Rentenreform: Pläne der Regierung zur Betriebsrente reichen nicht aus
Die neue Betriebsrente kommt. Am heutigen Montag werden die Details vorgestellt. Aber die Pläne der Regierung gehen nicht weit genug. Dabei hat Hessen ein gutes Modell vorgeschlagen. Ein Kommentar.
Früher war die Welt noch in Ordnung – zumindest für Menschen, die ein Leben lang gearbeitet hatten. Sie bekamen im Ruhestand nicht nur eine Rente aus der Rentenkasse, sondern oft noch ein Zubrot vom Arbeitgeber als Dank für die jahrzehntelange Schufterei, die Betriebsrente. Mit beiden zusammen ließ es sich in der Regel gut leben.
Diese Zeiten sind vorbei. Das gesetzliche Rentenniveau sinkt. 47,8 Prozent des Lohns bekommt ein Durchschnittsverdiener heute nach 45 Beitragsjahren an Rente. Nicht viel, könnte man sagen, doch es kommt noch schlimmer. 2045 werden es nämlich nur noch 41,6 Prozent sein, hat das Bundesarbeitsministerium vor einigen Monaten ausgerechnet.
Kein Wunder, dass viele Angst haben, im Alter abzustürzen und nach einem langen Berufsleben von der Grundsicherung abhängig zu sein. Die Politik, die Wohlfahrtsverbände und die Sozialpartner wollen das verhindern. Aber wie? Die gesetzliche Rente leidet darunter, dass immer weniger Berufstätige immer mehr Rentner finanzieren müssen. Und die Riester-Rente, die einst erfunden wurde, die Rentenlücke zu schließen, produziert nur Mickerrenten.
Wichtig, aber kompliziert
Bleibt die gute, alte Betriebsrente. Nach langen Querelen hat sich die große Koalition jetzt auf eine Reform geeinigt. An diesem Montag sollen die Details vorgestellt werden, am Donnerstag ist der Bundestag damit befasst. Das Ziel: Viel mehr Arbeitnehmer sollen künftig eine Firmenrente bekommen, vor allem Geringverdiener. Das ist auch nötig. Denn in kleinen und mittleren Betrieben gehen die meisten Arbeitnehmer leer aus. Dass heute 57 Prozent der Beschäftigten eine Anwartschaft auf eine Firmenrente haben, liegt vor allem an den großen Unternehmen, die eigene Versorgungseinrichtungen haben, und an den großen Versorgungswerken in der Metall- und der Chemieindustrie.
Die Betriebsrente ist wichtig, aber kompliziert. Manchmal schießt der Arbeitgeber etwas zu, oft zahlen die Arbeitnehmer alles aus eigener Tasche. Es gibt jede Menge Pensionskassen und -fonds, Versicherungen und Unterstützungskassen, ein Wirrwarr verschiedener Anbieter. Für Beschäftigte kann das zum Problem werden, wenn sie nicht – wie früher üblich – ihr gesamtes Berufsleben an einer Stelle verbringen, sondern den Arbeitgeber oder gar die Branche wechseln.
Die Politik will den vielen Angeboten nun ein weiteres hinzufügen. Arbeitgeber und Gewerkschaften sollen in Tarifverträgen Sozialpartnerschaften beschließen dürfen. Für die Arbeitnehmer hat das Vor- und Nachteile: Sie können darauf hoffen, dass sich die Arbeitgeber flächendeckend an den Beiträgen beteiligen. Um den Firmen die Rente schmackhaft zu machen, sollen die Unternehmen aber aus der Haftung entlassen werden, für Mindestrenditen zu sorgen. Das Kapitalrisiko tragen die Beschäftigten, in Zeiten der nicht enden wollenden Niedrigzinsen eine nicht zu unterschätzende Last.
In dem Bestreben, vor dem Wahlkampf eine Lösung zu präsentieren, hat die Politik auf den großen Wurf verzichtet, leider. Denn wer die Betriebsrenten zu einer stabilen zweiten Säule ausbauen will, sollte weitergehen: Jeder Arbeitnehmer sollte – wie in der Schweiz – mit dem Arbeitsvertrag in das System einbezogen werden, es sei denn, er entscheidet sich bewusst dagegen. Jeder Arbeitgeber soll zahlen, egal ob tarifgebunden oder nicht.
Hessen hat ein passendes Modell dafür vorgeschlagen, die „Deutschland-Rente“: ein zentraler Fonds, der vom Staat verwaltet wird. Niemand fällt aus dem System heraus, und die Fondsmanager haben aufgrund der großen Masse die nötigen Spielräume, das Geld breiter zu streuen und profitabler anzulegen als bisher. Der Staat hat es zudem in der Hand, mit Zuschüssen die Renditen weiter zu steigern. Die niedrigen Zinsen haben den öffentlichen Kassen in den vergangenen Jahren Milliardenausgaben bei den Staatsschulden erspart – den Bürgern aber die Altersvorsorge erschwert. Höchste Zeit, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen.
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