Volkswagen: Rekordverlust, weniger Boni, mickrige Dividende
Volkswagen legt für die Folgen von Dieselgate 16,2 Milliarden Euro zurück und rechnet mit weniger Umsatz in diesem Jahr. Die Krise ist noch lange nicht vorbei.
„Robust“ nennt das Management des VW-Konzerns die Geschäftsentwicklung 2015: Der Umsatz stieg um gut fünf Prozent auf 213 Milliarden Euro und das operative Ergebnis lag mit 12,8 Milliarden Euro sogar leicht über dem Vorjahr. Also alles prima – wenn da nicht die „Abgasthematik“ wäre. So nennt Volkswagen die Manipulation an Millionen Dieselfahrzeugen, mit der die Abgaswerte vermeintlich nach unten gedrückt wurden. 16,2 Milliarden Euro veranschlagt das Management nun für „anstehende technische und kundenbezogene Maßnahmen sowie die weltweiten Rechtsrisiken“. Das tut weh, bringt den Konzern aber nicht wirklich in Bedrängnis. „Das operative Geschäft des Volkswagen-Konzerns ist kerngesund“, sagte Vorstandschef Matthias Müller am Freitag im Anschluss an eine Aufsichtratssitzung in Wolfsburg.
Die Boni sinken um die Hälfte
Das Gremium hatte diverse Themen auf der Tagesordnung. Neben dem Jahresabschluss und den Ermittlungen der US-Kanzlei Jones Day (siehe unten) ging es auch um die zuletzt so heftig umstrittenen Boni für die neun Vorstandsmitglieder, die im vergangenen Jahr pro Kopf gut fünf Millionen Euro betrugen. Der Auszahlungsbetrag liegt nun bei 2,2 Millionen Euro und damit 57 Prozent unter Vorjahr. Dieser Verzicht ist offenbar vielen sehr schwer gefallen, und bedurfte komplizierter Ergänzungen: 30 Prozent der variablen Vergütungen werden für drei Jahre aufgeschoben. „Dieser Betrag wird in virtuelle Vorzugsaktien umgewandelt und nur dann in voller Höhe ausgezahlt, wenn der Anfangsreferenzkurs der Vorzugsaktie am Ende der dreijährigen Sperrfrist um mindestens 25 Prozent gestiegen ist“, teilte VW weiter mit.
Statt 4,86 Euro gibt es 17 Cent Dividende
Vorstandschef Müller erklärte den freiwilligen Verzicht seiner Kollegen und von sich selbst mit den großen Anstrengungen, die der Vorstand unternehme, um „das Vertrauen der Kunden zu festigen, die Belegschaft zu motivieren und Beschäftigung an allen Standorten zu sichern“. Der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch verzichtete auf einen Teil seiner variablen Vergütung für 2015 in Höhe von 2,3 Millionen Euro.
Nicht nur das Management, auch die Eigentümer respektive Aktionäre müssen für den Abgasbetrug zahlen. Nachdem es im Vorjahr noch eine Rekorddividende von 4,86 Euro je Vorzugs- und 4,80 Euro je Stammaktie gegeben hatte, soll es jetzt nur noch 17 beziehungsweise elf Cent für eine Aktie geben. Kommende Woche stehen Tarifverhandlungen an: Dann wird deutlich werden, was die Beschäftigten zur Bewältigung des Betrugs beitragen müssen.
In der VW-Kasse sind 24,5 Milliarden Euro
Die Krise „belastet Volkswagen sehr stark“, räumte Müller ein, wies aber auch auf die Kassenlage hin. „Die Netto-Liquidität des Automobilbereichs stieg auf 24,5 (17,6) Milliarden Euro. Für das laufende Geschäftsjahr gibt sich das Management eher skeptisch. Obwohl China als der mit Abstand größte Absatzmarkt von VW weiter zulegen dürfte, wird bei den Verkäufen im Konzern insgesamt nur mit Stagnation gerechnet. Der Umsatz werde sich im Bereich Pkw sogar um fünf Prozent reduzieren. Weiter extrem schwierig ist die Situation in Südamerika und Russland. Und selbstverständlich ist die Abgasthematik noch lange nicht abgearbeitet, sondern „wird auch das laufende Jahr für den Volkswagen-Konzern mit prägen“, wie Finanzvorstand Frank Witter sagte.
Jetzt muss gespart werden
Die Investoren schreckt das nicht. Nachdem die VW-Aktie in den vergangenen Tagen um mehr als zehn Prozent an Wert gewinnen konnte, ging es am Freitag nach Bekanntgabe des Verlustes zwar erst ordentlich bergab. Am Ende war das Papier dann nur noch gut ein Prozent im Minus. Die NordLB blieb bei ihrer Empfehlung „Halten“, obwohl nach Einschätzung des Bankanalysten Frank Schwope die Krise noch lange nicht vorbei ist. Trotz der nun für 2015 erfolgten Rückstellungen von 16,2 Milliarden Euro geht er weiter von Gesamtkosten infolge der Manipulationen in Höhe von 20 bis 30 Milliarden Euro aus. „Und eher einem Überschreiten als einem Unterschreiten dieser Range“, sagte Schwope. Entsprechend laute die Devise für Wolfsburg in den nächsten Jahren: „Sparen, sparen, sparen.“