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Signalwirkung. Wer den Euro eingeführt hat, soll auch bei der Finanztransaktionssteuer vorangehen – so sieht es zumindest Finanzminister Schäuble.
© dpa

Finanztransaktionssteuer: Mit London – oder doch nicht?

Die Koalition streitet darüber, wie man eine Finanztransaktionssteuer einführen soll. Mit der Unterstützung der Briten ist nicht rechnen. Dann eben ohne London, sagt Finanzminister Wolfgang Schäuble – und stößt damit auf Kritik aus der FDP.

Am Mittwochabend hat Renate Köcher die versammelten Unionsspitzen eindringlich gewarnt. Die Zerstrittenheit in der schwarz-gelben Koalition, hat die Chefin des Allensbacher Meinungsforschungsinstituts dem Fraktionsvorstand von CDU und CSU eingeschärft, gehe den Wählern nicht bloß auf die Nerven – sie „verstört“ die Leute regelrecht. Angela Merkel hat gut zugehört, auch Wolfgang Schäuble und Volker Kauder sowieso. Der Fraktionschef hat die Demoskopin aus seiner heimischen Bodenseeregion schließlich eingeladen, weil er auf ihr Urteil viel gibt. Lange vorgehalten hat die Mahnung allerdings nicht. Seit Donnerstag zoffen sich die Koalitionäre schon wieder. Im Mittelpunkt steht diesmal die Finanztransaktionssteuer.

Auslöser des Krawalls war ein längerer Vortrag des Finanzministers in der Klausur des CDU/CSU-Fraktionsvorstands. Schäuble hat nach Angaben von Teilnehmern mit der – koalitionspolitisch noch ganz korrekten – Formel eingeleitet, die Bundesregierung strebe in den Verhandlungen in Brüssel an, dass eine solche Steuer auf Kapitalmarktgeschäfte im gesamten Europa der 27 eingeführt werde. Das sei allerdings schwierig, fügte er an – bekanntermaßen sperrt sich Großbritannien. Sollte es dabei bleiben, sei er dafür, diese Steuer nur auf Basis einer Währung einzuführen; zu Deutsch: nur im Euro- Raum mit seinen 17 Mitgliedern. Dass so etwas gehe, führten ausgerechnet die Briten vor, die in London eine solche Abgabe auf britische Papiere erheben.

Er wisse, fuhr Schäuble fort, dass seine Haltung nicht Konsens sei. Aber er sei schon wegen der Signalwirkung unbedingt dafür, dass die Euro-Staaten im Zweifel vormarschierten. „Einer muss vorangehen“, zitieren Sitzungsteilnehmer den Finanzminister. „Wenn der Langsamste das Tempo bestimmt, wird das eh nichts.“

Bei seinem Publikum stieß Schäuble damit auf wenig Protest. Die Forderung ist populär, den Märkten Zügel anzulegen und die Börsenprofiteure wenigstens ein bisschen zur Finanzierung der milliardenschweren Rettungspakete mit heranzuziehen. Überdies ist die Börsensteuer schon mit zwei Milliarden Euro in dem Plan vermerkt, mit dem die Koalition die Schuldenbremse einhalten will. Der finanzpolitische Sprecher der Union, Klaus-Peter Flosbach, sah sich denn auch durch die allgemeine Stimmung gedeckt, als er vor dem Tagungssaal im Reichstag in eine Kamera hineinsprach. Zwar sei die Union dafür, die Steuer in ganz Europa einzuführen. Aber: „Wir in der Union plädieren dafür, selbst ohne England dieses Thema anzugehen.“ Dann müssten die Euro-Staaten vorangehen.

Lesen Sie auf Seite zwei, wie Schäuble sich vor den Kritikern aus den Reihen der Liberalen verteidigt.

Im Schloss Bensberg bei Köln, wo die FDP-Fraktion gerade ihre Klausur beendete, da ging prompt die Zugbrücke hoch. Wenn die Transaktionssteuer nicht in allen 27 Euro-Ländern durchsetzbar sei, „dann ist sie endgültig gescheitert“, dekretierte der FDP-Finanzexperte Volker Wissing. Sein Fraktionschef Rainer Brüderle bekräftigte wenig später, eine Beschränkung auf die Euro-Zone komme mit den Liberalen nicht in Frage. Es entstehe sonst eine nicht vertretbare Schieflage zulasten des Börsenstandorts Frankfurt.

Das Argument ist altbekannt: Wenn der Handel mit Finanzprodukten in Frankfurt wegen der Steuer teurer wird als in London, werden diese Geschäfte künftig an der Themse gemacht. Auch Schäuble räumt ein, dass es kurzfristig zu Verschiebungen kommen könne. Aber, sagt ein Unionsmann: „Unseren Leuten ist das inzwischen doch egal, ob in Frankfurt tausend Banker die Umzugskartons packen müssen.“ Die Börsensteuer sei zum Symbol geworden, ob die Politik ihr Primat übers Geldgeschäft zurückholen könne.

Selbst Volker Kauder dürfte das nicht anders sehen. Auf den Krach angesprochen, versichert der Fraktionschef zwar pflichtgemäß, dass die Regierung in Europa nur über eine Transaktionssteuer für alle 27 verhandeln werde. Aber Kauder kann sich eine Anmerkung dann doch nicht verkneifen: „Ich kann mir manches vorstellen“, sagt der CDU-Politiker. Doch in einer Koalition helfe die Vorstellung nicht weiter, „wie es so schön wär’, wenn ich allein entscheiden könnte“.

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