US-Visionär in Brandenburg: Tesla macht deutschen Ingenieuren Beine
Es ist der wichtigste Effekt des Tesla-Projekts in der Mark: Es treibt die deutsche Automobilindustrie an, damit sie Weltmarktführer bleibt. Ein Kommentar.
Selbst große Investitionen basieren nicht nur auf rationalen Erwägungen. Als BMW vor 30 Jahren einen Fabrikstandort in den USA suchte, fuhren die Chefs aus München durch South Carolina und inspizierten die Häuser der Einheimischen: Wer sein Umfeld sauber hält, der kann auch zuverlässig Sportwagen montieren.
Neben Fördergeld und günstigem Gelände, der Präsenz auf dem US-Markt und guter Verkehrsanbindung gab der Zustand der Vorgärten den Ausschlag für Spartanburg, wo BMW heute mit 10.000 Leuten Autos baut.
Elon Musk traut das den Deutschen auch ohne Ausflug auf’s Land zu. Der US-Unternehmer investiert in Brandenburg, weil Berlin um die Ecke liegt und er auch in Asien und Europa Teslas bauen muss, wenn er mehr sein will als ein Nischenanbieter. In Deutschland zu produzieren, wo das Auto erfunden wurde und wo die besten Autos entwickelt und gebaut werden – das ist für Musk ein Highlight.
Der Visionär aus Amerika trifft hier auf den deutschen Ingenieur, der sehr erfolgreich den Verbrennungsmotor optimiert hat, aber derzeit mit widrigen Umständen hadert. Bei Daimler zum Beispiel, wo der neue Chef einen Sanierungskurs einschlägt und dann bald entscheiden muss, welche Mercedes-Modelle für die kommenden Jahrzehnte entwickelt werden. Vor allem: Welche Motoren.
Marktführer Volkswagen setzt alles auf die Karte rein batterieelektrischer Antriebe und wird auch deshalb den Angriff von Tesla auf dem Heimatmarkt parieren. BMW und Mercedes agieren dagegen technologieoffen und betonen die Perspektiven sauberer Verbrennungsmotoren und die Chancen der mit Wasserstoff angetriebenen Brennstoffzelle; vielleicht in den 2030er Jahren.
Viele Milliarden Steuergelder
Mindestens in den nächsten zehn Jahren dominieren Stromautos – weil die Politik das will und die erforderlich Infrastruktur schafft. China ist so zum Leitmarkt der Elektromobilität geworden. Das sollte Deutschland werden, doch ohne Ladesäulen und Autos blieb es beim Wunschdenken der Regierung. In den kommenden Jahren ändert sich das, weil viele Milliarden Steuergelder fließen. Auch zu Tesla.
Ohne den Staat geht es nicht – weder in China noch in Deutschland. Und auch nicht in den USA. Für seine erste Gigafactory in Nevada hat Musk zwei Milliarden Dollar Förderung bekommen; in Grünheide gibt es weniger, hier deckelt das EU-Beihilferecht die Summen. Das gilt im übrigen auch in der Batteriefertigung, bei der die Deutschen weit hinter Musk zurückbleiben.
Tesla baut die Zellen für die Batterien gemeinsam mit Panasonic, die deutschen Autokonzerne kaufen dieses Kernmodul des E-Autos komplett bei asiatischen Herstellern, weil es keinen europäischen Anbieter gibt. Brüssel hat inzwischen die Zellfertigung als „Important Project of Common European Interest“ identifiziert, als industriepolitisch hochrelevant für die Staatengemeinschaft, sodass die Bundesgierung eine Milliarde als Lockmittel und Anschubfinanzierung ausloben darf.
Bis das Geld geflossen und die erste Fabrik gebaut ist, hat vermutlich der erste Tesla Grünheide verlassen. Musk macht, während Politik und Konzerne hierzulande und in Europa viel zu viel Zeit brauchen. Das ist vielleicht der wichtigste Effekt des Tesla-Projekts in der Mark: Es macht den heimischen Ingenieuren Beine und hilft der deutschen Autoindustrie, ihren Status als Weltmarktführer in den kommenden zehn Jahren zu behaupten.
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