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Novartis sieht sich in "sozialer Verantwortung".
© Arnd Wiegmann/Reuters

Zolgensma für 100 schwerkranke Kinder: Novartis will teuerstes Medikament der Welt kostenlos verteilen

Die spinale Muskelatrophie führt in der schwersten Form bei Kleinkindern zum Tod. Der Konzern Novartis legt ein Hilfsprogramm auf – daran gibt es auch Kritik.

Das Schweizer Pharmaunternehmen Novartis will Zolgensma – das mit 2,1 Millionen Dollar teuerste Medikament der Welt – im kommenden Jahr weltweit ausgewählten Patienten kostenlos zur Verfügung stellen. Bis Juni sollen 50 Dosen für Kinder unter zwei Jahren bereitgestellt werden, insgesamt soll die Arznei im nächsten Jahr bis zu 100 Mal verteilt werden, wie Novartis am Donnerstag mitteilte.

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Das Hilfsprogramm richtet sich an Länder, in denen das Mittel noch nicht zugelassen ist – also auch Deutschland. Die Gentherapie wird zur Behandlung der Spinalen Muskelatrophie (SMA) eingesetzt, die in ihrer schwersten Form, dem Typ 1, innerhalb der ersten Lebensjahre zum Tod führt und von der in der Bundesrepublik bis zu 90 Neugeborene pro Jahr betroffen sind.

Eine Novartis-Sprecherin erklärte gegenüber dem Tagesspiegel Background „Gesundheit & E-Health“, dass man sich aus „sozialer Verantwortung“ zu dem Schritt entschlossen habe. Die Novartis-Tochter Avexis bekam die Zulassung für Zolgensma in den USA erst im Mai dieses Jahres. Bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA läuft das Verfahren derzeit noch, eine Zulassung wird Novartis zufolge „im ersten Halbjahr 2020“ erwartet.

Behandelt wurden und werden allerdings auch in Deutschland schon Patienten, Ausnahmeregelungen lassen die Erstattung über die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu. Novartis steht auch deshalb deutlich in der Kritik: Die Krankenkassen werfen dem Unternehmen vor, mit medialem Druck Zolgensma in die Versorgung zu pressen, bevor es eine Zulassung gibt und damit Sicherheit über die Chancen und Risiken des Medikaments.

Seit zwei Jahren gibt es bereits eine andere Therapie gegen SMA Typ 1: Spinraza. Das allerdings muss dauerhaft gegeben werden, das Gentherapeutikum Zolgensma soll nach einmaliger Gabe wirken. Man stehe in Deutschland gerade mit den Krankenkassen in Kontakt, so Novartis, „speziell für Deutschland“ eine Lösung zur Abgabe von Zolgensma zu finden, die auch „finanzielle Zugeständnisse an die Krankenkassen beinhaltet“.

Das jetzt aufgelegte globale Härtefallprogramm wurde Novartis zufolge „mit Hilfe eines externen Ethikbeirats entwickelt“. Inwieweit Patienten aus Deutschland eingeschlossen werden können, werde gerade mit der zuständigen Behörde, dem Paul-Ehrlich-Institut, besprochen. Ziel sei es, „eine langfristige Vereinbarung zu finden und das Programm fortlaufend auszuweiten“, so das Unternehmen. „Einzelne Länder werden nicht bevorzugt behandelt.“

Bislang unterhält Avexis eine Fabrik für Zolgensma in den USA – rechnet aber offenbar mit eine deutlichen Anstieg der Nachfrage. „Wir arbeiten pflichtbewusst daran, 2020 zwei weitere Produktionsstätten zu lizensieren“, so die Novartis-Sprecherin. (mit Reuters)

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