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Übern Berg? Viele Beschäftigte in den Lausitzer Tagebauen und Kraftwerken schauen zur Zeit mit Sorge in die Zukunft.
© dpa

Vattenfall will nicht mehr in Braunkohle machen: Raus aus dem Tagebau

Der Rückzug Vattenfalls aus dem Tagebau alarmiert Brandenburgs Regierung und sogar Umweltschützer. Die Mitarbeiter in der Lausitz hoffen auf neue Eigentümer – die kein Problem mit dem Energieträger haben.

Der schwedische Energiekonzern Vattenfall prüft einen Verkauf seiner Braunkohletagebaue und Kohlekraftwerke in der Lausitz. Diese Ankündigung von Konzernvorstandschef Magnus Hall in Stockholm hat in Brandenburg massive Kritik ausgelöst. Und zwar sowohl bei der von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geführten rot-roten Landesregierung als auch bei Umweltschützern. Diese hatte nach der Bildung einer rot-grünen Regierung in Schweden auf einen geordneten, mittelfristigen Ausstieg aus der klimaschädlichen Braunkohle unter Regie des Staatsunternehmens selbst gehofft.

Bei den rund 8000 Mitarbeitern von Vattenfall in der Lausitz wachsen dagegen nun Hoffnungen auf eine mit einem neuen Eigentümer mögliche längerfristige Perspektive für die Braunkohleverstromung. Ein möglicher Käufer wäre die Mitteldeutsche Braunkohle AG (Mibrag), ein tschechisches Unternehmen, das sein Braunkohleengagement in Deutschland zuletzt ausgeweitet hat. Der Regionalverein „Pro Lausitzer Braunkohle“ begrüßte die Verkaufspläne.

Mit der Braunkohle verdient Vattenfall viel Geld

In Schweden ist die Braunkohle, mit der Vattenfall bereits Milliardengewinne machte, vor allem wegen der negativen Begleiterscheinungen für Klima, Landschaft und abgebaggerte Dörfer in Ungnade gefallen. Vattenfall-Chef Hall begründete die Verkaufsabsichten vor allem mit einer Neuausrichtung des Staatsunternehmens. „Unsere Strategie sieht klar eine Reduzierung unserer Kohlendioxidausstöße und eine Umstellung unserer Erzeugungsportfolios auf erneuerbare Energien vor“, sagte er. Der Verwaltungsrat habe entschieden, „dass Vattenfall Optionen für eine nachhaltige und neue Eigentümerstruktur seines Braunkohlegeschäfts prüfen wird.“ Die übrigen Geschäftsaktivitäten in Deutschland – also zum Beispiel die Stromerzeugung mit anderen Energieträgern wie Windkraft, die Fernwärmeversorgung, der Betrieb der Verteilnetze und der Stromhandel – bleibe Vattenfall weiterhin vollauf verpflichtet. Hintergrund der Pläne sind aber auch wirtschaftliche Probleme des Konzerns: Wie Vattenfall ebenfalls am Donnerstag mitteilte, musste das Unternehmen im dritten Quartal einen Verlust von 1,94 Milliarden Euro verbuchen.

Hall machte keine Angaben, ob Vattenfall die Investitionen für die geplante Erweiterung des sächsischen Tagebaus Nochten noch bewilligt. Dort müsste das Unternehmen in den nächsten Monaten mehr als eine Milliarden Euro investieren, damit der Kohleabbau nicht ins Stocken gerät. Die einige Jahre später geplante Erweiterung des Tagebaus Welzow–Süd, für die jüngst Brandenburgs rot-rote Regierung den Weg frei machte, läge wohl beim neuen Eigentümer. Wie lange die Käufersuche dauert, ließ Hall offen: „Wir stehen noch am Anfang.“

Kauf durch das Land steht nicht zur Debatte

Diese Ungewissheit kritisierte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. „Offenbar bestehen sowohl in der Unternehmensführung als auch beim Eigentümer weiterhin nur vage Vorstellungen zur zukünftigen Ausrichtung des Unternehmens“, sagte Woidke. Das sei „unbefriedigend“. Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) betonte, gerade ein Staatsunternehmen sei in der Bringschuld, für Klarheit zu sorgen. Ein Kauf der Braunkohleindustrie durch das Land steht – trotz erster Planspiele in der rot-roten Regierung vor einigen Monaten – nach Tagesspiegel-Informationen aber nicht zur Debatte. Woidke betonte jedoch, dass auch ein Verkauf nichts an der Bedeutung der Braunkohle ändere. „Die Braunkohleverstromung ist und bleibt nach dem Atomausstieg ein unverzichtbarer Baustein der Energiewende in Deutschland.“ Nur so könnten die Bürger und der Industriestandort Deutschland sicher und bezahlbar mit Energie versorgt werden.

Brandenburgs rot-rote Regierung setzt auf Energiegewinnung aus Braunkohle als „Brückentechnologie“, also solange, bis aus erneuerbaren Energien genauso zuverlässig und preiswert rund um die Uhr Strom produziert werden kann. Woidke forderte die Konzernspitze von Vattenfall auf, nun zügig zu Beratungen in die Lausitz zu kommen. Hall sicherte einen „engen Dialog“ Vattenfalls mit Brandenburg und Sachsen zu.

Die Grünen-Landtagsfraktion, Umweltorganisationen wie die Grüne Liga und Greenpeace kritisierten die Verkaufspläne. Es sei zwar zu begrüßen, dass Schwedens neue rot-grüne Regierung den Staatskonzern klimafreundlicher machen will, sagte Greenpeace-Energie-Experte Karsten Smid. „Aber um dieses Ziel zu erreichen, kann Konzernchef Magnus Hall nicht einfach das klimaschädliche Braunkohlegeschäft verkaufen.“ Ein Verkauf löse nicht das Problem, sondern reiche es lediglich weiter. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel warnte, ein Verkauf helfe zwar der Klimabilanz Schwedens, aber nicht dem Weltklima.

"Jetzt wird endlich das vollzogen, was seit Jahren notwendig ist"

Dagegen begrüßte Ulrich Freese, Arbeitnehmer-Vertreter und stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der betroffenen Tochterfirmen Vattenfall Mining und Vattenfall Generation, den geplanten Verkauf. „Es ist gut, dass in Schweden nun entschieden worden ist“, das Signal sei klar und deutlich. „Jetzt wird endlich das vollzogen, was seit Jahren notwendig ist.“ Vattenfall habe zwar „mit der Kohle immer Kohle gemacht“, aber nie richtig hinter dem Energieträger gestanden. Er sei sicher, dass die Belegschaft einen Verkauf gelassen aufnehme.

Der Vorsitzende der Bergbaugewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, sieht nun „eine neue Chance für die Beschäftigten und die Region“, allerdings nur unter der Bedingung, dass die Lausitzer Braunkohlesparte nicht zerschlagen werde, sondern als Ganzes einen neuen Eigentümer bekomme.

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