Neuer Mieter auf dem Euref-Campus in Berlin: Tesla will in den Gasometer
Zu den neuen Mietern auf dem Euref-Campus könnte auch Tesla gehören. Doch erst mal steht der Innenausbau des Gasspeichers an.
Der Euref-Campus in Berlin-Schöneberg bekommt prominente neue Mieter. Neben dem Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und der Deutschen Energie-Agentur (Dena), mit denen die Verträge bereits unterschrieben sind, verhandelt Euref-Chef Reinhard Müller mit einem besonders attraktiven Kandidaten: Tesla könnte mit einem Design- und Entwicklungszentrum in den rund 80 Meter hohen Gasometer ziehen. Müller wollte das im Gespräch mit dem Tagesspiegel zwar nicht bestätigen, da er eine Vertraulichkeitserklärung unterschrieben habe. Doch so viel konnte der Vorstandsvorsitzende der Euref AG verraten: Als Mieter für den Gasometer kämen zwei Unternehmen von außerhalb Berlins in Frage, „beide sind Mobilitätsanbieter“. Der eine brauche Platz für 1800 und der andere für 2000 Mitarbeiter.
Bald 6500 Arbeitsplätze auf dem Campus
Tesla hatte im November bekannt gegeben, im brandenburgischen Grünheide ein Elektroautowerk für den europäischen Markt zu bauen und beginnt dort jetzt mit Fundamentarbeiten. Ergänzend zu der Fabrik will der Konzern von Elon Musk ein Entwicklungszentrum in Berlin ansiedeln. Gerne in Schöneberg.
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Der Euref-Campus hat sich als Standort für Klimaschutz und Energiewende profiliert, rund 150 Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Start-ups gibt es auf dem rund 5,5 Hektar großen Gelände. Im kommenden Herbst zieht der Berliner Gasversorger Gasag in einen Neubau, der dann auch von einem Teil der bundeseigenen Dena bezogen wird. Ende des Jahres verlegt dann der Bundesverband Erneuerbare Energie seinen Sitz von Berlin-Mitte zum Euref-Campus.
Der Denkmalschutz spielt mit
Der Einzug von Tesla wird dagegen noch einige Jahre auf sich warten lassen. Der Gasometer, der bis 1995 als Gasspeicher fungierte und durch die Talkshow von Günter Jauch bundesweit bekannt wurde, muss noch innen ausgebaut werden. Müller veranschlagt dafür gut drei Jahre. Im Erdgeschoss ist ein Kongresszentrum geplant, auf den darüberliegenden Stockwerken sollen 30 000 Quadratmeter Büroflächen entstehen. Alles in allem werden dann rund 6500 Menschen auf dem Euref-Campus arbeiten. Für den Gasometer wartet Müller aber noch auf die Baugenehmigung – und auf eine Verständigung mit dem Denkmalschutz.
Auf dem Gelände östlich der Bahngleise zwischen dem S-Bahnhof Schöneberg und der Kolonnenstraße entstand in den 1870er Jahren ein Gaswerk. Zwischen 1908 und 1910 wurde der neue Gasometer errichtet mit einer 78 Meter hohen Stahlkonstruktion. In einer teleskopartig ausfahrbaren Glocke konnten bis zu 160 000 Kubikmeter Gas gespeichert werden. Bis 1995 blieb der Gasometer als Speicher in Betrieb. Der aus Krefeld stammende Architekt und Stadtplaner Reinhard Müller kaufte 2007 das brachliegende Gelände von der Gasag und begann die Entwicklung des Euref-Campus zu einem Standort für Themen rund um die Energiewende und Mobilität.
2011 gab es dann zwei Ereignisse, die der Entwicklung des Euref (für Europäisches Energieforum) einen Schub gaben: Fukushima und die sich dadurch beschleunigende Energiewende sowie Günther Jauch, der zur Politik-Talkshow in die Gasometer-Kuppel lud. Mit Cisco und der Deutschen Bahn zog es erste prominente Unternehmen auf den Campus; die TU ist inzwischen vertreten sowie Klimaschützer Ottmar Edenhofer mit dem Mercator Research Institute. Demnächst zieht die Gasag vom Hackeschen Markt in einen Euref-Neubau, in dem dann auch noch ein paar Dutzend Mitarbeiter der Dena sowie ein Showroom der Fraunhofer-Gesellschaft untergebracht werden.
Hohe Attraktivität des Campus
„Der Euref ist ein Traum“, sagte Dena- Geschäftsführer Andreas Kuhlmann im Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Die Dena versteht sich als Thinktank der angewandten Energiewende und der Euref ist das dazu passende Labor der Energiewende.“ Ähnlich wie der Bundesverband der Erneuerbaren (BEE) und auch die Fraunhofer-Gesellschaft betont Kuhlmann die räumliche Nähe zu vielen Mitspielern der Energiewende. „Wir haben uns für Schöneberg entschieden, weil wir das Campuskonzept gut finden. Hier können wir unser Netzwerk ausbauen und Kontakte zu anderen Akteuren pflegen.“ Der Großteil der 250 Dena-Mitarbeiter bleibt zwar am bisherigen Standort in der Chausseestraße, doch zum Repräsentieren und Konferieren sei der Euref-Campus ideal, sagte Kuhlmann.
Der BEE als Dachorganisation von inzwischen mehr als 40 Verbänden der Erneuerbaren Energien zieht komplett von Mitte nach Schöneberg. Der neue Standort soll den Integrationsprozess in der bunten Verbändewelt voranbringen, wie BEE-Präsidentin Simone Peter dem Tagesspiegel sagte. Ende des Jahres will sie mit rund 50 Mitarbeitern vor Ort sein.
Fraunhofer kommt auch
Etwas länger dauert noch die Einrichtung eines Showrooms des Fraunhofer-Instituts für Solarenergiesysteme. „Der Euref ist the place to be“, sagt Hans-Martin Henning, Sprecher der Fraunhofer-Allianz Energie. Da das Thema Energiewende komplex und facettenreich sei, soll im Euref-Schaufenster auch experimentiert werden, wie man wissenschaftliche Aufgabenstellungen und Ergebnisse am besten vermitteln kann. Die Fraunhofer finanzieren sich überwiegend über Drittmittel, sodass der Showroom auch als Marketinginstrument für potenzielle Partner und Kunden dient. Schließlich sei der Euref auch deshalb ein idealer Ort, weil der Austausch mit Vertretern der Bundespolitik und von Verbänden hier eher möglich ist als in Freiburg, wo Hennings Institut seinen Sitz hat.
Streit um die Zahl der offenen Ringe
„Wir sind der Zukunftsort des Landes Berlin“, reklamiert Müller. Bereits 2014 habe der Campus in Schöneberg die CO2-Klimaziele erfüllt, die sich Deutschland für 2050 gesetzt hat. Das war alles nicht so einfach. „In Berlin müssen sie an eine Sache glauben und dranbleiben, dranbleiben, dranbleiben.“ In Düsseldorf, wo Müller derzeit einen ähnlichen Campus aufbaut, helfe Politik und Verwaltung an allen Ecken und Enden. In Berlin laufe man dagegen vor Wände. Müllers wichtigster Mann in diesen Wochen ist der Schöneberger Baustadtrat Jörn Oltmann (Grüne). Von Oltmann und dem Denkmalschutz hängt ab, wie der Innenausbau des Gasometers vonstattengeht. Müller hat im März einen Bauantrag eingereicht, wonach nur der obere Ring des stählernen Gerüstes offen bleibt, der Denkmalschutz möchte aber zwei offene Ringe. Jeder Ring kostet Müller ein paar Tausend Quadratmeter Bürofläche.
Der Innenausbau sollte so ausfallen, „dass das Gerüst weiter wahrnehmbar ist“, sagte Oltmann dem Tagesspiegel. Die „fachliche Auseinandersetzung“ mit dem Bauantrag habe jetzt begonnen, am 10. Juni werde sich der Stadtentwicklungsausschuss des Bezirks damit befassen und auch Müller anhören. Dass seine Behörde wegen Tesla unter besonderem Druck steht, räumt Oltmann ein. „Es wäre schön, wenn wir eine solche Ansiedlung möglich machten.“