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Russland hat sich finanziell offenbar über Jahre auf so eine Situation vorbereitet.
© Dimitar DILKOFF / AFP
Update

Russlands Goldreserven aufgestockt: Putin hat über Jahre finanziell für so eine Situation vorgesorgt

Die Börsen brechen ein, doch die russische Staatskasse ist prall gefüllt, wie lange nicht. Kann das Land damit sogar zwei Jahre ohne Exporteinnahmen überstehen?

Der Einmarsch Russlands in der Ukraine hat die Börsen weltweit abstürzen lassen. Der deutsche Leitindex Dax verlor am Donnerstagmorgen rund 4 Prozent und unterschritt damit zeitweise die Marke von 14.000 Punkten. Im Tagesverlauf ging es nur noch leicht bergauf.

Es ist der tiefste Stand seit vergangenem März. In Asien rutschen die Börsen in Tokio und Shanghai um jeweils etwa zwei Prozent ab - sie konnten die Invasion wegen der Zeitverschiebung live einpreisen. Der Ölpreis sprang erstmals seit 2014 über die Marke von 100 Dollar je Barrel (159 Liter).

Vor allem hat Russlands Präsident Wladimir Putin mit seiner Entscheidung für einen Krieg aber die heimischen Märkte getroffen. Der russische Rubel sank auf ein Rekordtief und verlor gegenüber dem Euro und dem US-Dollar rund zehn Prozent. Noch deutlicher war die Reaktion des Moskauer Leitindex RTS: Der Kurs stürzte am Vormittag um 50 Prozent ab. Daraufhin wurde der Handel ausgesetzt. Nach Wiederaufnahme konnte sich der Kurs am Mittag auf einem Minus von 33 Prozent stabilisieren, sank am Nachmittag aber erneut ab.

Auch die größten Aktien des Landes, wie zum Beispiel die Bank Sberbank oder die Energieunternehmen Gazprom und Lukoil Waren vor der Aussetzung um rund 30 Prozent gefallen. Gazproms Papiere lagen auch am Mittag noch rund 30 Prozent im Minus.

Russische Notenbank will eingreifen

Dass diese auch die russische Wirtschaft empfindlich trifft, zeigt die Tatsache, dass sich die Zentralbank sofort zu Wort meldete. Sie kündigte an, erstmals seit 2014 wieder mit Stützungskäufen in den Markt einzugreifen. Außerdem kündigten die russischen Notenbanker an, dass die Liste von Sicherheiten, die gegen Zentralbankgeld akzeptiert werden, erweitert werde. Für die Banken des Landes wurden zusätzliche Liquiditätshilfen von rund einer Billion Rubel (etwa elf Milliarden Euro) in Aussicht gestellt.

Doch Russlands Präsident wähnt sich gegen wirtschaftliche Schäden immun. Denn er hat über Jahre vorgesorgt und die Staatskasse mit Devisen, vor allem aber mit Gold, prall gefüllt. Laut offiziellen Angaben liegen die Goldreserven Moskaus derzeit bei rund 132 Milliarden US-Dollar. Noch 2014, bei der Annektion der Krim, waren es nur etwa 42 Milliarden. Seitdem hat Putin alles daran getan, die Sparreserven zu erhöhen.

Alle Devisen zusammengenommen summiert sich die russische Reserve auf 630 Milliarden US-Dollar. Noch 2015 waren es nur etwa 370 Milliarden Dollar.

Legt man zugrunde, dass Russland im Jahr 2020 Waren im Wert von rund 320 Milliarden Dollar exportiert hat, könnte der Kreml somit aufgrund der aktuellen Bankreserven zwei Jahre ganz ohne Außenhandel wirtschaftlich überstehen. "Russland ist so gut vorbereitet wie nie zuvor", sagte der freie Finanz- und Wirtschaftsexperte Folker Hellmeyer der "Welt".

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An den Börsen im Westen sorgt das für noch mehr Unsicherheit. Doch wie genau sehen die Szenarien aus, die hinter den Kurseinbrüchen stehen?

In Frankfurt ist der Dax am Morgen nach der russischen Invasion mit rund 4 Prozent im Minus gestartet.
In Frankfurt ist der Dax am Morgen nach der russischen Invasion mit rund 4 Prozent im Minus gestartet.
© Arne Dedert/dpa

„Anleger flüchten in sichere Häfen wie Bundesanleihen, deren Rendite deutlich nachgegeben hat“, kommentiert Michael Holstein, Chefökonom der DZ Bank die Reaktion an den Märkten. Die Inflationsrate werde wohl zumindest kurzfristig noch weiter steigen, skizziert er die weiteren Auswirkungen.

„Vor allem über eine weiter steigende Energierechnung für die Verbraucher.“ Die Folge für die Konjunktur: „Das schwächt deren Kaufkraft und tendenziell die Nachfrage von Haushalten nach anderen Gütern und erhöht die Kosten auch für die Unternehmen“, meint Holstein.

Deutsche Wirtschaft unterstützt Sanktionen

Aus Sicht von Carsten Fritsch von der Commerzbank ist eine drohende Angebotsverknappung auf dem Energiemarkt der Grund für Sorgen an den Börsen. „Sollten die Sanktionen den Zahlungsverkehr, russische Banken und möglicherweise auch die Versicherung der russischen Öl- und Gaslieferungen betreffen, sind Lieferausfälle nicht auszuschließen“, erklärt er.

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Die deutsche Wirtschaft stellt sich auf erhebliche Rückschläge ein. „Die wirtschaftlichen Folgen dieser Invasion sind noch nicht absehbar, sie sind aber ganz sicherlich schwerwiegend“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Peter Adrian, der Deutschen Presse-Agentur.

Deutschlands exportorientierte Maschinenbauer rechnen damit, dass Strafmaßnahmen gegen Russland auch ihr Geschäft treffen werden. Der Präsident des Branchenverbandes VDMA, Karl Haeusgen, betonte aber zugleich: „Der VDMA unterstützt die Entscheidung, die Aggression hart zu sanktionieren.“

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