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1430 Stellen wird Bombardier in Deutschland abbauen, betroffen ist auch der hier gezeigte Standort Hennigsdorf bei Berlin.
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Bombardier baut mehr als 1400 Stellen ab: Sanierung über Plan

Der Stellenabbau bei Bombardier geht rasch voran. Auch deshalb schreibt der kanadische Konzern rote Zahlen.

Berlin - Der Stellenabbau bei Bombardier geht schneller voran als ursprünglich geplant. Bereits bis Ende dieses Jahres will der Schienenfahrzeughersteller 1430 der 9900 Arbeitsplätze hierzulande gestrichen haben. Als der Konzern den Stellenabbau im Februar angekündigt hatte, war noch von Ende 2017 die Rede gewesen. Bombardier treibt die Restrukturierung seiner deutschen Standorte damit rasch voran – und schließt einen weiteren Stellenabbau nicht aus.

220 Mitarbeiter haben sich bisher freiwillig gemeldet

In der kommenden Woche sollen die Mitarbeiter in Werken wie Hennigsdorf, Görlitz und Bautzen über die Bedingungen für die Teilnahme am freiwilligen Abfindungsprogramm informiert werden. Zu den konkreten Bedingungen wollte sich Volker Schaarschmidt, Betriebsratschef in Görlitz, nicht äußern. „Das Angebot zeigt jedoch, dass dem Unternehmen an einem schnellen Stellenabbau gelegen ist“, sagte Schaarschmidt am Freitag dem Tagesspiegel. Bis Ende Oktober hätten die Mitarbeiter Zeit, sich für das Programm zu melden. 220 hätten dies bisher deutschlandweit getan, insgesamt kämen dafür etwas mehr als 500 Mitarbeiter infrage. Der Rest der Stellen werde durch kurzfristig kündbare Leiharbeitsverträge abgebaut.

Derzeit kein weiterer Stellenabbau geplant - aber langfristig nicht ausgeschlossen

Transportation-Chef Laurent Troger wollte einen weiteren Stellenabbau nicht ausschließen, als er am Freitag in Berlin die Quartalszahlen präsentierte. Das sei eine Entscheidung, die im Rahmen des Gesamtunternehmens getroffen werde. Bombardier hat seinen Hauptsitz in Kanada. „Derzeit sind aber keine weiteren Stellenstreichungen geplant“, sagte der 52-Jährige, der im Dezember vom Technikchef zum Gesamtchef der Transportation-Sparte aufgestiegen war.

Weltweit werden 7000 Stellen gestrichen

Nicht nur in Deutschland baut der Konzern Arbeitsplätze ab, weltweit sollen rund 7000 Stellen gestrichen werden, davon 3200 in der Zugsparte, die ihren Hauptsitz in Berlin hat. Ausgelöst hatte die Krise bei Bombardier die aus dem Ruder gelaufene Entwicklung eines Regionaljets.

Die Krise spiegelt sich auch in den Konzern-Quartalszahlen wider. Mit 490 Millionen Dollar fiel der Verlust höher aus als von Analysten erwartet. Ein Jahr zuvor hatte Bombardier noch einen Gewinn von 125 Millionen Dollar gemacht. Belastet wird die Firma durch die Kosten des Sanierungsprogramms.

Der Umsatz der Zug- und Transportsparte blieb zwischen April und Juni im Vorjahresvergleich mit knapp zwei Milliarden Dollar zwar fast stabil. Doch der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) ging in der Sparte um nahezu ein Viertel auf 87 Millionen Dollar zurück. Auch hier nannte Troger die Restrukturierungskosten als Grund. Dies werde sich in ähnlicher Größenordnung auch im zweiten Halbjahr fortsetzen. Ohne diese Effekte sei der Betriebsgewinn aber gestiegen.

„Wir sind optimistisch für die weitere Entwicklung“

„Wir sind optimistisch für die weitere Entwicklung“, sagte Troger. So laufe die Produktion des ICE-4 für die Deutsche Bahn, an der Bombardier zusammen mit Siemens beteiligt ist, nach Plan. Ab 2017 soll die neue ICE-Generation im Einsatz sein.

Insgesamt sei die Nachfrage gut, da viele Länder angesichts der wachsenden Bevölkerung in Infrastruktur investieren würden. Speziell verwies er dabei auf Deutschland und die USA. Trotz des Brexit-Votums sei aber auch die Nachfrage aus Großbritannien weiterhin da. Bombardier erwartet auf der Insel keine Einbrüche. Ein wichtiger Wachstumsmarkt ist für Troger auch der Iran, der in seinen Schienenverkehr investieren wolle.

Kaum Nachfrage nach komplett fahrerlosen Zügen

Als Trend sieht Troger die zunehmende Automatisierung der Schienenfahrzeuge – komplett fahrerlose Züge würden sich aber vorerst nicht auf langen Strecken durchsetzen, prognostizierte er. Technisch sei dies zwar machbar, „aber man darf die soziale Komponente nicht unterscheiden. Die Menschen haben eher Vertrauen, wenn ein Mensch am Steuer sitzt“, meint Troger. Schließlich würde auch kaum jemand in ein Flugzeug ohne Pilot steigen, obwohl auch dieses inzwischen fast komplett automatisch gesteuert werde. Nur eine Minderheit der Bombardier-Kunden interessiere sich für fahrerlose Fahrzeuge.

Zunehmend automatisiert wird aber nicht nur die Steuerung von Zügen, sondern auch deren Inspektion. „Dadurch können wir Faktoren wie Langsamkeit und Ungenauigkeit besser ausschließen“, erklärte Troger. In Deutschland werde 2017 die erste vollautomatisierte Inspektion bei einem privaten Bahnbetreiber in Betrieb genommen.

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