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Wolfgang Schäuble machte sich im polnischen Breslau (Wroclaw) für die Finanztransaktionssteuer stark. Hier links neben dem Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker.
© dpa

Eurorettung: Schäuble drängt auf Transaktionssteuer in Europa

In Polen wurde nicht nur die drohende Pleite Griechenlands diskutiert. Wolfgang Schäuble wirbt weiter für die Transaktionssteuer. Sie würde kurzfristige Spekulationen bremsen. Die EU ist in dieser Ansicht gespalten.

Die drohende Pleite Griechenlands zu verhindern, ist nicht das einzige Projekt der EU-Finanzminister in diesen Tagen. Bei ihrem Treffen im polnischen Breslau (Wroclaw) am Wochenende wurde auch darüber diskutiert, wie es nach der Rettung des einen Landes weitergehen soll, wie man verhindern kann, dass weitere Länder pleitegehen und wie die Gemeinschaft Staaten in Schieflage künftig helfen will.

Ein wieder einmal ausführlich erörterter Aspekt dabei war die mögliche Einführung einer Steuer auf sämtliche Finanzmarktgeschäfte. Jeder Ankauf und Verkauf – egal ob von Aktien, Anleihen oder Währungsderivaten – würde dabei mit einer Abgabe belegt werden. Die Befürworter der seit Jahren diskutierten Transaktionssteuer glauben, dass kurzfristige Spekulationen für die Investoren teurer und damit unattraktiver werden würden.

Ein Befürworter ist Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Neben Milliardeneinnahmen für die klammen Staatshaushalte erhofft sich Schäuble auch eine beruhigende Wirkung auf die nervösen und überliquiden Finanzmärkte. „Es geht nicht nur um die Aufbringung zusätzlicher Mittel – es ist auch ein Instrument, um diesen irrationalen Übertreibungen der Finanzmärkte durch Elemente der Entschleunigung ein ganzes Stück weit entgegenzuwirken“, sagte Schäuble. Deutschland und Frankreich seien sich einig, dass nicht nur Devisen, sondern alle Transaktionen besteuert werden sollten. Unter den übrigen EU-Staaten ist die Idee allerdings noch äußerst umstritten.

„Es gibt keine einheitliche Position über eine Finanztransaktionssteuer“, sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier nach dem Treffen in Breslau. Die Kommission wolle dennoch in den kommenden Wochen dazu einen Gesetzentwurf vorlegen.

Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg und Österreich kämpfen dafür, die Steuer wenigstens in der EU einzuführen. Auf globaler Ebene gibt es wegen des Widerstands der USA dafür keine Chance. Diese Position bekräftigte US-Finanzminister Timothy Geithner noch einmal in Breslau. Der Amerikaner hatte erstmals an einem Treffen seiner europäischen Amtskollegen teilgenommen.

Europäische Länder wie Großbritannien, Italien und Schweden wiederum befürchten eine Abwanderung der Finanzbranche aus Europa und sind deshalb gegen ein Vorpreschen der EU. Eine Steuer kann in der EU aber nur einstimmig eingeführt werden.

Der deutsche Finanzminister sieht dennoch Chancen, das Projekt zu realisieren. Die Gewichte und Argumente verschöben sich, sagte er in Breslau. Sollte Großbritannien nicht mitmachen, werde die Bundesregierung beraten, ob sie die Steuer nur für die Euro-Zone fordern werde. Schäuble wäre für einen solchen Vorstoß, doch die Koalition hat dazu noch keine gemeinsame Position: Die FDP lehnt bislang eine Einführung vehement ab. Wenn die Steuer nicht weltweit eingeführt werde, so das Argument ihrer Gegner, könnten die Investoren jederzeit abwandern, etwa in die Schweiz. Und das würde die Finanzmärkte in Europa nicht weniger volatil machen. (mit Reuters)

Miriam Schröder

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