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VW wollte eigentlich auf dem US-Markt zulegen.
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Update

Abgas-Manipulation: US-Justizministerium leitet Ermittlungen gegen VW ein

Volkswagen hat zugegeben, die Abgaswerte für Dieselfahrzeuge in den USA manipuliert zu haben. Jetzt wird gegen den Konzern ermittelt. Worum geht es bei dem Fall?

Das wird teuer. Bis zu 18 Milliarden Dollar (rund 16 Milliarden Euro) wird die US-Umweltbehörde Epa vom Volkswagen-Konzern für manipulierte Abgastests verlangen. Inzwischen hat das US-Justizministerium strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet, berichtet die Agentur Bloomberg. An der Börse in Frankfurt stürzte die VW-Aktie ins Bodenlose. Doch abseits des Finanziellen könnte der Schaden für den Autohersteller aus Wolfsburg noch viel größer werden.

Wie ist VW bei den Tests vorgegangen?

Die Autos wurden offenbar mit einer Software zur Abgas-Manipulation ausgerüstet. Diese kann feststellen, wann ein Prüfzyklus gefahren wird und drosselt dann die Leistung. So wurden die strengen Abgasgrenzwerte zwar im Prüfstand eingehalten, beim Fahren sonst aber nicht. Woran die Software einen Prüfzyklus genau erkennt, ist derzeit noch unklar.

Die Umweltbehörde Epa, die den VW-Betrug jetzt anklagt, führt strengere Abgastests durch als deutsche Autobauer sie gewohnt sind. Die Belastungsuntersuchung wird mit Stichproben bei zufälligen Wagen in alltäglichen Fahrsituationen durchgeführt. Nur weil der Konzern das weiß, wurde die Betrugssoftware überhaupt eingeführt.

Warum hat VW gerade die Abgaswerte für Dieselfahrzeuge manipuliert?

Die europäischen, besonders aber die deutschen Hersteller setzen auf den Diesel-Motor als besonders sparsamen Antrieb. Der zeichnet sich jedoch durch einen hohen Feinstaub- und Stickoxid-Emissionen aus. Deshalb werden moderne Dieselmotoren auch immer komplexer. Aufwendige Technik ist notwendig, um Motoren sauberer zu machen. Besonders in den USA kommen Dieselantriebe nur auf ganz geringe Marktanteile außerhalb des gewerblichen Verkehrs. Deshalb versucht die deutsche Autoindustrie seit Jahrzehnten, dem Diesel in den USA zu einer größerer Akzeptanz zu verhelfen. „Der Diesel als Technologie könnte durch diesen Skandal empfindlich getroffen werden“, sagt Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management in Bergisch-Gladbach.

Könnten andere Hersteller ähnlich agiert haben?

Es gilt als offenes Geheimnis, dass die meisten Hersteller bei den Messungen schummeln, um ihren Modellen bessere Verbrauchswerte zuschreiben zu können. Auch Umwelt- und Verkehrsverbände halten es für möglich bis wahrscheinlich, dass Volkswagen nicht der einzige Autokonzern mit kreativen Ideen zu Abgasvermeidung ist. „Ich gehe davon aus, dass auch andere Hersteller eine solche Software einsetzen oder eingesetzt haben“, sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, dem Tagesspiegel. Er kündigte an, seine Organisation werde entsprechende Tests an Fahrzeugen verschiedener Hersteller durchführen. Getrickst wird seiner Ansicht nach auch in Europa – und zwar nicht nur bei Dieselfahrzeugen, sondern auch bei Benzinern.

In Europa jedoch werden Autos nach Angaben des Tüv Süd bereits während der Produktion streng überwacht. „Da gibt es klare Regeln“, sagte ein Sprecher. Für alle Autos, die in der EU zugelassen werden sollen, müssten die Hersteller externe Kontrollen sicherstellen. „Die Fahrzeuge werden nach dem Zufallsprinzip vom Band genommen und nachkontrolliert.“ Trotzdem vermutet der ökologische Autofahrerclub VCD, dass die Manipulationen von VW nur „die Spitze des Eisbergs“ sind. Es sei naheliegend, „dass neben VW auch andere Hersteller manipulieren – und zwar auch in Europa“, sagte Leif Miller, Bundesgeschäftsführer des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu).

Wie reagiert die Konkurrenz von VW?

Vorwürfe, wonach sie ähnlich manipulieren, weisen deutsche Hersteller von sich. „Wir sind definitiv nicht betroffen“, sagte beispielsweise ein BMW-Sprecher. Die US-Behörden hätten bei entsprechenden Tests nichts zu beanstanden gehabt. Ähnlich äußert sich Daimler. „Es gibt nach unseren Erkenntnissen keine Untersuchungen zu Mercedes-Benz“, sagte ein Sprecher. Bei Opel in Rüsselsheim verweist man auf eine Aussage der US-Konzernmutter General Motors (GM). Dort heißt es, GM sei zu „100 Prozent“ im Einklang mit den US-Abgasbestimmungen – das gelte auch für alle Dieselfahrzeuge des Konzerns.

Folgen für Deutschland und die USA

Was sagt die Politik?

Eine besondere Rolle kommt dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) zu. Das Land hält ein Fünftel am Konzern, der jeweilige Regierungschef sitzt im Aufsichtsrat. Seine Stimme hat Gewicht, auch weil das Land eine Sperrminorität hat. Weil zeigte sich in einer Stellungnahme irritiert, er sprach von schwerwiegenden Vorwürfen. „Eine Manipulation von Emissionstest ist völlig unakzeptabel und durch nichts zu rechtfertigen. Es muss selbstverständlicher Anspruch des VW-Konzerns sein, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten.“ Zu Konsequenzen wollte sich der Ministerpräsident nicht äußern. Er gehe davon aus, dass das Unternehmen „schnell und gründlich“ aufklären.

Die Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag glaubt, dass „so umfassende Softwaremogelei“ nur mit Wissen der Konzernführung passiert sein könne. „Alles andere würde mich wundern“, sagte Bärbel Höhn (Grüne). Die Bundesregierung forderte dass Kraftfahrtbundesamt auf, zu überprüfen, ob auch von anderen deutschen Herstellern getrickst wurde, heißt es aus dem Umweltministerium. Die Hersteller müssten belastbare Informationen liefern, um ausschließen zu können, dass „vergleichbare Manipulationen“ stattgefunden hätten, sagte ein Sprecher.

Die EU-Kommission betonte, sie rede Mit Volkswagen und den US-Behörden gleichermaßen. Es sei aber noch zu früh zu sagen, ob VW-Fahrzeuge in Europa betroffen seien und „irgendwelche besonderen sofortigen Überwachungsmaßnahmen“ nötig seien. Ab dem kommenden Jahr gelten neue EU-Regeln für Tests unter realistischeren Bedingungen. Abgas- Grenzwerte und Tests werden auf EU-Ebene festgeschrieben. Die Durchsetzung, mögliche Rückrufe oder Sanktionen liegen indes in der Verantwortung der EU-Staaten.

Was droht dem Konzern in Deutschland?

Noch ist offen, ob die US-Affäre auch hierzulande rechtliche Folgen nach sich zieht. „Die Musik spielt erst mal in den USA“, heißt es bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig, die für einen etwaigen Tatort Wolfsburg zuständig wäre. Sollte aber auch bei in Deutschland verkauften Autos an den Abgaswerten geschummelt worden sein, käme durchaus der Vorwurf des Betrugs in Betracht, sagen die Ermittler. Entsprechende Strafanzeigen gegen Vorstandschef Martin Winterkorn oder andere VW-Führungskräfte seien jedoch bislang noch nicht eingegangen. Für Autoexperte Stefan Bratzel dürfte sich der Skandal allerdings keineswegs auf die USA beschränken. „Da gibt es mit Sicherheit auch in der Zentrale in Wolfsburg Verantwortlichkeiten. Es werden dort auch Manager in exponierten Positionen Verantwortung übernehmen müssen.“ Umweltverbände forderten bereits den Rücktritt von Winterkorn.

Wie wirkt sich der Skandal auf den US-Markt aus?

Der Rückruf der Diesel-Autos dürfte ein gravierender Rückschlag für den gesamten US-Markt sein. „Es ist unklar, ob die amerikanischen Verbraucher das verzeihen können“, sagt Eric Lyman, US-Verbraucherberater beim Wirtschaftsdienst Bloomberg. Der PR-Schaden sei nicht absehbar. Noch wird die Affäre in der US- Öffentlichkeit allerdings als reines VW-Problem wahrgenommen. Die Namen anderer deutscher Autobauer tauchen nicht in der Diskussion um den Betrug auf. Das Signet „Made in Germany“ steht also zumindest jetzt noch nicht in der Kritik. Aber die unterbewusste Wirkung auf das Image deutscher Autos wird groß sein, darin sind sich die Beobachter einig. Und nicht nur VW tut sich auf dem US-Markt schwer.

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