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Verwickelt? Bosch lieferte Software an VW - die Frage ist, wer sie für Abgastricks veränderte.
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Update

Ein Jahr Dieselgate: VW zögert, Bosch schweigt

Vor einem Jahr räumte Volkswagen ein, Millionen Dieselfahrzeuge manipuliert zu haben. Jetzt klagen Großinvestoren gegen den VW-Konzern.

Ein knappes Jahr nach Bekanntwerden des Diesel-Skandals bei Volkswagen haben Verbraucherschützer scharfe Kritik an dem Autohersteller und an der Bundesregierung geübt. Mitarbeiter des Zulieferers Bosch, dem eine zentrale Rolle in der Abgasaffäre vorgeworfen wird, schwiegen derweil vor dem EU-Untersuchungsausschuss.

Für betroffene Autobesitzer sei seit dem 19. September 2015, als Volkswagen erstmals Manipulationen an Diesel-Fahrzeugen zugegeben hatte, viel zu wenig passiert, monierte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Viele VW- Kunden warteten immer noch darauf, dass Volkswagen die Manipulationssoftware aus ihren Fahrzeugen entferne, beklagte die Organisation am Donnerstag. Der vzbv forderte eine Garantie von VW für die betroffenen Autos. Andernfalls könnten Verbraucher „auf den langfristigen Folgen der Umrüstung, wie einem möglichen Wertverlust, sitzen bleiben“.

Ähnlich äußerte sich Renate Künast, Vorsitzende des Bundestags-Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz. „Ein Jahr nach dem Dieselgate-Skandal ignoriert VW noch immer die Verbraucher in Deutschland, das muss endlich anders werden“, sagte Künast dem Tagesspiegel. Die Regierung müsse dafür umgehend die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, „statt weiterhin mit der Autoindustrie gemeinsame Sache zu machen.“ Alles andere wäre Künast zufolge ein „Fortsetzen des Staatsversagens“. Nötig seien amtlich angeordnete Rückrufaktionen, bei denen die betroffenen Dieselautos so nachgebessert würden, „dass sie im Straßenverkehr und in allen Umgebungssituationen die Abgaswerte einhalten“. Die Bundesregierung müsse prüfen, ob Autohersteller in den vergangenen Jahren ihre Marktmacht missbraucht und Absprachen bezüglich der Abgaswerte getroffen hätten.

Bosch reklamiert für sich das "Prinzip der Legalität"

Der Cheflobbyist des weltgrößten Autozulieferers Bosch, Peter Biesenbach, äußerte sich vor EU-Abgeordneten in Straßburg nicht zu einer möglichen Mitverantwortung des Unternehmens im Diesel- Skandal. Grundsätzlich folge man bei der Produktentwicklung dem „Prinzip der Legalität“ – ob dies in der Vergangenheit aber stets geschehen sei, wolle er nicht kommentieren, sagte Biesenbach. Er verwies auf interne Ermittlungen, welche eine mögliche Beteiligung an der VW- Diesel-Affäre klären sollen. Bosch hatte Volkswagen die Motorsteuerungssoftware geliefert, mit der der Hersteller die Abgaswerte von weltweit elf Millionen Diesel- Fahrzeugen des Konzerns manipulierte. Bosch ist mit seinen eigenen Recherchen nach Angaben von Lobbyist Biesenbach noch nicht fertig. Ein Ende sei nicht in Sicht. „Es ist ein Prozess, der ist langwierig, und er geht weit zurück in die Vergangenheit“, erklärte Biesenbach.

Kürzlich war eine US-Klageschrift von Diesel-Kunden bekannt geworden, in der diese Bosch eine aktive Mittäterschaft bei den Manipulationen vorwarfen. So soll Bosch Volkswagen um eine Haftungsfreistellung für manipulierte Fahrzeuge gebeten haben.

Volkswagen bremst den Abwärtstrend

Der Untersuchungsausschuss des EU- Parlaments soll klären, ob die EU-Kommission bei der Gesetzgebung zu Abgastests stets korrekt gearbeitet hat oder nachlässig war. Die Bosch-Mitarbeiter sollten vor dem Ausschuss auch technische Abläufe erklären. Allerdings richtete sich der Fokus der Abgeordneten auf die Vorwürfe gegen den Zulieferer. Auch der Bundestag hat einen Untersuchungsausschuss eingerichtet, der in der vergangenen Woche mit der Anhörung von Sachverständigen und Zeugen begonnen hat.

Die Klagewelle gegen VW wegen der Diesel-Krise wird größer. Die mächtige Fondsgruppe Blackrock teilte am Donnerstag mit, „für eine Reihe von Fonds und gemeinsam mit weiteren institutionellen Investoren rechtliche Schritte gegen die Volkswagen AG eingeleitet“ zu haben. Dies ergebe sich aus „dem Versäumnis von Volkswagen, gegenüber seinen Investoren den Einsatz von Abschalteinrichtungen offenzulegen, die für manipulierte Emissionstests verwendet wurden.“ Zuvor hatte auch der „Spiegel“ vorab über neue Klagen berichtet.

Volkswagen kämpft seit dem Diesel-Skandal mit sinkenden Marktanteilen. Im August wurde der Abwärtstrend aber gebremst. Sowohl der Gesamtkonzern mit all seinen Töchtern (plus 6,9 Prozent) als auch die Marke VW (plus 5,4 Prozent) verkauften in Europa mehr. ZumVergleich: Die BMW-Gruppe (BMW, Mini, Rolls-Royce) legte um 6,7 Prozent zu, Daimler (Mercedes, Smart) um 18 Prozent. mit dpa

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