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IG Metall-Mitglied muss man sein, wenn man VW-Personalchef werden will. Das trifft auf Gunnar Kilian zu.
© dpa

VW-Vorstand: Osterlohs Mann

Gunnar Kilian soll Karlheinz Blessing als VW-Personalvorstand ersetzen. Das ist Voraussetzung für den Aufstieg von Herbert Diess zum Konzernchef.

Berlin - Spricht man VW-Kenner auf die Eignung Gunnar Kilians für das Amt des Personalchefs an, dann gibt es eine VW-spezifische Antwort: „Der gehört zum OMK.“ OMK steht für oberer Managementkreis, zu dem im Weltkonzern gut 1500 der mehr als 600 000 Beschäftigten zählen. Darüber stehen nur noch die Mitglieder des TMK – des Top Managerkreises – mit rund 100 Vorständen und Bereichsverantwortlichen.

Der Betriebsratsmanager Kilian soll am Freitag vom Aufsichtsrat in den TMK befördert werden. Ein bemerkenswerter Karrieresprung für einen gelernten Journalisten, der sich über viele Jahre als Taschenträger von VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh profilierte und als dessen engster Vertrauter nun eine Schlüsselposition im Vorstand des weltgrößten Autoherstellers besetzt. Es geht bei Volkswagen zu wie bei Hofe: Eine Intrige hier, ein Abkommen da, und dann entscheidet ein kleiner Kreis über die wichtigsten Posten. Osterloh hatte schon seit längerem Personalvorstand Karlheinz Blessing, der auf dem Ticket von IG Metall und Betriebsrat aus dem Saarland (Dillinger Hütte, Saarstahl) vor gut zwei Jahren nach Wolfsburg gekommen war, zum Abschuss freigegeben. Dieser hatte sich angeblich zu lau für die Belange der Belegschaft eingesetzt. Und jetzt, wo Konzernchef Matthias Müller keine Lust mehr hat und durch Markenchef Herbert Diess ersetzt wird, nutzt der Aufsichtsrat mit Osterloh und IG Metall-Chef Jörg Hofmann die Gelegenheit, um Blessing loszuwerden und durch Kilian zu ersetzen.

Diess darf Vorstandschef werden, wenn Kilian Personalvorstand wird. So funktioniert die Machtaufteilung bei VW, wo der Betriebsrat so mächtig ist wie in keiner anderen Firma. Das war schon so unter Klaus Volkert, Osterlohs Vorgänger, der sich prima verstand mit dem damaligen Personalvorstand Peter Hartz und wie dieser im Zusammenhang mit der Affäre um Luxusreisen und Prostituierte 2005 zurücktreten musste. Seitdem regiert Osterloh in Wolfsburg – ruppig und unangefochten.

Den Dieselbetrug hat der Betriebsratsvorsitzende ebenso gut überstanden wie Ermittlungen wegen seines Gehalts. Martin Winterkorn musste im Herbst 2015 vom Amt des Vorstandsvorsitzenden zurücktreten – gegen den Widerstand von Osterloh. Der Einsatz für „Wiko“ trug mit dazu bei, dass Osterloh ein paar Monate später nicht Personalvorstand wurde: Auf den letzten Metern hatten die Familien Piëch und Porsche, die die Mehrheit an Volkswagen halten, doch noch Bedenken – und Osterloh blieb auf seinem Betriebsratsposten mit einem Jahreseinkommen von rund 200 000 Euro. Da steht sich sein Gehilfe Kilian demnächst besser: Das Gehalt des Personalvorstands beträgt mehr als fünf Millionen Euro.

Nicht weniger bemerkenswert als der Aufstand Kilians ist die Bestellung von Herbert Diess zum Vorstandsvorsitzenden. Vor anderthalb Jahren deutete alles auf ein Scheitern des Managers hin, der 2015 von BMW zu VW gekommen war. Osterloh wollte den forschen Kostensparer wieder los werden, doch dann verständigten sich die Kontrahenten mit Ach und Krach auf ein Sparprogramm für das größte Sorgenkind im Konzern, die Pkw- Marke VW. Inzwischen läuft es, der sozialverträgliche Abbau vieler Tausender Stellen entlastet die Marke, die Prozesse sind effizienter geworden. Und mit Diess zusammen will Osterloh den Konzern in die elektromobile Zukunft steuern. Die Gleichteilestrategie schafft dafür den nötigen finanziellen Spielraum in dem Zwölf-Marken-Konzern, der 2017 fast elf Millionen Fahrzeuge baut. Müller hatte dazu keine Lust mehr. Zweieinhalb Jahre hat er sich mit den Folgen des Dieselbetrugs rumgeschlagen und dabei nicht immer glücklich agiert, zum Beispiel in der Kommunikation.

Und Karlheinz Blessing? Für die harte Wolfsburger Szene sei er womöglich zu intellektuell gewesen, mutmaßen manche. Der Hochbegabte war nach seiner Promotion (im Alter von 26) Mitte der 1980er Jahre die rechte Hand des IG Metall-Vorsitzenden Franz Steinkühler und hatte (unter Björn Engholm) auch mal als Bundesgeschäftsführer der SPD gedient. In die Wolfsburger Welt passte er nicht; Blessing bliebt unauffällig und setzte keine Impulse. Zur Transformation vom Verbrennungsmotor zur Elektromobilität und den damit zusammenhängenden Herausforderungen für die Beschäftigten viel ihm nicht viel ein. Damit kann sich jetzt Gunnar Kilian beschäftigten. Er kennt das große Haus gut. Und er hat vermutlich ein paar Tricks und Finten beim großen Alten gelernt: 2013 und 2014 arbeitete Kilian für den damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piëch in Salzburg. Alfons Frese

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