Der E-Bike-Boom: Radfahrer unter Strom
Der Trend zum Elektrobike beschleunigt sich – die Fahrradbranche freut sich über gute Geschäfte. Auch Fahrräder ohne Hilfsmotor verkaufen sich glänzend.
Auf dem Automarkt kommen Elektrofahrzeuge nicht aus der Nische – auf dem Fahrradmarkt hingegen sind sie längst ein Massenphänomen. 2,5 Millionen Räder mit Elektromotor sind auf deutschen Straßen unterwegs, das ist bei insgesamt 72 Millionen Fahrrädern hierzulande ein Marktanteil von 12,5 Prozent. Zum Vergleich: Elektroautos machen gerade mal 0,05 Prozent des Pkw-Bestandes in Deutschland aus.
„Der Elektroantrieb beflügelt den Markt“, sagte Siegfried Neuberger, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) am Dienstag in Berlin. Die eigenen Erwartungen seien übertroffen worden. Hersteller und Handel verbuchten im vergangenen Jahr steigende Verkaufszahlen und Umsätze. 535 000 neue E-Bikes wurden verkauft, zwölf Prozent mehr als im Jahr zuvor.
Mehr Auswahl, bessere Technik
Der Trend zum Fahrrad mit elektrischem Hilfsmotor ist zwar nicht neu. 2015 wurde die Branche aber buchstäblich unter Strom gesetzt. „Die Vielfalt hat stark zugenommen“, begründete ZIV-Geschäftsführer Neuberger die lebhafte Nachfrage. Neben klassischen Pedelecs gebe es inzwischen ein breites Sortiment an sportlichen E-Bikes, Mountainbikes oder elektrischen Transporträdern. Die Zeiten klobiger Elektro-Drahtesel sind vorbei. Das Design ist interessanter, Batterie- und Anstriebstechnologie sind moderner und kompakter geworden. Der Handel freut sich über „stabile bis steigende“ Preise für die hochwertigen Produkte, wie Thomas Kunz, Geschäftsführer des Handelsverbands Zweirad (VDZ), sagte. 30 Prozent seines Umsatzes mache der Fahrradhandel inzwischen mit E-Bikes – fast 1,3 Milliarden Euro. Auch die Hersteller sind elektrisiert: Die E-Bike- Produktion stieg 2015 um 20 Prozent, der Export um 37 Prozent, der Import gar um 60 Prozent.
Dank des freundlichen Wetters war 2015 insgesamt ein gutes Fahrradjahr. Der Umsatz mit Fahrrädern und E-Bikes stieg nach Schätzungen des Zweirad-Industrie-Verbands insgesamt um zwölf Prozent auf 2,42 Milliarden Euro. Die Branche verkaufte 4,35 Millionen Fahrräder, 6,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Durchschnittlich ließen sich die Kunden ihre neuen Räder 557 Euro kosten. Den Anstieg um 5,5 Prozent erklärte der Verband mit höherwertiger Ausstattung und dem höheren Anteil von E-Bikes. Zufrieden sind auch die deutschen Komponenten- und Zubehörhersteller. Zusammen mit Industrie und Handel kommt die Zweiradindustrie auf einen geschätzten Jahresumsatz von fünf Milliarden Euro.
Auch für E-Bikes soll es eine Kaufprämie geben
Beim Thema Elektromobilität will sich der Verband nicht mit dem großen Erfolg der E-Bikes zufrieden geben. Entscheide sich die Bundesregierung für Kaufprämien für Elektroautos, werde auch die Fahrradbranche den Finger heben. „Dann werden wir fordern, dass auch E-Bikes gefördert werden“, sagte ZIV-Geschäftsführer Neuberger. Es sei nicht einzusehen, warum nur Autos, nicht aber das „menschliche Hybridfahrzeug Fahrrad“ unterstützt würden.
Ohnehin sei die Politik stärker gefordert, etwa beim Ausbau der Infrastruktur. Radwege müssten an die stärkere Nutzung von Rädern im Alltagsverkehr angepasst werden – nicht nur in den Städten. Für E-Bikes gebe es zudem zu wenig sichere, öffentliche Abstellanlagen. Schnelle Elektroräder, die 40 km/h schaffen, sollten nach Vorstellung des ZIV auf geeigneten Radwegen freie Fahrt haben.