Widerruf von teuren Immobilienkrediten: Verbraucher müssen schnell handeln
Lange hatte die Koalition gestritten, jetzt wird die Reform durchgewunken: Fehlerhafte Immobilienkredite können dann nur noch für kurze Zeit widerrufen werden.
Plötzlich geht alles ganz schnell. Monatelang haben die Koalitionsfraktionen über fehlerhafte Immobilienkredite und die Möglichkeit der Kunden, aus solchen Verträgen auszusteigen, gestritten. Jetzt drückt die Koalition aufs Tempo. An diesem Montag Abend werden Experten im Verbraucherausschuss des Bundestages zu Wort kommen, am Donnerstag soll der Bundestag die umstrittene Reform beschließen. Der Bundesrat kann das geplante Gesetz bestenfalls verzögern, aber nicht stoppen.
Für Tausende Verbraucher bedeutet die schwarz-rote Reform vor allem eines: Stress. Denn wie es jetzt aussieht, läuft ihre Möglichkeit, aus teuren Immobilienkrediten auszusteigen, am 21. Juni dieses Jahres aus. Denn das neue Gesetz soll am 21. März in Kraft treten. Für bereits abgeschlossenen Baukredite begrenzt es den Widerruf auf drei Monate. Eine deutliche Verschlechterung: Heute ist der Widerruf nämlich unbegrenzt lange möglich.
Betroffen sind Verbraucher, die zwischen 2002 und 2010 einen Immobilienkreditvertrag abgeschlossen haben. Viele der Verträge enthalten fehlerhafte Widerrufsbelehrungen. Nach Angaben der Verbraucherzentrale Hamburg sind 80 Prozent der Belehrungen nicht korrekt. Für die Kunden ist das von Vorteil: Sie können die Verträge widerrufen.
Tausende Euro Ersparnis sind möglich
Glaubt man der Stiftung Warentest, kann sich das lohnen. Viele Tausend Euro seien drin, weil neue Kreditverträge deutlich niedriger verzinst sind als die alten. Wer seinen Vertrag kündigt, wird von den Instituten aber mit hohen Vorfälligkeitsentschädigungen bestraft – bei einem Widerruf fallen diese nicht an. Selbst bei bereits abgewickelten Krediten ist nach Einschätzung von Verbraucherschützern ein Widerruf möglich – und eine Rückforderung der Entschädigung.
Über Banken und Sparkassen schwebt das „ewige Widerrufsrecht“ jedoch wie ein Damoklesschwert. Sie müssen Rückstellungen für mögliche Ansprüche ihrer Kunden bilden. Wie hoch diese sein müssen, ist aber unklar. Noch gibt es nämlich keine höchstrichterliche Entscheidung, wie die Rückabwicklung der Verträge erfolgen sein. Mit ihrer Reform will die Bundesregierung der Finanzwirtschaft helfen und Klarheit schaffen. Nach dem neuen Gesetz soll das heute noch „ewige“ Widerrufsrecht daher nach drei Monaten erlöschen, neue Verträge soll man ein Jahr und 14 Tage lang widerrufen können.
Reform wird durchgepeitscht
Weite Teile der SPD hatten sich gegen diese Reform gesperrt, nun scheinen die Kritiker aber auf Kurs gebracht zu sein. Sehr zum Ärger von Renate Künast, der Vorsitzenden des Verbraucherausschusses. „Es ist ein parlamentarisches Unding, dass dieses hochkomplexe Gesetz nun innerhalb von drei Tagen durchgeboxt wird“, sagte Künast dem Tagesspiegel. „Das zeigt wieder einmal, dass die Gesetzesberatungen in Zeiten einer Großen Koalition im außerparlamentarischen Raum stattfinden. Wir müssen genau hinschauen, ob Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher für vollkommen sachfremde Erwägungen geopfert werden.“
Verbraucherschützer sehen die Reform kritisch. Sie finden, die Banken müssten für ihre Fehler einstehen. Künast meint das auch. „Es ist ein Fakt, dass viele Altverträge zu Immobilienkrediten fehlerhafte Beratungspflichten enthielten“, gibt die Grünen-Politikerin zu bedenken. Statt dass die Banken von sich aus die Verträge korrigieren, werde nun das Widerrufsrecht rückwirkend eingeschränkt. „Bedauerlicherweise ist die Bundesregierung den Wünschen der Banken hier umfänglich gefolgt“, sagt die Ex-Verbraucherministerin. Verbraucher, deren Verträge betroffen sein könnten, sollten nun schnell reagieren, rät die Stiftung Warentest. Mit dem Widerruf sei eine sehr aufwändige Prozedur verbunden. Die Rückabwicklung und die damit verbundenen Neuberechnungen sind kompliziert. Um ihr Recht durchzusetzen, müssten Kunden damit rechnen, einen Rechtsanwalt einzuschalten.
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