Umwandlung von Miet-in Eigentumswohnungen: Union will Verbot entschärfen, SPD kündigt Widerstand an
Kabinettsbeschluss soll im parlamentarischen Verfahren aufgeweicht werden. SPD und Mieterschützer sind entsetzt.
Das geplante Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen sorgt für heftigen Streit zwischen SPD und Union. „Das Umwandlungsverbot kann so nicht stehen bleiben“, sagte der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak, dem Tagesspiegel. Dagegen kündigte der Rechtsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, erbitterten Widerstand gegen sämtliche Lockerungsversuche aus der Union an. „Wir lockern gar nichts mehr an dem Gesetz“, sagte Fechner dem Tagesspiegel. „Wir brauchen höhere Hürden für die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen, weil sonst vielen Mietern der Rauswurf aus der Wohnung droht“. Auch Mieterschützer wollen auf die Abgeordneten einwirken, an dem Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen festzuhalten.
Anfang November hatte das Kabinett den von Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) vorgelegten Entwurf für ein Baulandmobilisierungsgesetz verabschiedet. Das Gesetz enthält unter anderem Vorschriften, die eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erschweren sollen. Danach sollen die Länder per Rechtsverordnung für fünf Jahre festlegen können, dass in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt die Umwandlung verboten ist. Vermieter, die das dennoch tun wollen, müssen sich ihre Pläne von den Behörden genehmigen müssen.
Wie die Umwandlung erschwert werden soll
Um die Mieter vor Verdrängung zu schützen, sollen die Behörden der Umwandlung in solchen Fällen nur zustimmen, wenn die Immobilie vererbt worden ist, Angehörige einziehen wollen, Gründe des Allgemeinwohls für eine Umwandlung sprechen oder die Vermieter zwei Drittel der Wohnungen ausschließlich an die bisherigen Mieter verkaufen. Das Umwandlungsverbot ist eine Herzensangelegenheit von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). Trotz der Proteste aus der Wohnungswirtschaft und Teilen der Union hatte Seehofer den Ball aufgenommen und sich auf diesen Passus eingelassen.
Doch nun droht der Burgfrieden zu zerbrechen. Nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung will der Bauminister, dass sein Gesetz jetzt doch entschärft werden soll. Dahinter steckt nicht zuletzt der einflussreiche, rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jan-Marco Luczak, der den Entwurf von Anfang an kritisch gesehen hatte. „Mein Ziel ist, mehr Menschen und insbesondere auch Mietern den Weg in die eigenen vier Wände zu ebnen“, sagte Luczak dem Tagesspiegel. „Das Umwandlungsverbot verhindert aber genau das, weil es so weniger Eigentumswohnungen gibt“.
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Union: Umwandlung bedeutet nicht Verdrängung
Im parlamentarischen Verfahren müsse jetzt geklärt werden, „wie wir Eigentumsbildung weiter ermöglichen und gleichzeitig die Ängste von Mietern vor Verdrängung ernst nehmen können“, kündigte Luczak an. Umwandlung bedeute nicht Verdrängung, meint der CDU-Politiker. „Wer das sagt, spielt mit den Ängsten der Menschen“. So seien in Berlin Mieter zehn Jahre nach der Umwandlung vor Eigenbedarfskündigungen geschützt, auch danach müsse der Eigenbedarf begründet und eventuell gerichtlich durchgesetzt werden.
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Mieter können sich die Wohnungen nicht leisten
Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbunds, hält das Hin- und Her um das Umwandlungsverbot dagegen für „unsäglich“. „Die Argumentation der Immobilienlobby und von Teilen der CDU-/CSU-Fraktion unter Führung des Berliner Abgeordneten Luczak, Mietern werde durch das Umwandlungsverbot der Weg ins Eigentum verbaut, klingt in den Ohren der weitaus meisten Mieterinnen und Mietern wie blanker Hohn“, sagte Siebenkotten dem Tagesspiegel. Sie seien schlicht nicht in der Lage, „die zum Teil horrenden Kaufpreise zu zahlen, die nach der Umwandlung ihrer Wohnungen in Eigentumswohnungen aufgerufen werden“.
In Berlin sind in den vergangenen fünf Jahren fast 80.000 Wohnungen umgewandelt worden
Seit 2010 sind nach Angaben der Mieterschützer die Preise für Eigentumswohnungen in Großstädten wie Berlin, München und Stuttgart um bis zu 181 Prozent gestiegen, allein in Berlin sind seit 2015 fast 80.000 Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt worden. In Briefen an die Abgeordneten wollen Landesverbände und Mietervereine an die Parlamentarier appellieren, am Entwurf festzuhalten. Auch Seehofer sieht man in der Pflicht. „Wir erwarten von Minister Seehofer, dass er zum Kabinettsbeschluss steht und nicht auf den letzten Metern vor der Immobilienlobby und deren Sprachrohren in den eigenen Reihen kapituliert“, so Siebenkotten.