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Der Bund ist noch immer mit 15,6 Prozent an der Commerzbank beteiligt.
© dpa

Zehn Jahre nach der Teilverstaatlichung: Sollte der Bund bei der Commerzbank aussteigen?

Vor zehn Jahren hat sich der Bund bei der Commerzbank eingekauft. Politiker von CDU und FDP fordern nun einen Plan für den Ausstieg.

Martin Blessing hatte große Ambitionen: Einen zweiten „nationalen Champion“ wollte der damalige Chef der Commerzbank 2008 schaffen und dafür die größere Dresdner Bank übernehmen. Doch das Timing hätte kaum schlechter sein können: Im August 2008 verkündet Blessing die Übernahme – zwei Wochen später geht die US-Bank Lehman Brothers pleite und löst die weltweite Finanzkrise aus. Statt zum nationalen Champion wird die Commerzbank zum nationalen Problem. Am 8. Januar 2009 wird Blessings Institut teilverstaatlicht.

Zuvor hatte der Bund dem Institut bereits über den Bankenrettungsfonds Soffin 8,2 Milliarden Euro in Form einer stillen Einlage bereitgestellt. Eine enorme Summe, die dann aber doch nicht ausreicht. Der Bund muss den gleichen Betrag noch einmal drauf legen. Dafür erhält er einen Anteil von 25 Prozent plus eine Aktie. Der Staat wird damit 2009 nicht nur zum größten Einzelaktionär bei der Commerzbank, sondern er hält auch noch die Sperrminorität: Ohne seine Zustimmung geht bei dem Institut von da an erstmal nichts mehr. Zehn Jahre später ist der Anteil des Staats an dem Institut zwar nicht mehr ganz so groß: Trotzdem hält der Bund auch heute noch 15,6 Prozent an der Commerzbank. Politiker von CDU und FDP fordern deshalb einen Ausstiegsplan.

Wann verkauft der Staat seine Anteile?

„Die Beteiligung des Bundes ist kein Dauerzustand“, meint etwa Antje Tillmann, finanzpolitische Sprecherin der Unions-Fraktion im Bundestag. Es sei daher richtig, „Wege für einen Ausstieg zu prüfen“, sagte sie dem Tagesspiegel. Ähnlich äußert sich Florian Toncar, finanzpolitischer Sprecher der FDP: „Die Bundesregierung muss jetzt eine klare Strategie finden, wie sie sich vollständig aus der Commerzbank zurückzieht“, sagte er diesem Blatt. „Der Staat kann nicht gleichzeitig an einer bestimmten Bank beteiligt sein und andererseits alle Banken als neutraler Schiedsrichter nach gleichen Standards beaufsichtigen.“ Beide betonen aber auch, dass es auf den richtigen Zeitpunkt ankommt. Für den Steuerzahler sei „ein möglichst gutes wirtschaftliches Ergebnis“ entscheidend, so Tillmann. „Die staatliche Einlage muss fair verzinst werden“, sagt auch Lothar Binding, finanzpolitischer Sprecher der SPD.

Das Problem: Seit dem Einstieg des Staats ist der Kurs der Commerzbank kräftig gefallen. Das Aktienpaket, für das der Bund einst 5,1 Milliarden Euro ausgegeben hat, ist heute nur noch 1,2 Milliarden Euro wert. Der Kurs müsste also um ein Vielfaches steigen, damit der Bund ohne größere Verluste aus dem Engagement herauskommt. Das ist derzeit aber nicht absehbar. Die Commerzbank steckt immer noch in der Restrukturierung. Bis Ende 2020 werden unter anderem 7300 Stellen gestrichen. Lisa Paus, finanzpolitische Sprecherin der Grünen, sagt: „Die staatliche Rettung der Commerzbank wird ein Milliardenverlust für den Steuerzahler, die Frage ist nur, wann dieser realisiert wird.“ Aus heutiger Sicht habe der Bund viel zu viel für die Anteile bezahlt. „Das ist nicht mehr korrigierbar und rächt sich jetzt“, so Paus.

Im Bundesfinanzministerium hofft man dagegen noch, in Zukunft einmal einen vernünftigen Preis für die Commerzbank-Aktien zu bekommen. „Wir wollen für den Wirtschaftsstandort Deutschland und den Steuerzahler perspektivisch ein gutes wirtschaftliches Ergebnis erzielen“, sagt ein Sprecher auf Anfrage. Eilig habe man es damit aber nicht: „Wir stehen nicht unter Zeitdruck.“

Auch eine Fusion mit der Deutschen Bank wird diskutiert

Statt des Verkaufs der Anteile spielt man im Finanzministerium derzeit ohnehin ganz andere Pläne durch. So könnte Minister Olaf Scholz (SPD) einen Zusammenschluss von Deutscher Bank und Commerzbank vorantreiben. Ein Vorhaben, das politisch umstritten ist. Zwar sind sich alle darin einig, dass Deutschland mindestens eine starke Großbank braucht. Doch ob man die durch einen Zusammenschluss erreicht? Selbst in Scholz’ eigener Partei gibt es daran Zweifel. So sagt SPD-Politiker Binding, mit einer Fusion der beiden sei er nicht so glücklich: „Das geht in Richtung einer monopolistischen Struktur.“ Toncar von der FDP meint: „Allein die Verbindung zweier Institute mit unterschiedlichen Problemen ergibt noch keine starke und lebensfähige Bank.“

Bei der Commerzbank immerhin hat Chef Martin Zielke nach zwei mageren Jahren für 2018 einen Gewinn in Aussicht gestellt. Aktionäre wie der Bund können auf eine Dividende von womöglich 20 Cent hoffen. Mehr als ein Trostpflaster ist das für den Steuerzahler aber nicht.

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