Transsibirische Eisenbahn: Russland modernisiert Transsib für zehn Milliarden Euro
Der Sehnsuchtstraum vieler Bahnreisender soll komfortabler werden: Russland modernisiert für zehn Milliarden Euro die Transsibirische Eisenbahn. Schon zu den Winterspielen soll die Bahn gut dastehen.
Die Hauptstadt der Tataren überraschte die Reisenden mit einer properen Fußgängerzone und erstaunlich schönen Biergärten. Auf der langen Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn war Kasan der erste Halt diesseits des Urals in Europa. Bis Moskau, zum Ziel der über 9000 Kilometer langen Reise, die in Peking begann und durch die Mongolei und Sibirien führte, waren es von Kasan nur noch 820 Kilometer. Allein der prachtvolle Bahnhof der Stadt ist eine Sehenswürdigkeit.
Einmal im Leben mit der Transsibirischen Eisenbahn fahren, das ist ein Traum, den viele Menschen hegen. Demnächst wird er sich womöglich leichter und komfortabler erfüllen lassen. Russland will die legendäre Strecke modernisieren. Umgerechnet 10,6 Milliarden Euro sollen nach Angaben des Kreml investiert werden. Zwischen Moskau und Kasan soll eine Hochgeschwindigkeitstrasse entstehen. Insgesamt ist die Strecke zwischen Moskau und Wladiwostok am Pazifik 9288 Kilometer lang.
Anlass für den jetzt geplanten Ausbau sind die Olympischen Winterspiele 2014 und die Fußballweltmeisterschaft 2018. Beide Großereignisse werden den Tourismus kräftig ankurbeln, und es gibt wohl keine schönere Möglichkeit, die riesigen Ausmaße dieses Landes zu erfahren, als in einem Zug.
Der Komfort der Regelzüge ist freilich so ausbaufähig wie die Strecke. Aber es gibt auch komfortable Sonderzüge wie den „Zarengold“. Anders als die Regelzüge warten Sonderzüge, bis die Reisenden die Städte ein bisschen kennengelernt haben. Der Zarengold mit Duschen und elegantem Speisewaggon ist Breschnjews alter Regierungszug, und er schafft zwischen 50 und 120 Kilometer in der Stunde.
Für die Güterzüge dagegen ist Zeit Geld. Zwischen Moskau und Wladiwostok können derzeit 120 Millionen Tonnen Güter im Jahr befördert werden. In den vergangenen fünf Jahren sei die Frachtmenge auf der Schiene allein in Richtung Pazifik um 55 Prozent gestiegen, sagte Russlands Präsident Wladimir Putin am Freitag. Er hatte wiederholt betont, Russland müsse enger an die ostasiatischen Wachstumsmärkte angebunden werden, und gewaltige Investitionen in den abgelegenen und dünn besiedelten Fernen Osten gefordert. Auch deshalb sei es nun unerlässlich, gemeinsam mit der „Transsib“ auch die nördlich verlaufende Parallelstrecke Baikal-Amur-Magistrale (BAM) zu modernisieren, sagte Putin.
Der eigentliche Genuss liegt für die Touristen aber in der Langsamkeit jener Streckenabschnitte, bei denen man sich im Birkenzählen üben kann. Bevor man diese Strecke nicht gefahren ist, kann man sich keine Vorstellung machen, wie viele Birken es in Russland gibt. Die Fahrt durch Sibirien erschlägt manches Klischee. Irkutsk hat allein 20 Hochschulen und mehr als 300 Denkmäler. Es gibt viel zu erleben, auch in der Taiga, wo große Familien ihre Saunagänge mit Wein und Wodka zelebrieren und den berühmten Fisch Omul schätzen, der fetter ist als Matjes und gut gegen Kater hilft.
Nowosibirsk protzt ebenfalls mit einem grandiosen Bahnhof. In dieser Stadt versteht man am besten, warum so viel Stolz aus diesen Bahnhöfen atmet. Denn hier kann man die Brücke über den Fluss Ob betrachten, die 1897 die Vollendung der Transsib und damit der längsten Bahnstrecke der Welt bedeutete.
Die Kioske auf den Bahnsteigen sind wichtige Umschlagplätze auf dieser Strecke, besonders für die Passagiere der Regelzüge, denen kein festes Menü im Speisewagen serviert wird. Die meisten dieser Minigeschäfte haben eine erstaunlich große Bierauswahl. Erweitert wird das Angebot von fliegenden Händlern, die bei Ankunft eines Zuges ihr Angebot ausbreiten: Tomaten, Gurken, Bananen, belegte Brote, Fisch. Die Grenze zwischen Asien und Europa überqueren die Züge Richtung Moskau hinter Ekaterinburg. Auf dieses besondere Erlebnis stoßen nicht nur Russen gern mit Wodka an.
In Kasan spannte sich ein makellos blauer Himmel über Kathedrale und Moschee. Im Winter wird die zugefrorene Wolga hier zur Straße, wie weiter im Osten der Baikalsee. Für viele Pendler bedeutet das eine bequeme Abkürzung, von der sie auch im Frühjahr, wenn es wärmer wird, nicht lassen mögen. Deshalb werden zur Zeit der Schmelze immer wieder Wagen vom Wasser verschluckt, erzählen die Fremdenführer.
(Mit dpa)
Elisabeth Binder