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In der Zentrale der Commerzbank im Frankfurter Westend ist die Stimmung derzeit alles andere als gold.
© imago/Westend61

Commerzbank: Unter Beobachtung

Steuertricks, Gewinneinbruch – die Commerzbank hat jede Menge neue Probleme.

Detailfragen wehrt Stephan Engels standhaft ab. „Ich werde mich hier auf den Quartalsbericht konzentrieren. Cum-Cum ist heute kein Thema“, sagt der Finanzvorstand am Dienstag bei der Vorlage der Quartalszahlen. Täglich betreibe die Bank mehr als 100 000 Handelsgeschäfte mit über 1000 Marktteilnehmern. „Da agieren wir zwangsläufig auch in Cum-Cum-Situationen“. Wie groß ist deren Anteil? Gab es zwischen 2013 und 2015 wirklich rund 250 Cum-Cum-Geschäfte bei der Commerzbank wie behauptet wird? Engels schweigt. Wie hoch waren die Gewinne? Der Banker schweigt wieder. Fügt aber hinzu: „Die Handelsgeschäfte stehen in Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben und damit würde ich die Diskussion gerne beenden.“ Nur eines fügt er hinzu. Man habe sich auf die zu erwartenden gesetzlichen Änderungen eingestellt und die Geschäfte „entsprechend angepasst“.

Der Bund, mit gut 15 Prozent immer noch größter Aktionär der Commerzbank, will solche Geschäfte künftig unterbinden. Rückwirkend ab dem 1. Januar 2016 sollen dem Entwurf des Investmentsteuerreformgesetzes zufolge Aktien mindestens 45 Tage lang gehalten werden müssen. Damit wären Cum-Cum-Geschäfte nicht mehr möglich. Geschäfte, an denen zahlreiche ausländische Investoren und deutsche Geldhäuser mitgewirkt haben und die wieder einmal eine Diskussion über das Geschäftsgebaren der Finanzbranche ausgelöst hat.

Worum geht es?

Einmal im Jahr schüttet eine deutsche Aktiengesellschaft in der Regel einen Teil ihres Gewinns an ihre Anteilseigner aus, die Dividende. Ausländische Anleger können normalerweise aber nur einen Teil der Dividende einstreichen, weil der deutsche Staat Kapitalertragsteuern verlangt. Deutsche Aktionäre dagegen können sich die Steuer vom Finanzamt anrechnen oder erstatten lassen. Darum nutzen die Akteure einen Trick: Kurz vor der Auszahlung der Dividende verleiht der Investor aus dem Ausland – zum Beispiel Blackrock oder Vanguard – seine Aktien an eine Bank in Deutschland. Die kassiert die Dividende und reicht diese dann kurz darauf zusammen mit den Aktien zurück ins Ausland. Dann holt sich die deutsche Bank die Steuer vom Finanzamt, dieser Betrag wird aufgeteilt. Der deutsche Fiskus geht bei solchen „Cum-Cum“-Geschäften leer aus.

Fünf Milliarden Euro sollen dem deutschen Fiskus durch Cum-Cum-Deals seit 2011 entgangen sein. Mit seiner ausdrücklichen Billigung, ist aus der Commerzbank zu hören. Die Finanzverwaltung habe die Geschäfte über Jahre hin akzeptiert und das auch schriftlich bestätigt. Auch Klaus Nieding, Vize-Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz DSW ist sich sicher, dass der Bund über die umstrittenen Geschäfte Bescheid wusste. Das Bundesfinanzministerium erklärte am Dienstag, die Steuergestaltung sei „illegitim“, es liege aber kein strafrechtlicher Sachverhalt vor. Inzwischen verzichtet die Commerzbank auf diese Geschäfte.

Der Gewinn ist deutlich eingebrochen

Aber nicht deshalb ist der Netto-Gewinn im ersten Quartal deutlich eingebrochen. Von 338 Millionen Euro im Vorjahr ist der Gewinn in den ersten drei Monaten dieses Jahres auf nur noch 163 Millionen Euro gesunken, sagt Engels. Hauptgrund sei das „schwierige“ Marktumfeld gewesen. Der Banker verweist auf die starken Schwankungen auf den Finanzmärkten und die Niedrigzinsen. Insofern sei das Ergebnis ordentlich. Außerdem sei das Risikoprofil gut, betont Engels.

Niedrige Zinsen und eine gedämpfte Kreditnachfrage drückten vor allem das Betriebsergebnis im Mittelstandsgeschäft, das von 364 auf 209 Millionen Euro abrutschte. Im Investmentbanking blieben sogar nur 70 Millionen übrig nach 250 Millionen im ersten Quartal 2015. Dagegen punktet die Commerzbank weiter im Geschäft mit Privatkunden: Dort gewann sie Engels zufolge zwischen Januar und März wieder netto 59 000 neue Kunden. Das Geschäft mit Baufinanzierungen und Konsumentenkrediten lief sehr gut, so dass das Ergebnis der Sparte von 157 auf 191 Millionen Euro kletterte. Für das gesamte Jahr bleibt der Commerzbank-Finanz-Chef nicht nur wegen des offensichtlichen Wegfalls der Cum-Cum-Geschäfte skeptisch. „Angesichts des verhaltenen ersten Quartals wird es deutlich ambitionierter, das Konzernergebnis des Jahres 2015 zu erreichen.“ Und das waren fast 1,1 Milliarden Euro.

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