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Stress zur Unzeit? Cryans Vertrag läuft noch bis 2020.
© Boris Roessler/dpa

Deutsche Bank: Rückendeckung für John Cryan

Anlegerschützer und der Aufsichtsrat halten zum Chef der Deutschen Bank. Großaktionäre sehen das anders.

Einmal im Jahr trifft sich der Vorstand der Deutschen Bank mit dem Top-Management und berät über die Strategie. Bis Dienstag werden sich die Top-Leute in Berlin die Köpfe über folgende Fragen zerbrechen: Wo will das Institut hin? Wo sollen die Schwerpunkte der künftigen Ausrichtung liegen? National und weltweit? Wo will die Bank endlich wieder richtig Geld verdienen und die Lücke zu den großen Instituten in den USA, in Großbritannien und der Schweiz schließen? „Es gibt keine klare Richtung“, sagt Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und einer der besten Kenner des Instituts. Wenig Verständnis hat er allerdings dafür, dass Großaktionäre unmittelbar vor der Strategietagung eine Debatte um Vorstandschef John Cryan angestoßen haben. Und ihren Unmut bekunden, ohne dass sie sich offen und namentlich äußern. Dabei läuft der Vertrag des Briten noch fast drei Jahre bis zur Hauptversammlung 2020.

Aktienkurs sinkt wieder

Aufsichtsratschef Paul Achleitner, der Anshu Jain im Frühsommer 2015 gefeuert und Cryan an die Spitze geholt hat, reagiert dieser Tage leicht genervt. Er verteidigt Cryan und den aktuellen Vorstand. Man könne nicht auf jede Unmutsäußerung aufgeregt reagieren und „hyperventilieren“. DSW-Experte Nieding, der Achleitner immer kritisch beobachtet, gibt dem Aufsichtsratschef diesmal recht. „Solche Äußerungen von Großaktionären sind nicht gerade hilfreich. Im Gegenteil: Sie schaden der Bank“. Hektik sei fehl am Platz. Grund für den nur anonym geäußerten Unmut sind die im internationalen Vergleich niedrigen Ergebnisse. Im ersten Halbjahr verbuchte das Institut einen Netto-Gewinn von einer Milliarde Euro und damit vier Mal so viel wie im ersten Jahresabschnitt 2016 – bei allerdings sinkenden Erträgen. US-Investmentbanken kommen auf ein Vielfaches. Und die Prognosen für das dritte Quartal sind nicht rosig. Auch beim Aktienkurs geht es nicht voran. Ende September 2016 notierte das Papier auf einem Allzeit-Tief von 9,41 Euro, bis Mai verdoppelte sich der Kurs nahezu auf 17,50. Seitdem geht es wieder bergab, auf aktuell nicht einmal 14 Euro. Angeblich schielen Hedgefonds auf weiter sinkende Kurse. Die Analysten der Société Générale haben das Kursziel gerade auf 10,50 Euro gesenkt. Ende 2018 vermuten sie eine neuerliche Kapitallücke von drei Milliarden Euro.

Cryan als Sanierer

Nieding führt die Kursentwicklung auf die Unklarheit über den künftigen Kurs zurück. Klar ist, dass die Postbank jetzt voll integriert wird, nachdem sich ein Verkauf oder ein Börsengang als illusorisch erwiesen haben. Und möglicherweise kommen Teile des Asset Managements an die Börse. Cryan war in den gut zwei Jahren an der Spitze vor allem mit Aufräumen, der Beilegung von Rechtsstreitigkeiten und Kostensenkungen beschäftigt. Die größten Skandale konnte er – für etliche Milliarden – ad acta legen. Daneben wurden Auslandsstandorte geschlossen, weltweit werden bis Ende 2018 rund 9000 Stellen gestrichen, davon 4000 in Deutschland. „Cryan ist ein guter Sanierer, dafür wurde er geholt. Aber noch sind nicht alle Baustellen gelöst. Dass er die Bank nachhaltig zu neuen Ufern führen kann, ist aber auch nicht erkennbar“, sagt Nieding. Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment hält den Briten weiter für den richtigen Mann. Andere betonen, man müsse Cryan Zeit geben.

Großaktionäre – der chinesische Mischkonzern HNA, die Herrscherfamilie des Emirats Katar und der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock – verlieren aber offensichtlich die Geduld und wollen Fortschritte und deutliche Gewinne sehen, wie sie ungenannt verlauten lassen. Die Bank werde unglaubwürdig, es gebe keine Aufbruchstimmung, es fehlten die Visionen.

Tatsache ist, dass Cryan die Bank aus dem schlimmsten Schlamassel herausgeholt hat. Mit seinem freundlichen, zurückhaltenden Auftreten tut er der Deutschen Bank gut, nach innen wie nach außen. Der Job sei für ihn eine große Ehre. Auch wenn viel zu tun sei, mache er manchmal richtig Spaß. Ob er sich die Verlängerung seines Vertrags über 2020 hinaus vorstellen könne? „Warum nicht?“, sagte der 57-Jährige unlängst auf einer Tagung in Frankfurt. Faktisch hat Cryan zusammen mit Aufsichtsratschef Achleitner die personellen Weichen für die Zukunft gestellt. Erstmals in der Geschichte der Bank gibt es auf ausdrücklichen Wunsch des 57-jährigen Briten seit Frühsommer mit Christian Sewing – Jahrgang 1970 – und Marcus Schenck – 1965 geboren – zwei gleichberechtigte und vergleichsweise jugendliche Ko-Vorsitzende. Sie stehen bereit, sollte Cryan 2020 nicht weitermachen (dürfen) oder gar vorzeitig gehen (müssen).

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