Berliner Arbeitsmarkt: Noch 5500 offene Lehrstellen
Weiter positive Nachrichten vom Arbeitsmarkt: Aktuell sind 9000 Berliner weniger arbeitslos als vor einem Jahr. Ein Problem ist die Jugend - die Berliner Wirtschaft fordert mehr Hilfe von den Jobcentern.
Die Arbeitslosigkeit in Berlin sinkt weiter. Im Juli waren zwar noch 204 000 Personen arbeitslos gemeldet, das waren aber gut 8800 weniger als vor einem Jahr. Im Vergleich zum Juni gab es 2700 Arbeitslose mehr, was die Arbeitsagentur mit "saisonalen Gründen" erklärt: Viele junge Leute unter 25 Jahren fanden nach der Ausbildung nicht sofort eine Anschlussbeschäftigung; ferner laufen zur Jahresmitte viele befristeten Arbeitsverträge aus. "Trotz dieser kurzfristigen Besonderheiten sind die Entwicklungen am Arbeitsmarkt erfreulich", meinte Bernd Becking, Geschäftsführer der Regionaldirektion der Agentur für Arbeit. Die Arbeitslosenquote liegt jetzt bei 11,1 Prozent und damit 0,7 Prozent unter dem Vorjahr. Auch bei der Jugend- und der Langzeitarbeitslosigkeit meldete die Agentur einen positiven Trend. Alles in allem wächst die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung weiter, derzeit haben rund 35 000 Berlinerinnen und Berliner mehr einen Job als vor einem Jahr. Damit gibt es auf dem Berliner Arbeitsmarkt größeren Schwung als in den anderen Bundesländern: Die Beschäftigung stieg hier um 2,8 Prozent und damit 1,3 Prozent stärker als im bundesdeutschen Durchschnitt. Allerdings liegt die deutschlandweite Arbeitslosenquote mit 6,6 Prozent noch immer deutlich unter dem Berliner Niveau. Insgesamt waren hierzulande im Juli 2,871 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet.
Wenige Wochen vor Beginn des Ausbildungsjahres am 1. September sind in Berlin noch 5500 Lehrstellen unbesetzt. "Es stehen noch genügend attraktive Ausbildungsstellen zur Verfügung", meinte Becking und appellierte an die Jugendlichen, die noch nicht versorgt sind, sich mit den Berufsberatern in den Agenturen in Verbindung zu setzen. Alles in allem sind derzeit 17 612 junge Leute unter 25 Jahren ohne Arbeit, das sind knapp 2800 weniger als vor einem Jahr. Gut 14 000 Personen nahmen zuletzt an beruflichen Bildungsmaßnahmen teil - zu wenig, wie die Berliner Wirtschaft meint. Die Vereinigung der Unternehmensverbände (UVB) kritisiert den Umgang mit Jugendlichen ohne Berufsausbildung. Obgleich deren Anteil an den arbeitslosen Jugendlichen auf 85 Prozent gestiegen ist, hätten die Jobcenter ihre Ausgaben „für spezielle Maßnahmen“ um 24 Prozent reduziert, kritisieren die UVB. Es geht dabei vor allem um die Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen. Im ersten Halbjahr 2013 gaben die Jobcenter dafür noch 12,5 Millionen Euro aus, um mit dem Geld die Integration von jugendlichen Harz-IV-Empfängern in Berlin zu fördern. In diesem Jahr waren es bislang mehr als drei Millionen Euro weniger.
Arbeitslose Jugendliche ohne Ausbildung seien auf diese Maßnahmen angewiesen, da Betriebe sie „in der Regel nicht einstellen“, wie UVB-Geschäftsführer Alexander Schirp weiß. Wenn die Firmen keine geeigneten Azubis fänden, würden sie die Plätze eher unbesetzt lassen, statt sie mit Arbeitslosen zu besetzen, „bei denen sie unsicher sind, ob sie diese bis zum Bestehen der Abschlussprüfung erfolgreich ausbilden können“. Schirps Schlussfolgerung: Die Jobcenter müssten wieder „dringend umsteuern“ und mehr außerbetriebliche Ausbildungsplätze fördern. Für arbeitslose Jugendliche ohne Ausbildung hätten die Jobcenter „einen Qualifizierungsauftrag“.
"80 Prozent der Jugendlichen sind gescheitert"
Das streitet Olaf Möller, Sprecher der Arbeitsagentur Berlin-Brandenburg, auch nicht ab. Den Rückgang um rund drei Millionen Euro erklärte er mit einer Veränderung der Maßnahme. Bis zum vergangenen Jahr seien die Jugendlichen bei einem Träger gewesen, der dann die komplette überbetriebliche Ausbildung durchgeführt habe. Das habe sich nicht bewährt, „weil 80 Prozent der Jugendlichen in der Maßnahme gescheitert sind“, also die Ausbildung abgebrochen hätten.
Inzwischen habe man Betriebe mit einbezogen. Es gibt zwar immer noch einen Träger, bei dem dürften die Jugendlichen aber nur noch maximal zwei Jahre bleiben, ein Teil der Ausbildung muss in Unternehmen und damit unter realen Bedingungen stattfinden. Daneben führt Möller noch einen anderen Grund an für die geringere Inanspruchnahme der Fördermaßnahme. Die Bezirke hätten ihre Jugendberufshilfe weitgehend eingestellt, sodass die Jobcenter nun selbst erstmal die Eignung der Jugendlichen feststellen müssten. Das halte auf, aber man wolle eben nur Jugendliche in eine Maßnahme stecken, „die es auch schaffen können“, sagte Möller.
Die Jugendarbeitslosigkeit in Berlin ist auf dem niedrigsten Stand seit der Vereinigung. Dennoch sind derzeit 13 000 Jugendliche unter 25 Jahren arbeitslos und auf Hartz IV angewiesen.
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