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Der Bundesagrarminister hat zum Milchgipfel eingeladen.
© dpa/Oliver Berg

Milchgipfel in Berlin: Schluss mit Hochleistungskühen und Großställen

Deutschlands Bauern haben angesichts sinkender Milchpreise Existenzängste. Finanzhilfen bedeuten lediglich Zeitgewinn. Die Bauern müssen sich umstellen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Heike Jahberg

Eine Kuh ist kein Kuscheltier. Zwischen 50 und 80 Kilo Futter braucht sie am Tag, zwischen 80 und 100 Litern Wasser trinkt sie. Dafür gibt sie ordentlich Milch. 20 Kilo schafft eine normale Kuh am Tag, 50 Kilo eine auf Leistung getrimmte Turbokuh.

Doch jetzt werden die Bauern die viele Milch nicht mehr los. Oder besser gesagt: nicht mehr zu auskömmlichen Preisen. 46 Cent kostet der Liter frische Vollmilch derzeit im Laden, Apfelsaft ist teurer, Bier auch, selbst für Mineralwasser muss man mehr ausgeben, zumindest wenn man Markenware will. Beim Bauern kommt aber noch weniger an. Noch nicht einmal mehr 20 Cent zahlen inzwischen einige Molkereien, die Landwirte bräuchten das Doppelte. Viele geben auf.

Nun soll es wieder einmal ein Gipfel richten. Heute will Bundesagrarminister Christian Schmidt gemeinsam mit den Bauern, den Molkereien und dem Handel beim Milchgipfel nach einem Ausweg suchen. Staatliche Liquiditätshilfen sind im Gespräch und finanzielle Entschädigungen für Bauern, die weniger produzieren. Auch auf die Molkereien und den Handel wird der Minister einwirken. Sie sollen den Bauern mehr für ihre Milch zahlen.

Das alles ist richtig. Denn die 4,3 Millionen Kühe, die in Deutschland leben, sind nun einmal da. Sie wollen fressen und saufen, dafür braucht der Bauer Geld. Für Schnellschüsse taugt die Landwirtschaft nicht. Liquiditätshilfen für den Übergang und mehr Solidarität von Molkereien und Handel mit den Bauern würden den akuten Druck nehmen.

Die Bauern müssen sich umstellen

Mehr als ein Zeitgewinn ist das aber nicht. Ein einfaches „Weiter so“ kann es nicht geben. Milch darf nicht weiter zur Ramschware verkommen. Das tut sie aber, solange die Bauern gegen die Krise anmelken und noch mehr Milch produzieren statt weniger. Seitdem die Milchquote gefallen ist, die die Menge in der EU reguliert hat, kann sie niemand daran hindern. Doch wohin mit all dem? Auf die Russen und die Chinesen, die früher die Milch aus Europa gekauft haben, können die Landwirte nicht hoffen. Solange die EU die Sanktionen gegen Russland nicht fallen lässt, bleibt das russische Embargo für Milch, Butter und Käse. Und viele Chinesen können sich europäische Produkte nicht mehr leisten.

Bauern demonstrieren gegen den drastischen Preisverfall bei Milch und Fleisch
Bauern demonstrieren gegen den drastischen Preisverfall bei Milch und Fleisch
© dpa

Die Milchkrise müssen wir Europäer schon selbst lösen, aber wie? Eine neue Milchquote? Ist mit der EU nicht zu machen. Höhere Ladenpreise? Gehen auf Dauer nur, wenn sich auch der Markt verändert. Schon heute sind viele Verbraucher bereit, mehr Geld für höhere Qualität auszugeben, etwa für Bio- und für regionale Milch. Davon können auch konventionelle Anbieter etwas lernen.

Die Bauern müssen sich umstellen. Sie müssen weniger produzieren. Schluss mit den Hochleistungskühen, die nach wenigen Jahren ausgemergelt sind. Schluss mit den Großställen, die Deutschland mit Billigmilch überschwemmen. Doch für die Wende brauchen die Bauern Hilfe. Von den Molkereien, die ihre Anstrengung honorieren, von den Kunden, die bereit sind, mehr zu zahlen, und vom Staat, der den Übergang flankiert. Belohnt werden sollte nicht der Betrieb, der einfach weniger produziert. Sonst landet man unausweichlich bei der Tötungsprämie für Milchkühe. Unterstützt werden muss derjenige, der besser produziert. Der seine Tiere besser hält, der Tierschutz ernst meint. Kühe sind keine Kuscheltiere, aber Lebewesen sind auch sie.

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