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Hoffen auf Rettung: In Berlin arbeiten rund 5300 Menschen für die Kette.
© dpa
Update

Krisengipfel der Supermarktchefs: Rettung von Kaiser's Tengelmann in Sicht

Die Supermarktchefs betonen beim Spitzentreffen ihren Willen zur Einigung und verhandeln weiter. Das Ultimatum zur Zerschlagung ist vom Tisch.

Kurz vor Ablauf des Ultimatums ist Rettung für Kaiser’s Tengelmann in Sicht. Am Donnerstag haben sich Supermarktchefs und Gewerkschafter bei einem gemeinsamen Treffen in Frankfurt darauf geeinigt, die Ministererlaubnis umzusetzen. Edeka könnte Kaiser’s Tengelmann damit übernehmen, alle 15.000 Arbeitsplätze würden erhalten bleiben. Damit wäre die Zerschlagung der Supermarktkette quasi in letzter Minute verhindert worden,. Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub hatte gedroht, die defizitäre Kette zu zerschlagen, falls bis Freitagnacht keine Lösung gefunden ist. Der Deal ist allerdings noch nicht in trockenen Tüchern. Bis zum 17. Oktober müssen die Beschäftigen weiter zittern.

Es wird weiter verhandelt

Fraglich ist nämlich, unter welchen Bedingungen die Supermärkte Rewe, Markant und Norma ihre Beschwerden gegen die Ministererlaubnis zurückziehen. Sie hatten erfolgreich gegen die Erlaubnis geklagt, mit der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) die Übernahme trotz des Vetos des Bundeskartellamts erlaubt hatte. In den kommenden eineinhalb Wochen soll über die Konditionen weiter verhandelt werden, „um eine einvernehmliche Lösung zu finden“, teilten Kaiser’s Tengelmann und die Gewerkschaft Verdi mit. Wie diese aussehen könnte, will keine der Parteien sagen. Bis zum 18. Oktober sei Stillschweigen vereinbart worden. Dennoch sind die Beschäftigen von Kaiser’s Tengelmann erleichtert. „Ich springe vor Freude in die Luft“, sagte der Berliner Betriebsratschef Volker Bohne am Donnerstagabend dem Tagesspiegel. „Das ist ein großer Durchbruch, es wurde eine Entscheidung für die Menschen getroffen“, erklärte er. Er gehe davon aus, dass alle Arbeitsplätze erhalten bleiben. In Berlin beschäftigt Kaiser’s rund 5300 Mitarbeiter. Allerdings sei auch er nur „vorsichtig optimistisch“, betonte Bohne, die Erfahrungen hätten gezeigt, dass sich das Blatt wieder schnell wenden könne.

Betriebsräte sind erleichtert

Aber auch der für die Filialen in Nordrhein-Westfalen zuständige Kaiser's Tengelmann-Betriebsrat Rainer Schroers ist glücklich über das Ergebnis vom Donnerstag: „Ich habe die Hoffnung, dass jetzt nach zwei Jahren Verhandlungen endlich eine Lösung gefunden wurde, die in die richtige Richtung geht“, sagte Schroers. Auch er setze darauf, dass alle Arbeitsplätze erhalten bleiben. Die Standorte Berlin und Nordrhein-Westfalen hätten wohl die größten Einschnitte bei einer Zerschlagung erfahren. Die Supermarktkette schreibt rote Zahlen, Haub will sich daher von seinen Supermärkten trennen und sich auf seine Obi-Baumärkte, den Textil-Discounter Kik und seine Start-up-Beteiligungen konzentrieren. Das Supermarktgeschäft soll komplett an Marktführer Edeka gehen.

Entgegenkommen von Rewe, Markant und Norma

Am Donnerstag ist es ihm und Edeka-Chef Markus Mosa offenbar gelungen, dass Rewe, Markant und Norma bereit sind, ihre Klagen zurücknehmen. Erstmals hatten sich alle Supermarktchefs auf Initiative von Verdi gemeinsam an einen Runden Tisch gesetzt. Bei einem ersten Treffen war nur Rewe-Chef Alain Caparros vor Ort dabei, Markant-Chef Franz-Friedrich Müller hatte nur telefonisch teilgenommen, Norma-Chef Gerd Köber gar nicht. Für Verdi hatten am Donnerstag erneut Frank Bsirske und Stefanie Nutzenberger mit am Verhandlungstisch gesessen.

Ultimatum von Haub

Haub hatte angedroht, die Kette zu zerschlagen, falls die Übernahme durch Edeka platzt. Ein entsprechendes Ultimatum sollte am Freitag um Mitternacht enden. Bei den Mitarbeitern, die seit zwei Jahren um ihre Jobs bangen, liegen die Nerven blank. 2500 von ihnen saßen am Donnerstagmorgen im Neuköllner Estrel-Hotel. Sie trafen sich zur Betriebsversammlung, durch den Konferenzraum schoben sich Mitarbeiter in Latzhosen und Warnwesten. Am Rand einer Stuhlreihe legte eine Frau ihre Hände um die Schultern einer Kaiser’s-Angestellten. „Halt durch“, sagte sie. Ein paar Meter weiter parkte ein historisches Kaiser’s-Fahrzeug. Einige ihrer Kollegen seien deprimiert, andere würden hoffen, sagte eine Mitarbeiterin am Morgen. „Ob wir von Edeka übernommen oder zerschlagen werden – ich hoffe, dass es eine soziale Lösung gibt.“

Die Politik macht sich rar

Die Politik macht sich rar.  Bürgermeister Michael Müller (SPD), Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) und Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) hatte der Berliner Betriebsratsvorsitzende Volker Bohne eingeladen, keiner war gekommen. Das mag an den Koalitionsverhandlungen liegen, vielleicht ist es aber auch die Machtlosigkeit der Politik. Denn außer Mut machen können die Politiker in diesem Stadium nicht wirklich etwas tun. Dennoch ist die Enttäuschung groß. „Ich bin entsetzt, dass kein Politiker gekommen ist“, sagte ein Lagerarbeiter. Für Kaiser’s arbeite er seit 30 Jahren. „Je näher die Entscheidung kommt, je mehr wird geredet.“ Manche der Kollegen seien  fix und fertig. Wenn Kaiser’s zerschlagen wird, würden die Lagerarbeiter zuerst entlassen werden, fürchtet der Mann. „Wenn die Ministererlaubnis nicht klappt, bin ich arbeitslos.“

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