Deutsche Bank: Spekulationen um Abspaltung des Privatkundengeschäftes
Die Deutsche Bank arbeitet an einer Strategie für die Zukunft. Doch sie steht von vielen Seiten unter Druck, nicht zuletzt weil Co-Chef Jürgen Fitschen ab April vor Gericht steht. Opfert die Bank das Privatkundengeschäft?
Anshu Jain und Jürgen Fitschen halten sich bedeckt. Derzeit arbeite man „mit Nachdruck“ an der nächsten Phase der Strategie, sagt Jain. Er ist zusammen mit Fitschen Co-Chef der Deutschen Bank. Bewertet würden die Ergebnisse der 2012 eingeleiteten Strategie in Hinblick auf Erfolge und Herausforderungen. Tatsächlich ist der Umbau der Bank aber eine Enttäuschung. Ihre Ergebnis- und Renditeziele haben Jain und Fitschen verfehlt, weltweit hinken sie weit hinter den Konkurrenten aus den USA her. Hierzulande gilt die Postbank eher als Last denn als wertvoller Bestandteil der Bank.
Am Freitag diskutierte der Aufsichtsrat dem Vernehmen nach über die Strategie, vor allem über das Privatkundengeschäft. Wird es sogar abgespalten? Dagegen steht das Investmentbanking – das Kapitalmarktgeschäft und die Betreuung von Großkunden bei ihren weltweiten Geschäften, bei Börsengängen und Emissionen und bei Übernahmen – nicht zur Debatte. „Warum sollte man sich einen Banksektor leisten, der nur national ausgerichtet ist?“, sagt Jain. Im Investmentbanking wolle man der US-Konkurrenz nicht das Feld überlassen.
Damit scheint klar: Die neue Strategie, die Jain und Fitschen („Die Bank ist heute effizienter, sicherer und ausgewogener“) vermutlich bis Ende April präsentieren werden, zielt fast allein auf die Privatkundensparte. Dem Vernehmen nach werden drei Ideen debattiert. Option eins, angeblich die wahrscheinlichste: Zusammen mit der Postbank wird eine Privat- und Geschäftskundenbank geformt, die abgespalten und an die Börse gebracht werden soll. Es wäre mit 27 Millionen Kunden in Deutschland und anderen europäischen Ländern ein schlagkräftiges Institut. Wirklich neu ist die Idee nicht: 1999 hatte der damalige Vorstandssprecher Rolf Breuer die Privatkundensparte in die Deutsche Bank 24 ausgegliedert. Nur drei Jahre später wurde das Modell wieder ad acta gelegt.
Die Postbank gilt mittlerweile als Belastung
Käme es zu dieser Lösung, wäre die Deutsche Bank vermutlich zwar weiter Hauptaktionärin der neuen Privatkundenbank. Aber sie würde sich direkt nur noch mit dem Investmentbanking, dem Zahlungsverkehr und der Betreuung reicher Kunden befassen. Das aber widerspricht dem Konzept einer weltweit tätigen Universalbank, das vor allem Co-Chef Fitschen hochhält. Deshalb gibt es Option zwei: Dabei würde die bisherige Tochter Postbank vollständig in die Privatkundensparte integriert. Auf diesem Weg ist die Deutsche Bank mit der Zusammenführung der jeweiligen IT schon ein großes Stück vorangekommen. Allerdings hätte eine Integration wahrscheinlich nach einen erheblichen Stellenabbau in der Management-Etage und in den Filialen zur Folge. Eine Postbank-Zentrale mit eigenem Vorstand und eigene, derzeit in Postfilialen angegliederte Postbank-Ableger würden überflüssig. Erheblicher Widerstand der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, der Betriebsräte und der Gewerkschaften wären sicher. Bliebe Option drei: Die Deutsche Bank verkauft die Postbank. Dann müsste ein Käufer gefunden werden, der bereit wäre, mindestens 6,4 Milliarden Euro auf den Tisch zu legen. So viel hatte die Bank vor fünf Jahren für das Institut gezahlt.
Beobachter rechnen nicht mit einem wirklich radikalen Schnitt. „Eine Neuausrichtung der Bank erwarten wir ebenso wenig wie einen Verkauf der Postbank“, sagt Stefan Bongardt, Analyst bei Independent Research. Dieter Hein vom Analysehaus Fairesearch sieht ein Patt im Aufsichtsrat zwischen Investmentbankern und Anhängern des Universalbank-Modells. „Am Ende wird nicht viel passieren, bis auf eine weitere Restrukturierung.“ Dabei seien Jain und Fitschen mit ihrem bisherigen Konzept „krass“ gescheitert.
"Enorm viel Kapital verbrannt"
Für die Misere des Instituts macht nicht nur Hein die Investmentbanker verantwortlich. In den letzten 15 Jahren habe die Bank mehr als 30 Milliarden Euro frisches Eigenkapital eingesammelt, vor allem für die Investmentbanker. „Die aber haben enorm viel Kapital verbrannt, haben der Bank unkalkulierbare Risiken aufgebürdet und lassen sich die schlechte Arbeit auch noch reichlich gut bezahlen.“ Folge sind milliardenschwere Vergleiche und Rechtsstreitigkeiten, deren Ende noch nicht absehbar ist.
Große Konkurrenten wie die Royal Bank of Scotland, Barclays, Standard Chartered, die UBS und die Credit Suisse stampfen dagegen das Investmentbanking ein. Es lohnt sich nicht mehr so wie vor der Krise, weil Bankenaufseher genauer auf die Risiken schauen, die Regeln verschärft haben und mehr teures Eigenkapital fordern. Hein zufolge sollte das Herunterfahren, besser noch die Abspaltung des Investmentbankings auch eine Option für die Deutsche Bank sein, so wie es Siemens mit Osram oder Bayer mit Lanxess praktiziert hätten. Das freilich wird kaum passieren, zumal neben Fitschen mit Jain und Aufsichtsratschef Paul Achleitner zwei überzeugte Investmentbanker bei der Bank das Sagen haben.
Möglicherweise hängt die Debatte um die Bank aber auch mit dem Prozess gegen Fitschen zusammen, der Ende April in München beginnt. Dort steht Fitschen wegen angeblichen Falschaussage vor Gericht. Der Banker muss dann jede Woche mindestens einmal in München anwesend sein. Frage ist, ob ihn dies in seiner Arbeit als Co-Konzernchef einschränkt und ob er das Amt so lange ruhen lassen sollte. Danach sieht es aber nicht aus. Fitschens Vertrag wurde im Herbst 2013 bis Ende Mai 2017 verlängert. Doch: Von einem möglichen Prozess war damals nicht die Rede.