sagte Foodwatch-Experte Matthias Wolfschmidt. Es gehe aber nur um formale Haltungsbedingungen. "Das garantiert nicht, dass es den Tieren gut geht."

Die Grünen-Ernährungsexpertin Renate Künast kritisierte Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU). "Die Kunden haben bei jedem Stück Fleisch das Recht zu wissen, wie die Tiere gehalten wurden", so Künast. Das Bundesministerium arbeite aber schon seit vier Jahren an einer freiwilligen Kennzeichnung. "Warten auf Godot, das macht der Handel nun nicht länger mit." Es sei gut, dass die Branche jetzt vorangehe und selbst eine Haltungskennzeichnung einführe. "Das Klöckner-Label ist damit gescheitert, bevor es starten konnte." Die CDU-Politikerin müsse die gesetzlichen Mindeststandards anheben.

Das staatliche Tierwohllabel ist ehrgeiziger

Julia Klöckner sieht das anders, denn das staatliche Tierwohllabel, das Klöckner im kommenden Jahr auf den Markt bringen will, ist deutlich ambitionierter und umfassender als die Haltungskennzeichnung des Handels. Das staatliche Kennzeichen verlangt von Anfang an höhere Anstrengungen als den gesetzlichen Mindeststandard. Zudem erfasst das Staatslabel das gesamte Leben des Tiers von der Geburt bis zum Schlachthof. Das Logo soll mit Schweinefleisch starten und in drei Stufen mit jeweils steigenden Anforderungen höhere Standards garantieren. In der ersten Stufe sollen Schweine zum Beispiel 20 Prozent mehr Platz im Stall haben als vorgeschrieben.

Kritik gibt es aber unter anderem daran, dass Bauern nur freiwillig teilnehmen sollen. Foodwatch-Experte Wolfschmidt warnte: "Mitmachen werden nur die Betriebe, die ohnehin schon gute Arbeit leisten." Statt eines weiteren freiwilligen Siegels brauche es gesetzliche Vorgaben für bessere Tiergesundheit in allen Ställen.

Greenpeace: Bei Wurst bleiben die Verbraucher im Ungewissen

Die Umweltorganisation Greenpeace kritisierte am Montag, dass Verbraucher beim Wurstkauf weiter im Dunkeln tappen. Eine Abfrage bei den zwölf größten deutschen Wurstherstellern habe keine Bereitschaft erkennen lassen, die Haltungsbedingungen der Tiere, die zu Salami oder Leberwurst verarbeitet werden, zu kennzeichnen. Kein einziger Betrieb habe zudem darauf verzichten wollen, Fleisch von Tierhaltern zu verarbeiten, die Ferkel ohne Betäubung kastrieren oder die den Schweinen die Ringelschwänze kupieren. "Millionen Tiere leiden, damit die Gewinne der großen Wursthersteller steigen", betonte Greenpeace-Landwirtschaftsexpertin Stephanie Töwe.

Viele Verbraucher greifen nach wie vor zu Billigfleisch. Das hat kürzlich eine Tagesspiegel-Umfrage im Handel gezeigt. „Der größte Teil des Fleischs entfällt bei Penny und Rewe auf Stufe eins“, sagte Rewe-Sprecherin Christine Schütz. „Das wird am meisten gekauft.“ Auch Kaufland räumte ein: „Aktuell überwiegt noch die Stufe eins.“ Bei Aldi Nord machen die Haltungsstufen eins und zwei einen Großteil des Angebots von frischem Fleisch aus. Bei Lidl kommt – mit regionalen und saisonalen Schwankungen – 50 Prozent des Frischfleischs aus Stallhaltung der Stufe eins.

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