Weltwirtschaftsforum: Trump sorgt für Tumulte in Davos
In Davos beginnt das Weltwirtschaftsforum. Auch US-Präsident Donald Trump wird später in der Woche anreisen. Das bringt Demonstranten auf die Straße und der Hotellerie zahlende Gäste.
Das Gesicht von Klaus Schwab regt sich nicht. Die Züge des deutschen Wirtschaftsprofessors bleiben starr. Sie wirken sogar fast traurig, als die Sprache auf Donald Trump kommt. „Es ist absolut wichtig, dass Donald Trump bei uns ist“, sagt Schwab. Mehr will der spröde Gründer und Chef des Weltwirtschaftsforums (WEF) zu seinem prominentesten und kontroversesten Gast nicht sagen. Auch Schwabs Mitstreiter spielen den Besuch des US-Präsidenten beim 48. Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums herunter. Es wäre „unfair“, sich nur auf Trump zu konzentrieren, hieß es bei der Präsentation des WEF-Programms Anfang dieser Woche in Genf.
Immerhin, so versichern die WEF-Macher, reisen 3000 Chefs und Entscheider aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, darunter mehr als 70 Staats- und Regierungschefs, nach Davos. Selbst eine Handvoll Könige und Königinnen geben sich in dem Schweizer Alpenstädtchen die Ehre. „Niemals zuvor konnten wir so viele Toppolitiker begrüßen“, schwärmt der Norweger Borge Brede, zweiter Mann beim WEF, mit Blick auf das Spektakel, das heute beginnt und bis Freitag dauert.
WEF-Mitarbeiter: „Es wird wohl eine Trump-Show“
Dennoch wird Trump wohl allen übrigen Gästen die Schau stehlen. Sobald der US-Präsident im schwerbewachten Davos erscheint, werden Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Brasiliens Staatschef Michel Temer, Spaniens Monarch Felipe, UN-Generalsekretär António Guterres und Bill Gates in den Hintergrund gedrängt. „Es wird wohl eine Trump-Show“, räumt ein WEF-Mitarbeiter stirnrunzelnd ein.
Der Trubel um Trump dürfte dem Weltwirtschaftsforum dennoch nutzen. Denn Trump garantiert Aufmerksamkeit. Wer in der Welt Rang und Namen hat, so lautet die versteckte Botschaft, der muss dabei sein. Und so waren wenige Stunden nachdem die Nachricht vom Auftritt Trumps durchgesickert war, fast alle Hotelbetten von Davos bis Zürich ausgebucht. Wer mochte, konnte noch einen Matratzenplatz für 700 Euro pro Nacht neben vier anderen in einem privaten Schlafraum ergattern. „Das WEF stärkt seine Bedeutung“, bilanziert die „Neue Zürcher Zeitung“ angesichts des „gelungenen Coups“.
Dass die Konferenz der Reichen und Mächtigen mit Trump an Gewicht gewinnt, lässt sich auch auf den Straßen der Schweiz beobachten. Nachdem die Demos gegen „Davos“ in den vergangenen Jahren nur noch einige unermüdliche Globalisierungsgegner anzogen, erwarten die Organisatoren in diesem Jahr einen Massenzulauf. In Zürich soll der Protest am Eröffnungstag des WEF ein fulminantes Comeback erleben. Die Slogans reichen von „Smash WEF“ über „Trump not welcome“ bis zu „Kill Trump“.
Angesichts des Rummels und der drohenden Gewalt ist es kaum verwunderlich, dass dem 79-jährigen WEF-Patron Schwab der geplante Auftritt Trumps nicht ganz geheuer erscheint. In der Genfer WEF-Zentrale fragen sich die Macher: Wird der Wüterich aus Washington bei seiner Rede am Freitag die versammelte Elite aus Politik und Wirtschaft zusammenstauchen? Wird er wieder unflätig pöbeln und drohen? Passt der egomanische Präsident überhaupt nach Davos? Immerhin verpflichten sich die WEF-Teilnehmer zu nichts weniger als den „Zustand der Welt zu verbessern“. So lautet zumindest der Leitspruch des Forums, das 1971 als behagliche Plauderrunde am Kamin seinen Anfang nahm.
Kanzlerin Angela Merkel wird am Mittwoch sprechen
Die Themen reichen vom Klimawandel über Kriege bis zu mentaler Gesundheit. Schwab predigt unaufhörlich eine enge globale Kooperation. Die Politiker müssten „verantwortlich“ handeln. „Zuhören“ sei angesagt. Die Globalisierung, so verlangt Schwab, müsse ein „menschliches Antlitz“ haben. Das Forum trifft keine politischen oder ökonomischen Entscheidungen, die anwesenden Politiker und Manager einigen sich jedoch hinter den Kulissen auf Abkommen und Geschäfte. Globalisierungskritiker werfen dem Forum deshalb Intransparenz und Anmaßung vor.
Zudem konnte selbst der protektionistische US-Präsident der Globalisierung nicht wirklich etwas anhaben. Der Welthandel gewann seit Trumps Amtsantritt im Januar 2017 sogar an Tempo. „Wir schätzen das Wachstum des weltweiten Warenhandels 2017 auf 3,6 Prozent“, sagt der Generaldirektor der Welthandelsorganisation, Roberto Azevêdo. Im Jahr 2016 belief sich das Wachstum des Welthandels auf nur 1,3 Prozent. „Gründe sind die anschwellenden Handelsströme in Asien und die Erholung der Importnachfrage in Nordamerika“, erklärt der WTO-Chef, der sich auch auf den Weg nach Davos macht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird morgen Nachmittag eine Rede vor dem Plenum halten, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert kürzlich in Berlin. An dem Tag liege der Fokus des jährlichen Treffens auf Europa. Vorgesehen seien auch einige bilaterale Gespräche. Angaben zu möglichen Gesprächspartnern machte Seibert aber nicht. Gelegenheit für ein Treffen mit Donald Trump wird es aber wohl nicht geben.
Jan Dirk Herbermann