Image der Automarken: Von arroganten Mercedesfahrern und hippen Minifahrerinnen
Wer ein vor sich fahrendes Auto betrachtet, hat oft auch ein Bild vom Fahrer vor Augen. Autofirmen arbeiten hart an diesem Image - nicht immer mit Erfolg.
Das Problem mit Schubladen ist, dass man so schlecht wieder herauskommt. Autofahrer kennen das. Für das Image ihres Wagens können sie meist gar nichts, trotzdem färbt es ab. Wer mit dem dicken Sportwagen vorfährt, kann noch so sympathisch und umweltaffin sein - die große Mehrheit wird ihn trotzdem immer für das genaue Gegenteil halten. Dass das tatsächlich so ist, zeigt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Progenium, die untersucht hat, welches Image einzelnen Marken anhaftet.
Mehr als 2.000 Bundesbürger wurden dafür gefragt, wie sie sich den typischen Menschen hinterm Steuer eines Mercedes, Toyota, Jaguar, Opel und so weiter vorstellen. Abgefragt wurden diverse Merkmale: Frau oder Mann zum Beispiel, schlank oder dick, bescheiden oder arrogant. Dazu außerdem das vermutete Alter und das Einkommen.
„Wer welches Auto kauft, hat auch viel mit dem Image der Marke zu tun“, sagt Progenium-Chef Michael Mandat. „Automobilkonzerne investieren deshalb in Marke und Marketing Milliardenbeträge, um ein bestimmtes Bild zu schaffen und damit spezielle Kundengruppen zu adressieren.“ Das gelingt manchen ganz gut, manchen aber auch nicht, wie der Blick auf die Ergebnisse zeigt.
Mini-Fahrerinnen sind jung, cool und großstädtisch - so jedenfalls das Image
Nimmt man die Studie als Maßstab, haben vor allem Mercedes-Fahrer ein Imageproblem. Fast ausschließlich männlich, immerhin gut situiert, dafür aber alt, spießig, ernst, arrogant, unsportlich und dick seien sie. Das Bild des „Altväterlichen“ und wenig Sympathischen werde die Marke mit dem Stern einfach nicht los, bilanziert Mandat - trotz unter anderem einer Erneuerung des Produktportfolios.
Dass sich Mercedes-Benz mittlerweile geradezu hip und lässig gibt, nicht zuletzt durch den kumpelhaften Chef-Stil von Dieter Zetsche, zeigt in der Allgemeinheit offenbar noch keine große Wirkung.
Die ist sich dafür weitgehend einig: Junge, coole und weltoffene Frauen aus der Großstadt fahren einen Mini. Übermäßig viel Geld haben sie zwar (noch) nicht, dafür sind angeblich fast alle attraktiv, sportlich und fröhlich. Der BMW-Tochter dürfte so etwas gefallen. Mini sei es gelungen, dass das gewünschte Image auch tatsächlich so wahrgenommen wird, sagt Mandat. Der Smart von Daimler ist ähnlich positiv besetzt, wenn auch nicht ganz so stark.
„Die Fahrerprofile unserer Produkte sind extrem heterogen und unterscheiden sich zudem in unterschiedlichen Märkten voneinander“, betont ein Daimler-Sprecher. Bei der A-Klasse zum Beispiel sei das Durchschnittsalter der Fahrerinnen und Fahrer in Europa seit 2011 um mehr als zehn Jahre gesunken. Und in China sei mehr als jeder dritte A-Klasse-Kunde unter 30. Man habe Mercedes-Benz in den letzten Jahren von einer eher konservativen Marke konsequent weiter entwickelt, sagt eine Sprecherin. Der Erfolg lasse sich an den Verkaufszahlen ablesen.
Die Resultate spiegelten die subjektive Wahrnehmung der Befragten wider, wird auch in der Studie ausdrücklich betont. Soll heißen: Was die Mehrheit meint, muss nicht zwingend in der Realität auch so sein. „In der Studie werden beispielsweise 76 Prozent der Fahrer als schlank eingeschätzt, während tatsächlich deutlich über 50 Prozent der Bevölkerung übergewichtig sind“, erläutert Progenium.
VW-Fahrer? Durchschnittlich!
Und so haftet dann auch den Fahrern aller Sportwagen- und Premiummarken - mit Ausnahme von Tesla - grundsätzlich das Image der arroganten, spießigen Umweltsünder an. Den einen mehr, den anderen weniger. Wer dagegen zum Beispiel VW fährt, könnte in den Augen der meisten Befragten kaum durchschnittlicher sein.
Ist so ein Image erstmal da, kriegt man es so schnell auch nicht wieder korrigiert. „Es ist sehr, sehr schwer, Image zu verändern. Und gerade bei Autos würde ich mich zu dem Satz versteigen: Image ist alles“, sagt der Wirtschaftspsychologe Rüdiger Hossiep von der Ruhr-Universität Bochum. Wichtig dabei: Ein solches Image basiere auf Fremdbildern. Kein Mercedes-Fahrer würde sich selbst so negativ charakterisieren. „Diese Fremdbilder sind sehr, sehr statisch und kaum zu verändern und aufzubrechen“, erläutert Hossiep.
Und auch nicht unbedingt völlig aus der Luft gegriffen. „Der Mercedes war das Bonzenauto, so wie der Käfer das Volksauto war“, sagt der Psychologe. „Das war natürlich prägend.“ Und weil Wahrnehmung selektiv sei, beobachte man eben auch vor allem das, was man erwarte. Auch Daimler betont, dass Images oft historisch gewachsen seien und Gelerntes vereinfacht abbildeten.
Aber kann man so ein Image nun ändern? Unmöglich sei es nicht, sagt Hossiep und verweist etwa auch auf den Wandel von Audi im Lauf der Jahrzehnte. Aber: „Es ist ein mühsamer, intensiver, langwieriger Prozess. Und sehr, sehr teuer.“ (dpa)
Nico Esch