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Das umstrittene Pestizid ist noch mindestens bis 2022 zugelassen
© Steffen Schellhorn/epd

Streit um Unkrautvernichtungsmittel: Umweltministerin Schulze forciert Ende von Glyphosat

Ministerin fordert pestizidfreie Ausgleichsflächen und ein verbindliches Ausstiegsdatum. Agrarministerin Klöckner ist verärgert.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) will das Aus des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat forcieren und setzt damit ihre Kabinettskollegin, Agrarministerin Julia Klöckner (CDU), unter Zugzwang. „Wir wollen den Ausstieg jetzt schrittweise vorantreiben, inklusive eines Enddatums“, sagte Schulze am Dienstag in Berlin. Glyphosat dürfe auch nicht durch ähnliche Stoffe ersetzt werden.

Das Mittel ist bis Ende 2022 in der EU zugelassen

Das Herbizid ist auf EU-Ebene bis Dezember 2022 zugelassen, ein Komplettverbot ist bis dahin nicht möglich. Man wolle aber den Einsatz in sensiblen Gebieten etwa an Gewässern einschränken, die Zulassungspraxis für Pestizide ändern und Schutzflächen schaffen. Das Umweltbundesamt werde jetzt einen ersten Bescheid mit Auflagen zur Anwendung glyphosathaltiger Mittel an das Landwirtschaftsministerium schicken. Man gehe von der Kooperation des Ministeriums aus, sagte Schulze.

Agrarministerin Klöckner: Geregelte Zuständigkeiten nicht dauernd in Frage stellen

Klöckner reagierte am Dienstag jedoch verärgert. Im Ziel sei man sich einig, dass der Glyphosateinsatz reduziert werden soll, betonte die CDU-Politikerin. Es helfe aber in der Sache nicht, „bereits geregelte Zuständigkeiten wieder einmal in Frage zu stellen“, kritisierte Klöckner den Vorstoß der Umweltministerin. Im April hatte Klöckner als zuständige Ministerin ein Eckpunktepapier für die Reduzierung des Unkrautvernichtungsmittels vorgelegt: Danach sollen Privatleute Glyphosat gar nicht mehr spritzen dürfen, Landwirte nur unter Auflagen. Bereits in den vergangenen fünf Jahren sei der Glyphosat-Einsatz um ein Drittel reduziert worden, betonte die Ministerin.
Schulze will bei allen Pflanzenschutzmitteln neue Wege gehen. Ihr Konzept besteht aus einem Dreiklang: Neben den Auflagen bei der Neu-Zulassung und Einschränkungen bei der Anwendung wolle man sobald wie möglich ein Enddatum für Glyphosat in Deutschland festschreiben, kündigte Schulze an.

Umweltministerin Schulze will pestizidfreie Ausgleichsflächen

Obwohl das Mittel frühestens 2023 verboten werden kann, sollen Landwirte in Deutschland breit wirkende Unkrautvernichtungsmittel wie Glyphosat schon ab 2020 nur noch spritzen dürfen, wenn sie gleichzeitig zehn Prozent der Fläche als Ausgleichsfläche unbehandelt lassen. Die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung solle entsprechend geändert werden, kündigte Schulze an. Klöckner betonte, die neue Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung müsse rechtssicher sein. Man sei in intensiven Diskussionen.

Umweltbundesamt: Glyphosat schadet der Umwelt

Die Präsidentin des Umweltbundesamtes (UBA), Maria Krautzberger, kritisierte, Glyphosat vernichte ohne Unterschied alle Pflanzen und zerstöre damit die Nahrungs- und Lebensgrundlage für viele Insekten- und Vogelarten wie Schmetterlinge und Feldlerche. Dem widerspricht Bayer. „Leider ist die Debatte um Glyphosat in Deutschland von politischen Interessen statt von fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen geprägt", sagte Helmut Schramm, Geschäftsführer von Bayer CropScience Deutschland, dem Tagesspiegel. Ohne das Herbizid wäre die Unkrautbekämpfung schwieriger und weniger nachhaltig, Landwirte müssten mehr pflügen. Das schädige den Boden und schade der Biodiversität, kritisierte Schramm die Umweltministerin. Darüber hinaus würde ein Verlust von Glyphosat zu weiteren Wettbewerbsnachteilen deutscher Landwirte gegenüber der europäischen und internationalen Konkurrenz führen. Glyphosat sei ein "sicheres, effizientes und etabliertes Mittel für Landwirte, um Ernten zu sichern", betonte Schramm. Bayer hatte im Juni den Glyphosat-Hersteller Monsanto übernommen und sieht sich nun mit zahlreichen Klagen wegen angeblicher Krebsrisiken in den USA konfrontiert.  

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