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So teuer wie noch nie: 1,79 Euro kostet das Päckchen Markenbutter. Im vergangenen Jahr waren es 70 Cent.
© Getty Images/iStockphoto

Rekordpreise für Milchprodukte: Warum Butter und Sahne plötzlich so teuer sind

Es ist weniger Milch auf dem Markt und die Nachfrage steigt. Auch die Preise für Käse, Milch und Joghurt ziehen an.

Das fette Leben hat seinen Preis – im wahrsten Sinne des Wortes. 1,79 Euro kostet das 250-Gramm-Päckchen Butter derzeit im Handel. Egal ob man zu Aldi, Lidl, Edeka oder Rewe geht, billiger bekommt man deutsche Markenbutter nirgendwo. Im vergangenen Jahr, als die Milchkrise die Preise für Milch, Butter, Joghurt und Käse in den Keller gedrückt hatte, war das noch ganz anders. Damals reichten 70 Cent, um beim Discounter ein Päckchen Butter zu kaufen. Das war der Tiefpunkt. Seitdem geht es bergauf.

Auch Käse wird teurer.
Auch Käse wird teurer.
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Die Butter zieht die Inflation nach oben

Die Preiskarriere des fetten Brotaufstrichs schlägt sich nicht nur im Kühlregal nieder, der Butterpreis zieht auch die Inflation in Deutschland nach oben. Um 1,6 Prozent sind die Preise im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag mit. Größter Preistreiber: die Butter. Gemessen an dem, was man im Juni 2016 für das Milchfett ausgeben musste, hat sich ihr Preis um fast 60 Prozent verteuert, rechneten die Statistiker aus.

Doch nicht nur die Butter ist so teuer wie nie zuvor. Auch für Sahne muss man tief in die Tasche greifen. „Wir haben bei fetthaltigen Produkten Rekordpreise“, sagte Ludwig Börger, Milchexperte des Bauernverbands, dem Tagesspiegel. Die Preise für Butter und Sahne seien dementsprechend durch die Decke gegangen. „Wir haben jetzt bei der Butter und bei der Sahne einen historischen Höchststand erreicht“, bestätigt auch Björn Börgermann, Sprecher des Milchindustrieverbands, der die Molkereien vertritt.

Aber nicht nur Butter und Sahne, auch Käse ist teurer geworden – je höher der Fettgehalt, desto größer der Preissprung. Von einem „überdurchschnittlichen Preisniveau“, spricht Bauernverbandsexperte Börger beim Käse. Bei Trinkmilch, Quark und Joghurt gebe es eine spürbare Preiserholung. Nur bei Magermilchpulver sieht es schlecht aus. Hier bewegt sich der Preis gefährlich nah an der Grenze, an der die EU-Kommission mit Stützungskäufen einschreitet, Pulver vom Markt nimmt und in Lager packt.

350.000 Tonnen Magermilchpulver auf Halde

Im vergangenen Jahr hatte Brüssel das in großem Stil betrieben. Nachdem die Milchquote ausgelaufen war, hatten Europas Landwirte kräftig produziert – viel zu viel für den heimischen Markt. Weil zugleich die Nachfrage aus dem Ausland, aus Russland und Asien, eingebrochen war, wurden drei Milliarden Liter Milch zu 350 000 Tonnen Milchpulver verarbeitet, das heute noch in den Lagern liegt. Die EU hatte damit auf die Milchkrise reagiert. Das Überangebot hatte die Preise abstürzen lassen. Verzweifelte Bauern hatten ihre Milch demonstrativ in den Gully gekippt, Tausende vor allem kleiner Betriebe mussten aufgeben, als die Vollmilch im Laden für 46 Cent verschleudert wurde. Die Bauern selbst bekamen sogar nur einen Bruchteil dessen und wurden von den Molkereien mit Preisen von 20 bis 23 Cent für den Liter Milch abgespeist.

Der Liter Vollmilch kostet jetzt 68 Cent

Heute hat sich das Blatt gewendet. „Wir zahlen 36 Cent pro Liter“, sagt Hermann Cordes, Sprecher des Deutschen Milchkontors (DMK). Das DMK („Milram“, „Humana“) ist Deutschlands größte Molkerei. Im Laden kostet ein Liter frische Vollmilch inzwischen mindestens 68 Cent, Bio-, Marken- oder regionale Ware ist teurer.

Was ist passiert?

Es ist weniger Milch auf dem Markt

Der sagenhafte Anstieg der Milchpreise hat viele Gründe. Der wichtigste: Es ist weniger Milch auf dem Markt – ein Erfolg der Politik. Mehr als 600 Millionen Euro sind in der Vergangenheit an die Milcherzeuger als Hilfen geflossen, ein Teil des Geldes aber mit der Auflage, die Produktion zu senken. Das hat geklappt. Die Milchproduktion in Deutschland ist geringer als im Vorjahr, konnte Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) kürzlich beim Milchgipfel in Berlin berichten. Hinzu kommt: Die Bauern verfüttern weniger Kraftfutter, deshalb ist der Fettanteil in der Milch gesunken. Man braucht also mehr Milch, um ein Päckchen Butter zu produzieren.

Weniger Kraftfutter: Die Milch der Kühe ist weniger fett.
Weniger Kraftfutter: Die Milch der Kühe ist weniger fett.
© Rolf Vennenbernd/dpa

Zugleich steigt der Appetit. Vor allem die Chinesen haben ihre Liebe zu Butter und Milch wiedergefunden. „China ist mittlerweile der größte Butterimporteur der Welt, und bei Käse belegt China inzwischen den fünften Platz“, berichtet Milchindustrieverbandssprecher Börgermann.

Das Reich der Mitte steht damit aber nicht allein da. Obwohl Ernährungsexperten tierische Fette kritisch sehen, sind Butter und Sahne auch in Deutschland gefragt – bei den Konsumenten, aber auch in der Ernährungsindustrie, wenn es um Torten oder Eis geht. „Sie ist wieder da, die gute, alte Butter“, sagt Börgermann.

Bauern profitieren nur eingeschränkt

Bei den Bauern kommt der Erfolg dagegen noch nicht so recht an, klagt der Bauernverband. „Die Molkereien zahlen den Bauern weniger aus als sie derzeit einnehmen“, kritisiert Ludwig Börger. Von den steigenden Preisen würden die Landwirte nur „eingeschränkt“ profitieren. Zudem gebe es starke Volatilitäten. Tatsächlich zeigt der hohe Butterpreis Wirkung. Manch einer scheut vor dem hohen Preis zurück und greift doch lieber zu pflanzlichen Ölen. Von April vergangenen Jahres bis zum April 2017 ist die Menge um acht Prozent gesunken. Mitarbeit: Mira Mertens

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