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Bill McDermott, Vorstandssprecher von SAP bei einem Interview mit dem Tagesspiegel in Berlin im Mai 2017.
© DAVIDS/Sven Darmer

Für acht Milliarden Dollar: SAP kauft US-Unternehmen Qualtrics, um Rivalen zu bremsen

Bill McDermott, Chef des Walldorfer Softwarekonzerns SAP, gibt acht Milliarden Dollar für eine relativ kleine Firma aus. Der Schritt ist taktisch motiviert.

SAP ist weiter auf großer Einkaufstour. Für das US-Unternehmen Qualtrics legt Europas größter Softwarehersteller acht Milliarden Dollar (rund sieben Milliarden Euro) auf den Tisch. Dies teilte SAP am späten Sonntagabend in Walldorf mit. Mit der in Euro gerechnet teuersten Übernahme in der Geschichte des Unternehmens will sich SAP weiter stärken, um den schnell wachsenden US-Konkurrenten Salesforce in Schach zu halten und diesen in seinem Stammgeschäft weiter anzugreifen. Salesforce hatte sich erst vor Kurzem den Hersteller Mulesoft für rund 6,5 Milliarden Dollar gesichert.

SAP selbst hatte Anfang des Jahres den Salesforce-Konkurrenten Callidus für 2,4 Milliarden Dollar gekauft. Vorstandschef Bill McDermott hatte eigentlich angekündigt, vorerst nur kleinere Ergänzungskäufe anzupeilen. Jetzt hat der seit 2014 allein amtierende Unternehmenschef aber doch erneut größer zugeschlagen. In einer Telefonkonferenz mit Analysten am Morgen sprach der Amerikaner von einem weiteren „mutigen Schritt“ für den wertvollsten Dax-Konzern.

Qualtrics zähle zu den weltweiten Pionieren im Software-Bereich Experience Management (XM), hieß es. Qualtrics sammelt Daten zu Kunden, Mitarbeitern, Produkten und Marken. Unter anderem sollen Webseitenbesucher so schneller wiedererkannt werden, um ihnen gezielt Produkte anbieten zu können.

Die zugekaufte Firma erwarte für das Gesamtjahr 2018 über 400 Millionen US-Dollar Umsatz (aktuell rund 350,5 Millionen Euro) und zukünftige Wachstumsraten von über 40 Prozent. Das Unternehmen aus dem US-Bundesstaat Utah wollte eigentlich bald selbst an die Börse gehen.

Mit acht Milliarden Dollar ist Qualtrics in Dollar gemessen nur etwas billiger als der 2014 gekaufte Hersteller von Reisekostensoftware Concur. Dieser hatte 8,3 Milliarden Dollar inklusive Schulden gekostet. Da der Euro damals aber mehr wert war, lag der umgerechnete Kaufpreis unter den jetzigen sieben Milliarden Euro. Diesen will SAP in bar zahlen. Die Finanzierung sei gesichert. Die Übernahme soll im ersten Halbjahr 2019 abgeschlossen sein.

Mit der Übernahme will SAP vor allem das Geschäft mit Unternehmenssoftware in der sogenannten Cloud - also online - stärken. Hier ist derzeit der Rivale Salesforce Branchenprimus. SAP ist der größte Anbieter von Unternehmenssoftware insgesamt, will den Kaliforniern aber auch in der Cloud zusetzen.

Salesforce wächst hier aber - unter anderem getrieben von Übernahmen - weiter rasant, so dass das 1999 von Konzernchef Marc Benioff gegründete Unternehmen SAP auch künftig beim Gesamtumsatz angreifen könnte. McDermott hat in den vergangenen Jahren zunehmend auf das stark wachsende Cloudgeschäft gesetzt und die Erfolge mit Software für das Management von Kundenbeziehungen und für den Vertrieb (CRM) betont.

Noch sind die Größenverhältnisse zwischen den beiden Konzernen eindeutig: SAP machte vergangenes Jahr mit Software on- und offline 19,5 Milliarden Euro Umsatz, davon 3,8 Milliarden in der Cloudsparte. Salesforce brachte im Geschäftsjahr 2017/18 (Ende Januar) rund 10,5 Milliarden Dollar Umsatz auf die Waage (neun Milliarden Euro), davon 9,7 Milliarden Dollar mit Software über die Cloud. Salesforce wächst wegen des größeren Anteils von Cloudsoftware insgesamt weiter schneller als die Walldorfer.

Salesforce-Chef Benioff hat sich zum Ziel gesetzt, 2022 die Hürde von 20 Milliarden Dollar Umsatz (17,6 Milliarden Euro) zu knacken. SAP hat für das Jahr 2020 derzeit einen Umsatz von bis zu 29 Milliarden Euro im Plan.

Lesen Sie hier ein Interview mit Bill McDermott aus dem Jahr 2017. Darin spricht er auch über sein fürstliches Gehalt.

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