Gratis war gestern: Warum die Postbank das kostenlose Girokonto abschafft
Die Postbank verabschiedet sich vom kostenlosen Girokonto. Nur Besserverdiener werden noch geschont. Dahinter steht ein grundsätzliches Umdenken.
Das Geld zur Bank zu bringen wird bald teurer, zumindest bei der Postbank. Das Institut schafft für die meisten Kunden nämlich das kostenlose Girokonto ab. Ab einem Eingang von 1000 Euro im Monat mussten sie bisher für die Kontoführung nichts zahlen – nun fallen dafür ab November 3,90 Euro an. „Klar ist, dass unsere Dienstleistungen einen Wert und damit einen Preis haben“, argumentiert Produktvorstand Susanne Klöß. Diesen Preis will man nun auch verlangen. Eine Ausnahme macht das Institut nur noch für Kunden unter 22 Jahren und für Gutverdiener. Wer monatlich mehr als 3000 Euro einzahlt, bekommt das Komfort-Konto weiter gratis. Diese beiden Gruppen, also Gutverdiener und Junge, sind bei den Kunden der Postbank allerdings in der Minderheit.
Schuld ist die Zentralbank mit ihrer Niedrigzinspolitik
Klöß begründet diesen Schritt mit dem derzeit schwierigen Marktumfeld. Es werde auch für die Postbank „immer schwerer, mit dem Girokonto Geld zu verdienen“, sagt sie. Das liegt vor allem an der anhaltenden Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Um die Wirtschaft in Europa anzukurbeln, hält die EZB den Leitzins bei null Prozent. Was für Firmen gut ist, weil sie besonders günstig an Kredite kommen, wird für die Banken zunehmend zum Problem. Und zwar gerade für Institute wie die Postbank, die kein großes Investmentbanking haben, sondern ihr Geld vor allem mit Kleinsparern verdienen. Ähnliches gilt auch für die Sparkassen und Volksbanken. Für sie wie auch für die Postbank ist der Zinsüberschuss entscheidend: Das heißt, sie verdienen daran, dass sie von Schuldnern höhere Zinsen nehmen, als sie Sparern zahlen. Dieser Zinsüberschuss schmilzt nun allerdings dahin. Denn während Kredite immer billiger werden, können die Institute bei die Sparzinsen kaum noch weiter drücken.
Für die Banken ist das ein Dilemma. Während sie auf der einen Seite weniger verdienen, steigen auf der anderen Seite die Kosten. Zum Beispiel weil sie mehr Geld in die Digitalisierung stecken müssen. Oder weil sie mehr Mitarbeiter bezahlen müssen, die sich um die wachsenden Anforderungen der Bankenaufsicht kümmern.
Die Banken suchen Wege, die höheren Kosten auf Kunden umzulegen
Bereits seit Monaten suchen die Institute deshalb Wege, wie sie ihre höheren Kosten auf die Kunden umlegen können. Sie steigern eine Gebühr hier, eine dort. Der Preis für die Kontoführung ist dabei nur eine Stellschraube. Die Kosten für Überweisungen auf Papier, sogenannte beleghafte Überweisungen, sind eine andere. Auch sie waren bei der Postbank früher kostenlos – inzwischen verlangt das Institut pro Überweisungsbeleg, den Kunden handschriftlich ausfüllen und abgeben, 99 Cent. Als das Institut diese Gebühr im vergangenen Jahr eingeführt hat, war der Aufschrei groß. Inzwischen sind etliche andere Häuser ihrem Beispiel gefolgt. Die Commerzbank etwa, die bislang immer noch mit ihrem kostenlosen Girokonto wirbt, verlangt bereits 1,50 Euro pro beleghafter Überweisung.
Wer am meisten hat, dem wird nichts abverlangt. Wer aber wenig(er) Einkommen hat, darf dafür umso mehr bezahlen.
schreibt NutzerIn 2010ff
Andere Institute kassieren bei der Ausstellung von Giro- oder Mastercard ab. Und auch bei den Dispozinsen langen die Institute trotz Leitzins von null Prozent weiterhin ordentlich zu: Wer mit seinem Konto ins Minus rutscht, zahlt im Schnitt noch immer knapp zehn Prozent, zeigt eine aktuelle Untersuchung der Stiftung Warentest. Alles das führt dazu, dass auch Konten, die noch immer als kostenlos beworben werden, weil keine Kontoführungsgebühr anfällt, bei Weitem nicht mehr kostenlos sind.
Die Banken haben die Kunden an die Kostenlos-Mentalität gewöhnt
Dass diese Anhebung der Gebühren bei den Kunden nicht gut ankommt, ist verständlich. Dabei ist das für die Banken ein hausgemachtes Problem. Die Institute haben die Verbraucher an diese Kostenlos-Mentalität gewöhnt. Indem sie mit Gratis-Konten warben, haben sie den Eindruck vermittelt, die Führung und Verwaltung der Girokonten sei auch für sie kostenlos. Dabei ist das bei Weitem nicht so. Experten gehen davon aus, dass Banken eigentlich sieben Euro im Monat für ein Konto verlangen müssten, um die Kosten zu decken. Dass sie das bis heute nicht tun, liegt daran, dass sie mit den Konten Kunden an sich binden – und mit ihnen an anderer Stelle gutes Geld verdienen können. Zum Beispiel indem sie ihnen Fonds verkaufen oder eine Riesterrente. Doch auch das funktioniert heute längst nicht mehr so gut wie früher.
Die Postbank ist daher vermutlich wieder einmal nur der Vorläufer. So, wie sie es auch vor 20 Jahren war. Damals war das Institut eines der ersten, das das kostenlose Girokonto eingeführt hat, um neue Kunden zu gewinnen – was andere Banken schnell kopierten. Nun dürften ihre bei der Kehrtwende erneut andere Banken folgen. Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon zum Beispiel hat bereits im März verkündet, die Zeit der kostenlosen Konten sei vorbei. Die einzigen, die bislang noch einen anderen Weg gehen, sind die Direktbanken, die Konten ausschließlich im Netz anbieten. DKB und ING Diba zum Beispiel wollen an ihren kostenlosen Konten festhalten und auch sonst keine Gebühren erhöhen.
Carla Neuhaus
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