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Auf der Hauptversammlung des Unternehmen sieht Jim Hagemann Snabe nachdenklich aus, während Bill McDermott lächelt.
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Ende der Doppelspitze: SAP verliert einen Chef

Jim Hagemann Snabe verlässt im Mai 2014 den Vorstand des Softwarekonzerns und wechselt in den Aufsichtsrat. Der Amerikaner Bill McDermott wird das Unternehmens künftig allein leiten.

SAP verliert einen seiner beiden Vorstandschefs. „Nach über 20 Jahren bei der SAP habe ich entschieden, einen neuen beruflichen Lebensabschnitt zu beginnen, der es mir erlaubt, mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen“, kündigte der erst 47-jährige Jim Hagemann Snabe an. In zehn Monaten, nach der Hauptversammlung im Mai 2014, will der Däne den Posten an der Seite von Co-Chef Bill McDermott (51) räumen und in den Aufsichtsrat wechseln. Die Zustimmung der Hauptversammlung gilt als sicher – vor allem, weil der Aufsichtsratsvorsitzende Hasso Plattner es so will. Plattner sagte am Montag, einen Nachfolger für Snabe werde es nicht geben. McDermott werde SAP künftig allein führen. Die Belegschaft fürchtet nun, dass der Softwarekonzern SAP noch amerikanischer wird.

Snabe arbeitet seit 1990 für SAP

Snabe und McDermott leiten SAP seit dem Abgang von Leo Apotheker im Februar 2010 als gleichberechtigte Vorstandschefs. Snabe begann seine Laufbahn 1990 als SAP-Berater in Dänemark, stieg schon bald zum Leiter der Beratungsabteilung auf. Nach einem kurzen Ausflug zu IBM kehrte er zu SAP zurück, leitete zunächst SAP Schweden, dann die Region Nordic, schließlich trat er dem Managementteam der Region Europa/Mittlerer Osten/Afrika bei. 2002 wurde der Däne Mitglied der globalen Entwicklungseinheit. Er sorgte dafür, dass Entwicklungen von SAP deutlich schneller auf den Markt kamen. Seit 2008 sitzt Snabe im Vorstand von Europas größtem Softwarekonzern mit Sitz in Walldorf südlich von Heidelberg. Seine Frau und die zwei Kinder wohnen in der Nähe von Kopenhagen, er sah sie nur am Wochenende. Das soll sich nun ändern. „Ich muss meiner Familie etwas zurückgeben“, sagte Snabe. Er habe den Posten des Co-Chefs von Beginn an nur für eine begrenzte Zeit machen wollen. Der Zeitpunkt jetzt sei richtig, da sich SAP in einer Phase der Stärke befinde.

Bisher traten der eher zurückhaltende analytische Mathematiker Snabe und das extrovertierte Verkaufstalent McDermott als sich perfekt ergänzendes Team auf. McDermott spricht von einer persönlichen Freundschaft. Eigentlich laufen beide Verträge noch bis 2017.

Auf der Hauptversammlung der SAP im Juni ließ sich Hasso Plattner mit den beiden Vorstandschefs Jim Hagemann Snabe und Bill McDermott ablichten.
Eigentlich ein Führungstrio: in der Mitte SAP-Aufsichtsratschef Hasso Plattner, links Jim Hagemann Snabe, rechts Bill McDermott.
© dpa

Analyst Heinz Steffen, Partner von Fairesearch, glaubt nicht an den familiären Hintergrund von Snabes Rückzug. „Zwei Chefs mit nahezu gleichen Aufgabenbereichen, das ist immer schwierig“, meint Steffen. Snabe, der mehr als 20 Jahren sehr aktiv und erfolgreich im Unternehmen tätig gewesen sei, habe womöglich genug gehabt von der Doppelspitze. Hinzukomme, dass Hasso Plattner nach wie vor die Geschicke des Unternehmens entscheidend mitbestimmt. Schließlich habe sich das Geschäft in den USA zuletzt deutlich besser entwickelt als etwa in Asien, was dem Amerikaner McDermott wohl zusätzlich den Rücken gestärkt habe.

McDermott spricht nur wenig Deutsch

McDermott, der im Gegensatz zu Snabe nur wenig Deutsch spricht, wird den Konzern ab Mai kommenden Jahres allein führen. McDermott kündigte an, künftig mehr Zeit in Deutschland zu verbringen und seine Sprachkenntnisse zu verbessern. McDermott hatte seinen Arbeitsplatz bislang an einem der drei US-Standorte der Firma in Pennsylvania.

Mit dem Rückzug von Snabe nimmt der Anteil der Europäer im Vorstand weiter ab. „Das ist eine Schwächung des Standorts Deutschland“, sagte Betriebsratschef Stefan Kohl. Es gebe niemanden im Vorstand mehr, der SAP in Deutschland oder Europa als Firmenchef repräsentieren könne. In der Belegschaft macht sich die Sorge breit, dass SAP immer mehr Bereiche in die USA verlagern könnte. Im Mai hatte SAP die Leitung seiner Kommunikationsabteilung ins kalifornische Palo Alto verlegt. Dort sind bereits wichtige Entwicklungsbereiche angesiedelt. Auch hier gilt Plattner als Treiber der Entwicklung.

Ein weiteres Indiz dafür ist die für 2014 geplante Umwandlung der SAP von einer deutschen AG in eine europäische Aktiengesellschaft (SE). „Die Umwandlung in die SE macht es einfacher, den Firmensitz zu verlagern“, sagt Betriebsratschef Kohl. Ein SAP-Sprecher beschwichtigt jedoch: „Es gibt keinerlei Überlegungen den Unternehmenssitz zu verlagern.“

Die Investoren jedenfalls haben Snabes Rücktrittsankündigung schlecht aufgenommen. Mit einem Minus von rund einem Prozent gehörte die SAP-Aktie am Montagnachmittag zu den schwächsten Werten im Dax. mit dpa

Corinna Visser

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