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Ein Fahrzeugmonteur arbeitet in Hennigsdorf an einer S-Bahn vom Typ 430. Mehr als 2800 Mitarbeiter produzieren an diesem Standort unter anderem S-Bahnen und Straßenbahnen.
© dpa/ZB

Sorge auch in Hennigsdorf: Bombardier streicht 1430 Stellen

Der für Berlin wichtige Schienenfahrzeughersteller Bombardier baut 1430 seiner 9900 Stellen ab. In Hennigsdorf betreibt der Konzern sein größtes deutsches Werk.

In Hennigsdorf, Görlitz und Bautzen sowie einer Handvoll weiterer Standorte im Westdeutschland müssen sich die Beschäftigten von Bombardier wieder einmal um ihren Arbeitsplatz sorgen. Der kanadische Konzern kündigte am Mittwoch in Montreal an, hierzulande 1430 seiner derzeit 9900 Stellen im Schienenfahrzeugbau streichen zu wollen. Und womöglich ist das erst der Anfang. „Wir befürchten, dass noch mehr kommt“, sagte Gesamtbetriebsratschef Michael Wobst auf Anfrage.

Das größte Werk hierzulande betreibt Bombardier in Hennigsdorf am nordwestlichen Stadtrand von Berlin. Von den dort beschäftigten 2850 Personen ist der überwiegende Teil im Engeneering-Bereich tätig, rund ein Drittel produziert S-Bahnen, Straßen- und Regionalbahnen. Inwieweit Hennigsdorf vom Stellenabbau betroffen sein wird, ist offen. Wobst zufolge gibt es Anfang der kommenden Woche ein Treffen des Wirtschaftsausschusses in Hennigsdorf, bei dem voraussichtlich die Konzernleitung ihre Pläne erläutern werde.

Weltweit werden 7000 Arbeitsplätze gestrichen

Im Rahmen einer Pressekonferenz in Kanada hatte die Konzernspitze die Streichung von weltweit rund 7000 Arbeitsplätzen in den kommenden zwei Jahren angekündigt, davon etwa 3200 in der Zugsparte, die ihren Sitz in Berlin hat. Bombardier Transportation hatte zuletzt rund 39.000 Beschäftigte weltweit. Der Umsatz der Zugsparte schrumpfte nach Konzernangaben im vergangenen Jahr von 9,6 Milliarden auf 8,3 Milliarden Dollar (7,4 Milliarden Euro). Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern sank von 469 Millionen Dollar auf 465 Millionen Dollar (417 Millionen Euro). Der Konzern hatte schon in den vergangenen Jahren immer wieder Stellen gestrichen.

Betriebsratschef Wobst sagte auf Anfrage, „von der Dimension der Abbaupläne sind wir überrascht“. Es gebe indes seit längerem einen Trend, vor allem die Produktion von Wagenkästen zu Standorten in Tschechien und nach Polen zu verlagern. Solche Kästen für alle möglichen Bahnen werden derzeit auch in den sächsischen Standorten Görlitz (2400 Mitarbeiter) und Bautzen (1200 Mitarbeiter) produziert. Bautzen fertigt vor allem Straßenbahnen, Görlitz Doppelstockfahrzeuge. Ein Lokomotivwerk ist mit rund 800 Beschäftigten in Kassel ansässig, in Mannheim, Braunschweig und Siegen gibt es ferner Kompomentenfabriken.

Der Aktienkurs schoss am Mittwoch nach oben

Bereits in den vergangenen Jahren war immer mal wieder die Reduzierung der Fertigungstiefe und sogar die Schließung ganzer Standorte diskutiert worden. IG Metall und Betriebsrat wehrten sich dagegen und forderten dazu auf, „Prozesse zu verbessern und die Projektabwicklung zu optimieren“. Dass der Konzern in „eine deutliche Schieflage geraten ist“, sehen auch die Arbeitnehmervertreter. Ursächlich dafür sei aber im Wesentlichen die Flugzeugsparte. „Mit drastischem Personalabbau lassen sich vielleicht die Aktienmärkte beeindrucken“, meinte Betriebsratschef Wobste. Die Probleme würden dadurch jedoch eher verschärft. Tatsächlich legte die Bombardier-Aktie am Mittwoch in Reaktion auf die Ankündigung der Stellenstreichungen um mehr als zehn Prozent zu.

„Wir formen Bombardier Transportation für die Zukunft“, sagte Laurent Troger, der erst im Dezember von Technikchef zum obersten Chef dieses Teilunternehmens aufgestiegen war, zu seinen Plänen. In diesem Jahr wolle er 8,5 Milliarden Dollar Umsatz machen sagte er der Agentur Reuters in Berlin. Davon sollten sechs Prozent als Gewinn vor Steuern übrig bleiben. Der nun avisierte Stellenabbau sei nötig, um die Profitabilität zu steigern. Zugleich erinnerte Troger daran, dass sein Unternehmen speziell im Bahn- Geschäft die meisten Jobs in der Vergangenheit geschaffen habe.

Für die BVG werden Straßenbahnen gebaut

Inwieweit Entscheidungen bei den Großkunden Deutsche Bahn beziehungsweise der Berliner Verkehrsbetriebe BVG die Bombardier-Pläne beeinflusst haben, ist schwer zu sagen. Kurz vor Weihnachten war die Ausschreibung der Bahn für 382 neue Wagen der Berliner S-Bahn an die Konkurrenz aus Siemens und Stadler gegangen. Der Auftrag hätte einen dreistelligen Millionenbetrag gebracht. Fast gleichzeitig genehmigte der BVG-Aufsichtsrat aber den Kauf von 47 weiteren Flexity-Straßenbahnen im Wert von 176 Millionen Euro bei Bombardier.

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