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Demnächst wieder an der Ostsee: Im April sollte das möglich sein, meint Hotelchef Guido Zöllick.
© dpa

Dehoga-Chef im Interview: „Ostern sollten wir öffnen können“

Guido Zöllick, Hotelchef an der Ostsee und Präsident des Branchenverbandes Dehoga, über Staatshilfen und das Ende des Lockdowns.

Herr Zöllick, was passiert gerade in Ihrem Hotel Neptun?

Alles ist dunkel, kalt und abgedeckt. Wir nutzen die Zeit für Pflege- und Instandhaltungsarbeiten. Jetzt kommt man eben auch in Ecken, die normalerweise nur schwer zugänglich sind.

Die Angestellten sind alle in Kurzarbeit?
Ja. Es gibt ein Not-Team im Hotel, um den Kontakt zu den Gästen zu gewährleisten. Wir telefonieren und schreiben mit unseren Gästen und nehmen natürlich auch Reservierungen entgegen. Aber das alles nur auf kleiner Flamme.

Was machen die Azubis?
Wir beschäftigen im Hotel etwa 300 Mitarbeiter und 60 Auszubildende in den unterschiedlichsten Berufen. Im vergangenen Herbst haben 20 junge Leute bei uns die Ausbildung begonnen, das sind ebenso viele wie in normalen Jahren. Die Ausbildung läuft also aktuell ebenso weiter wie auch die Berufsschule. Wir holen die Azubis in Gruppen zu verschiedenen Tätigkeiten oder Workshops ins Haus.

Im Moment ist eine Öffnung nicht in Sicht. Buchen trotzdem Kunden für Ostern?
Ja. Es sind aber deutlich weniger als im ersten Lockdown vor einem Jahr, da waren die Leute forscher und vielleicht unbedarfter, weil sie sich nicht vorstellen konnten, dass es schwierig wird. Aktuell sehen wir eine größere Zurückhaltung. Sobald wir Klarheit haben darüber, wann und wie wir öffnen dürften, geht es los, da bin ich ganz sicher.

Sie hoffen auf Ostern?
Anfang April oder vielleicht sogar etwas früher sollten wir wieder Gäste empfangen können. Wenn es Ostern losgeht, dann müssen wir das etwa zwei Wochen früher wissen, um den ganzen Apparat in Schwung zu bringen und die Lieferkette aufzubauen.

Und wenn der Sommer so läuft wie 2020, dann ist auch das Neptun ganz gut durch die Krisen gekommen?
Der Sommer war gut, aber nicht herausragend. Wir hatten ja nur eine Kapazität von 85 Prozent zur Verfügung, weil die Hygiene- und Abstandskonzepte nicht mehr zuließen. Die Nachfrage war da, aber wir konnten nicht Volllast fahren.

Guido Zöllick,  1970 in Rostock geboren, leitet das Hotel Neptun in Warnemünde. Als Präsident führt Zöllick ehrenamtlich den Hotel- und Gaststättenverband Dehoga.
Guido Zöllick, 1970 in Rostock geboren, leitet das Hotel Neptun in Warnemünde. Als Präsident führt Zöllick ehrenamtlich den Hotel- und Gaststättenverband Dehoga.
© promo

Haben die höheren Preise einen Teil dieser Einbußen ausgeglichen?
Die Preise sind etwas gestiegen und die Gäste haben im Haus auch mehr Geld ausgegeben. Alles in allem hatten wir an der Küste einen guten Sommer und konnten uns etwas aus dem Lockdown rausarbeiten. Doch das Niveau der Vorjahre kann man nicht erreichen, wenn jeder zweite Stuhl frei bleiben muss.

Hat das Neptun Staatshilfen bekommen?
Nein, keinen einzigen Cent. Wir sind zu groß und gehören dazu auch noch zu einer Hotelgruppe, sodass wir über alle Grenzen hinausschießen. Jetzt gerade hat die EU-Kommission das Hilfsprogramm auch für größere Betriebe freigegeben, sodass wir womöglich doch noch etwas bekommen. Bis heute haben wir aber nicht einmal einen Antrag stellen können. Wir nutzen natürlich das Kurzarbeitergeld, und das funktioniert super.

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Der letzten Umfrage im Januar zufolge zieht ein Viertel aller Gastbetriebe die Stilllegung oder Insolvenz in Betracht, und zwar auch wegen des zähen Flusses der Hilfsgelder. Läuft das inzwischen besser?
Ja, das muss man wirklich sagen. Es hat lange gedauert, aber seit 12. Januar erfolgt die Auszahlung der vollständigen Novemberhilfe. Bei über der Hälfte der kleineren Betriebe ist das Geld auch eingegangen. Auch die Auszahlung der Dezemberhilfe läuft an. Jetzt ist wichtig, dass auch die größeren Unternehmen schnell ihre Anträge stellen können.

Vertreibt das die Existenzängste?
Nein. Die Mittel, die jetzt kommen, stopfen nur Löcher. Die Angst, die Krise nicht zu überstehen, ist überhaupt noch nicht weg, weil auch die Perspektive fehlt.

Die Mehrwertsteuersenkung gilt nicht für Getränke, sodass Kneipen, Bars und Diskotheken nicht profitieren. Das ärgert den Dehoga.
Die Mehrwertsteuersenkung gilt nicht für Getränke, sodass Kneipen, Bars und Diskotheken nicht profitieren. Das ärgert den Dehoga.
© imago images/Joko

Sie haben immerhin die verlängerte Mehrwertsteuersenkung auf Speisen bis Ende 2022 als „Mutmacher“ gelobt.
Das ist ein positives Signal. Und wenn die Unternehmen wieder Umsätze machen, haben sie auch mittelfristig die Chance, ihre Kredite zu tilgen. Wobei wir der Ansicht sind, dass die Getränke einbezogen werden müssten. Wenn das nur für Speisen gilt, geht die Hilfe an vielen Betrieben vorbei: Kneipen und Clubs, Bars und Diskotheken. Die meisten von denen sind seit März geschlossen und könnten eine Steuersenkung für den Neustart sehr, sehr gut gebrauchen.

Warum versteht das die Politik nicht?
Da müssen Sie die Politik fragen. Wie wir wissen, ist es nie einfach, Steuersenkungen durchzusetzen.

Was ist Ihre Erwartung an die Ministerpräsidentenkonferenz nächste Woche?
Ich erwarte einen konkreten Fahrplan mit Öffnungsszenarien, in denen auch Hotellerie und Gastronomie berücksichtigt sind. Bei welchen Werten ist was möglich? Wann kann die Gastronomie aufmachen? Wann darf der Tourismus starten?

Wie ist aktuell die Inzidenz bei Ihnen in Rostock-Warnemünde?
Um die 40. Toi, toi, toi – bislang sind wir total gut durchgekommen.

Dann sollte Ostern klappen.
Ich denke auch. Aber wir müssen eben mit Bedacht vorgehen, damit wir uns das Virus nicht von außen reinholen. Dazu gehört eben auch, dass wir nur Hotelgäste ins Haus lassen.

Gab es bislang keine Infektionen im Hotel?
Einen einzigen Fall im vergangenen Jahr – ein Mitarbeiter hatte das Virus aus dem Urlaub mitgebracht und ist direkt in Quarantäne gegangen.

Werden die Sicherheitskonzepte in diesem Frühjahr anders aussehen als 2020?
Womöglich kommen Schnelltests für die Mitarbeiter und Gäste dazu. Wir haben aber noch keinen Partner, mit dem wir das machen können, und die Finanzierung ist auch noch nicht geklärt.

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