Vorstände und Aufsichtsräte: Warum der Frauenanteil so langsam steigt
Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten steigt leicht, in Vorständen verändert sich fast nichts. Quoten verändern noch keine Kultur.
Haben sie ihre Pflicht erfüllt, beschäftigen sich Unternehmen nicht länger mit der Frauenquote. In den 100 umsatzstärksten deutschen Unternehmen ist der Anteil von Frauen in den Aufsichtsräten 2018 um gut drei Prozent auf 28,4 Prozent gestiegen, wie aus dem aktuellen Managerinnen-Barometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung hervorgeht. DIW-Forscherin Elke Holst zog die Bilanz: Die Quote wirkt zwar – aber die meisten Unternehmen machen nur das Allernötigste.
Die Frauenquote gilt hierzulande seit 2016 für große börsennotierte und mitbestimmungspflichtigen Unternehmen. In ihren Aufsichtsräten müssen mindestens 30 Prozent der Posten mit Frauen besetzt sein. Wird das bei einer Neubesetzung nicht beachtet, muss der Platz im Gremium leer bleiben. 77 Prozent der betroffenen 104 Unternehmen erfüllten Ende des vergangenen Jahres die Vorgabe. Gilt sie nicht gesetzlich, werden viel weniger Frauen einberufen.
Eine Quote verändert noch keine Kultur
In anderen Führungsgremien wie Vorständen und Geschäftsführungen gilt die Quote nicht. Nach den Ergebnissen der Untersuchung passiert dort weiterhin wenig, obwohl die Politik gehofft hatte, ein Wandel würde sich durch einen leichteren Aufstieg in Aufsichtsräte mitergeben. In den Vorständen der Firmen, die unter die Quote fallen, saßen im vergangenen Jahr 8,5 Prozent Frauen – nur 0,5 Prozentpunkte mehr als 2017. In nur jedem dritten dieser Unternehmen sitzt überhaupt eine Frau im Vorstand. Den Vorsitz hatten zwei inne. Als „Schneckentempo“ bezeichneten das die Forscher. Würde sich die Entwicklung in den 200 größten Unternehmen so fortsetzen wie bisher, wäre eine gleichberechtigte Besetzung der Vorstände erst in 63 Jahren erreicht, ergänzte die Wissenschaftlerin Katharina Wrohlich.
„Nur weil ein Unternehmen die Quote erfüllt, heißt es nicht, dass es seine Einstellung ändert“, sagte Monika Schulz-Strelow, Präsidentin der Initiative „Frauen in die Aufsichtsräte“ (Fidar), dem Tagesspiegel. Sie hofft unter anderem auf die junge Generation, die andere Arbeitsbedingungen einfordern – wie weniger Hierarchien, weniger Präsenz im Büro und Überstunden am Abend.
Frauen planen ihre Karriere zögerlicher
Gleichzeitig müssten Frauen Machtpositionen, die zugleich viel Stress und Verantwortung bedeuten, auch wollen. „Viele sind unsicher, ob sie sich das antun möchten – gerade in einer Phase, in der es auch um die Familienplanung geht“, sagt Schulz-Strelow. Mit 50 Jahren sei es dafür dann aber oft zu spät. Außerdem würden viele Frauen ihre Karriere zögerlicher planen als Männer, Verbündete nicht strategisch platzieren, andere Frauen im Gegenteil bewusst nicht fördern, um nicht allein über das Quotenthema definiert zu werden – und einige würden zu sehr darauf beharren, alles allein aus ihrer Leistung heraus zu stemmen. „Das Leben ist aber auch durch Zufälle und das richtige Timing geprägt“, sagt sie, „und es ist wunderbar, wenn sich auch dadurch eine Chance ergibt.“
Elke Holst riet den Unternehmen, sich im eigenen Interesse „ambitioniertere Ziele“ zu setzen. Nur so könnten sie den Rufen nach weiteren Quotenregeln entgegen treten. Politisch sollte außerdem geprüft werden, inwieweit Firmen – etwa bei Mittelvergaben – bevorzugt werden können, wenn sie Frauen auf dem Weg in Top-Etagen fördern. „Wir sehen ja, dass ohne Druck, ohne einen externen Schock nichts geschieht“, sagte Holst. Andere europäische Länder würden viel härter durchgreifen: In Norwegen, wo seit 2003 eine 40-Prozent-Quote gilt, drohen Sanktionen bis hin zur Unternehmensauflösung, in Italien Strafzahlungen von bis zu einer Million Euro und das Ende des Aufsichtsrates.
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