Zulassungszahlen: „Opel wird zur Nischenmarke“
Seit Jahresbeginn wurden 5,5 Prozent weniger Autos von Opel zugelassen. Doch eigentlich seien die Zahlen noch schlechter, so Experte Dudenhöffer.
Ob der Mai einigermaßen gut gelaufen ist, stellt sich in wenigen Tagen heraus, wenn das Kraftfahrtbundesamt die neuen Zulassungszahlen veröffentlicht. Der April hat Opel in Deutschland ein Plus von gut drei Prozent auf 19.970 verkaufte Autos gebracht, was einem Marktanteil von 6,4 Prozent entspricht. Von Januar bis April sieht es bei einem Zulassungsminus von 5,5 Prozent auf 77.699 Einheiten weniger gut aus.
Bei genauerem Blick freilich ist die Bilanz nach Ansicht von Ferdinand Dudenhöffer, Auto-Experte der Universität Duisburg-Essen, noch schlechter. Grund: Die sehr hohen Eigenzulassungen von neuen Opel-Pkw auf den Hersteller selbst und auf Opel-Händler. Währenddessen ringen Betriebsrat und IG Metall mit Opel und der Opel-Mutter PSA weiter um feste Produktionszusagen für die deutschen Opel-Werke.
Auch in Europa laufen die Verkäufe von Opel-Pkw und der britischen Schwestermarke Vauxhall verhalten. Im April waren es mit 71.446 nach Angaben des europäischen Autohersteller-Verbandes ACEA rund 1,5 Prozent mehr, von Januar bis April dagegen gingen die Neuzulassungen in Europa um sieben Prozent oder 24.200 Einheiten auf 317.471 zurück. Der Marktanteil sank von 6,4 auf 5,8 Prozent. Das kann PSA-Chef Carlos Tavares nicht gefallen.
Zulassungszahlen auf "historischem Tief"
Die Zulassungszahlen markieren, sagt Dudenhöffer, ein historisches Tief. „Dabei bläht Opel seine Neuwagenzulassungen mit hohen Eigenzulassungen auf“, schreibt er in einer neuen Studie. Im April und auch im Schnitt der ersten vier Monate habe dieser Anteil bei 40 Prozent gelegen. Bei Ford betrage diese Quote nur 17,5 Prozent, vernünftig und richtig zur Ankurbelung der regulären Verkäufe seien 15 Prozent. Klammert man die Eigenzulassungen bei den Herstellern aus, sinkt der Marktanteil von Opel in Deutschland in den ersten vier Monaten der Analyse zufolge von 6,5 auf 5,5 Prozent. Für Ford steigt er von 7,5 auf 8,7 Prozent.
Eigenzulassungen werden von Händlern meist nach kurzer Zeit mit hohen Rabatten verkauft. Deshalb ist, sagt der Auto-Experte, nicht erkennbar, dass Opel auch mehr als sechs Monate nach der Übernahme durch PSA mit besseren Margen und profitabler arbeite. Im Gegenteil: „Opel wird zu Nischenmarke“.
Ein Opel-Sprecher sagte dem Tagesspiegel: "Fakt ist, dass wir jetzt konsequent dem Grundsatz folgen, dass wir nur noch Geschäfte machen, die sich wirklich lohnen. Deswegen haben wir uns bewusst entschieden, unprofitable Verkaufskanäle zu meiden. Wir steigern erfolgreich die Ertragskraft pro verkauftem Auto, selbst wenn das auf Kosten der Marktanteile geht."
Auch der Verkaufserfolg neuer Opel-Modelle wie den SUV-Fahrzeugen Crossland und Grandland ist nach Ansicht von Dudenhöffer überschaubar, zumal jüngste Vergleichstests mit ähnlichen Modellen anderer Hersteller schlecht ausgefallen seien. Offenbar träfen die neuen Modelle weniger den Geschmack der klassischen Opel-Klientel. „Zusätzlich hat Opel eine Durststrecke bei neuen Modellen“. Erst 2019 komme der Nachfolger des wichtigen Kleinwagens Corsa. Die Folge: Der Marktanteil von Opel in Deutschland, befürchtet Dudenhöffer, sinkt 2019 unter fünf Prozent.
Zu neuen Modellen sagte der Opel-Sprecher: "Sie sind erfolgreich gestartet: Für den Grandland X liegen uns bereits mehr als 75.000 Bestellungen vor, für den günstigeren Crossland X sogar 115.000 Bestellungen seit Verkaufsstart."
Werden die deutschen Opel-Werke noch gebraucht?
Diese schwierige Lage erhöhe den Druck auf Opel. „Die große Nervosität bei der IG Metall, den Politikern und beim Betriebsrat ist nachvollziehbar“. Man müsse befürchten, dass Opel unter der Regie von PSA zu einer Hülle „degeneriert“. Die Werke Eisenach, Kaiserslautern und selbst Rüsselsheim würden in einem solchen Geschäftsmodell nicht gebraucht, schreibt Dudenhöffer.
Unterdessen hält die IG Metall der Opel-Geschäftsführung unter Michael Lohscheller die bewusste Verunsicherung der Belegschaft vor. Jörg Köhlinger, Chef des Gewerkschaftsbezirks Mitte, sagte Ende vergangener Woche, dem Management sei offenbar vor allem daran gelegen, so viele Beschäftigte wie eben möglich über Altersteilzeit und Abfindungsprogramme loszuwerden.
Bis Mitte April hatten, so der Betriebsrat, bereits 2.000 Opelaner entsprechende Angebote angenommen. Bis 2020 rechnet Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug mit 4.000. Damit wären die Forderungen von PSA-Chef Tavares übererfüllt, bis dahin 3.700 Stellen zu streichen. Schäfer-Klug fürchtet, dass Opel allmählich die Beschäftigten fehlen, um Aufträge abarbeiten zu können. Anfang Mai verweigerte der Betriebsrat seine Zustimmung zu mehreren Aufhebungsverträgen.
Betriebsrat und IG Metall pochen in den Verhandlungen auf konkrete Produktionszusagen für die Standorte in Deutschland und die 19.000 Beschäftigten. Opel und PSA sehen dafür die Wettbewerbsfähigkeit der Fabriken als Voraussetzung. In dieser Woche soll weiter verhandelt werden. Wenn es nicht zu Fortschritten komme, könnte der Konflikt rasch eskalieren, warnt Köhlinger.
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