Ökosteuer-Vorstoß: Sind die Zeiten des Billigfliegens vorbei?
Frankreich kündigt eine Ökosteuer für Flugtickets an. Die Niederlande wollen gleich EU-weit das Fliegen besteuern. Wie weit geht der Trend?
Fliegen soll teurer werden. In immer mehr Ländern der EU wird diese Forderung erhoben. Die Niederlande haben beim Treffen der EU-Finanz- und Wirtschaftsminister am Dienstag dafür plädiert, EU-weit abgestimmt Steuern beim Fliegen zu erheben.
Am gleichen Tag hat Frankreich angekündigt, ab 2020 eine Ökosteuer auf Flugtickets zu erheben, die zwischen 1,50 und 18 Euro liegen soll. Höhere Steuern beim Fliegen sind auch Thema bei den Verhandlungen zwischen den proeuropäischen Parteien im Europaparlament.
Noch kann der Billigflieger preislich auf bestimmten Strecken locker die Bahn unterbieten. Für Flüge Brüssel-Berlin muss man gelegentlich nicht mehr als 20 Euro mit allen Gebühren zahlen. Der Zug kostet günstigstenfalls 39 Euro. Sind die Zeiten des super günstigen Fliegens bald vorbei?
Was ist dran an der Aussage, dass auf Flugzeugtickets keine Steuern anfallen?
Tatsache ist, dass Flugbenzin im Normalfall in der EU nicht besteuert wird. Dies ist überwiegend weltweit so. Grundlage ist die Chicago Vereinbarung aus dem Jahr 1944, die allerdings nicht eine Besteuerung von Kerosin allgemein verbietet, wie häufig gesagt wird, sondern lediglich die Besteuerung des Kerosins, das ein Flugzeug in seinen Tanks ins Land mitbringt. In den USA etwa wird Kerosin bei Inlandsflügen besteuert. In der EU wird auf Tickets bei internationalen Flügen zudem keine Mehrwertsteuer erhoben. In Deutschland wird der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent nur bei Inlandsflügen erhoben. Es gibt aber in sechs EU-Ländern und vielen Staaten der Welt diverse Abgaben und Steuern.
Wo fallen beim Fliegen in der EU Steuern und Abgaben an?
Neben der Mehrwertsteuer, die in 17 von 28 Mitgliedstaaten im Inland auf den Ticketpreis erhoben wird, verlangen sechs EU-Länder weitere Abgaben. Großbritannien verlangt mit 40 Euro im Mittel bei In- und Auslandsflügen am meisten, gefolgt von Italien (23), Norwegen (20), Deutschland (18) und Frankreich.
Wie ist die Lage in Deutschland?
In Deutschland wird seit September 2010 die Luftverkehrsabgabe erhoben. Dies ist eine Steuer je Ticket, der Erlös fließt nicht zweckgebunden an den Staat. Die Abgabe ist nach Entfernung gestaffelt. Bei Kurzstrecken, dazu zählen etwa Belgien und Russland, zahlt der Passagier 7,47 Euro, bei Mittelstrecken, dazu zählen etwa Katar oder Ghana, werden 23,32 Euro fällig. Und auf Langstrecken, etwa USA oder Südafrika, sind es 41,99 Euro. Die Luftverkehrssteuer erbrachte 2018 für den Fiskus 1,2 Milliarden Euro. Kerosinsteuer wird nicht erhoben, würde sie nach den Sätzen, die die EU vorsieht (330 Euro je 1000 Liter), erhoben, müsste die Luftfahrtbranche dafür 570 Millionen Euro im Jahr zahlen.
Welche Folgen hätte eine Kerosin-Besteuerung in Deutschland?
Die EU-Kommission hat dazu eine Studie erstellt. Demnach würde die Kerosin-Besteuerung nach den Richtlinien der EU (330 Euro auf 1000 Liter) dazu führen, dass das Passagieraufkommen um zwölf Prozent zurückginge und sich das Fliegen im Schnitt um den gleichen Wert verteuern würde. Der Ausstoß von klimaschädlichem CO2 würde ebenfalls um zwölf Prozent zurückgehen. Der Anteil der Bevölkerung, der durch Fluglärm belästigt wird, würde um acht Prozent zurückgehen. Die wirtschaftlichen Effekte einer Steuer beziffert die EU als gering. 1100 Jobs wären bedroht, messbare Folgen beim Wirtschaftswachstum gebe es aber nicht.
Wie werden Zugtickets besteuert?
Die Bahn muss Strom- und Mineralölsteuer für den Einkauf von Energie zahlen. Wie zu hören ist, zahlt die Bahn dafür an Steuern etwa 600 Millionen Euro im Jahr. Das ist in etwa halb so viel wie die Luftverkehrsabgabe ausmacht. Tickets im Fernverkehr werden mit dem vollen Mehrwertsteuersatz versteuert, Tickets im Nahverkehr mit dem reduzierten Satz. Diese Steuern trägt der Kunde.
Wie realistisch ist, dass die EU höhere Steuern auf Kerosin beschließt?
Es ist unwahrscheinlich. Entscheidungen in der Steuerpolitik müssen von den 28 Mitgliedstaaten einstimmig getroffen werden. Da etwa in Irland, Portugal und vielen osteuropäischen Ländern gar keine Steuern und Abgaben erhoben werden, ist nicht damit zu rechnen, dass hier Einvernehmen herzustellen ist. Auch beim Treffen der Wirtschafts- und Finanzminister am Dienstag in Brüssel gab es lediglich eine Aussprache dazu, Beschlüsse wurden nicht gefällt. Die Niederlande, wo es bislang keine Flugsteuer gibt, wollen EU-weit abgestimmt eine Abgabe durchsetzen.
Wie steht es um den Klimaschutz beim Fliegen?
Im Gegensatz zum Individualverkehr ist der Luftverkehr in den Emissionshandel mit CO2-Verschmutzungszertifikaten eingebunden. Das heißt: Die Verschmutzungsrechte sind gedeckelt, wenn die Branche wächst, muss sie Rechte zukaufen. Der europäische Verband der Fluglinien A4E wird Mittwoch Zahlen vorlegen, wie viel Geld die Fluglinien für den Zukauf von Verschmutzungsrechten zahlen.
Von 2013 bis 2018 haben sie demnach dafür 1,3 Milliarden Euro ausgegeben. Das einzelne Zertifikat, das zum Ausstoß von einer Tonne CO2 berechtigt, kostete 2013 noch fünf Euro, derzeit liegt der Preis bei 25 Euro. Unabhängig davon ist Fliegen im Vergleich zum Bahnfahren deutlich klimaschädlicher.