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Regen in Berlin - ziemlich viel.
© imago/Marius Schwarz

Extremwetterschäden: Nach dem Regen: Pumpen, schippen, wischen - und wer bezahlt?

Nasse Keller und kaputte Autos: Viele Berliner ohne Zusatzversicherung könnten auf den Wetterschäden sitzen bleiben.

So etwas haben Berlin und Brandenburg lange nicht erlebt. Der Wetterdienst Meteogroup spricht von einem Jahrhundertereignis, die Berliner Wasserbetriebe rechnen vor, dass sich solche Unwetter wie die von Donnerstag und Freitag statistisch gesehen nur alle 100 Jahre wiederholen. Zum Glück, dürften all diejenigen sagen, die mit S-, U-Bahn oder Bus gestrandet sind, vergeblich auf ein Taxi gewartet haben, um dann durchnässt nach Hause zu gehen.

Doch obwohl der Regen am Freitag früher als vorhergesagt nachgelassen hat, beginnen für viele Menschen die Probleme jetzt erst: Vollgelaufene Keller, nassgeregnete Möbel oder beschädigte Autos halten Hausbesitzer, Mieter und Autofahrer auf Trab. Die große Frage nach dem Aufräumen und Aufwischen ist, was jetzt als Nächstes zu tun ist und wer für den Schaden aufkommt.

Was kann ich tun, wenn der Keller voll Wasser ist?

Das Wasser muss raus, keine Frage. Denn erst dann können die Versicherungen einen Gutachter schicken, der den Schaden prüft und sagt, was zu tun ist und was das kostet. Doch leider ist es gar nicht so leicht, jemanden zu finden, der den Keller leer pumpt. Die ohnedies überlastete Feuerwehr bat per Twitter darum, von kleineren Wasserschäden unbehelligt zu bleiben.

Wer nicht selber mit Schaufel, Lappen oder Heimwerkerpumpe den See im Souterrain trockenlegen kann, muss daher versuchen, einen Betrieb zu finden. Sanitärfirmen haben Hochkonjunktur in diesen Tagen. „Alle Pumpen sind im Einsatz“, sagt Mark Frankenstein von der Berliner Firma Mercedöl Feuerungsbau GmbH, „wir rudern schon.“ Dennoch versucht die Firma, alle Aufträge abzuarbeiten. Meist lassen die Mitarbeiter die Pumpe beim Kunden und holen das Gerät am nächsten oder übernächsten Tag ab. 300 bis 400 Euro dürfte der Spaß kosten, wenn das Wasser fünf bis zehn Zentimeter über dem Boden steht. Das Wasser vernünftig abzuleiten, ist aber schwierig. Denn die Gullys laufen immer noch leicht über.

Zahlt die Versicherung für den Schaden?

Für Schäden am Haus zahlt normalerweise die Wohngebäudeversicherung, für beschädigtes Inventar – also Sofas, Schränke oder Tische – kommt die Hausratversicherung auf. Starkregenfälle und Überschwemmungen sind wie andere Naturkatastrophen auch von den Versicherungen nicht gedeckt, dazu muss man diese Policen mit einer Elementarschadenzusatzversicherung aufgestockt haben. Nur diese übernimmt die Kosten für die Trockenlegung und Sanierung des Gebäudes, Reparaturen – und im Extremfall den Abriss und Neubau eines Hauses. Für Mobiliar gibt es Ersatz zum Neupreis.

Hat denn jeder so eine Versicherung?

Nein, und das ist das Problem: In Berlin sind nur 30 Prozent der Wohngebäude gegen Starkregen und Überschwemmung versichert, bundesweit sind es 40 Prozent. Viele Berliner glauben nicht, dass ihnen Überschwemmungsgefahr droht – wie sich jetzt zeigt, zu Unrecht. Dabei ist die Absicherung nicht teuer. Für ein Einfamilienhaus, das in einem Gebiet mit geringem Risiko liegt, muss man mit einer jährlichen Versicherungsprämie von 100 Euro rechnen, sagt Stefan Liebl von der Feuersozietät Berlin Brandenburg. Fast alle Berliner Gebäude fallen unter diese niedrige Risikokategorie. Wer checken will, ob das auch für seine Immobilie gilt, kann das im Internet unter „Kompass Naturgefahren“ tun. Nach dem Oder- und Elbe-Hochwasser war diskutiert worden, ob die Elementarversicherung zur Pflicht werden soll. Die Politik hat das jedoch abgelehnt.

Wie dokumentiere ich meinen Schaden?

Noch können die Versicherer nicht sagen, wie hoch die Schäden an Gebäuden oder Autos sein werden. „Das Wasser muss erst einmal ablaufen“, sagt Henning Troschel von der Allianz in Berlin. Allerdings verzeichnet das Unternehmen bereits eine „dreistellige Zahl an Schadensmeldungen“, besonders viele aus dem Raum Oranienburg und Velten. Die Feuersozietät ist auch selbst zum Unwetteropfer geworden: Wasser ist in das Versicherungsgebäude „Am Karlsbad“ eingedrungen und hat die Berliner Schadenshotline lahmgelegt. Kunden müssen stattdessen die zentrale Servicenummer 0800/62366236 wählen, um Schäden zu melden.

Und dann? „Machen Sie Fotos von den Schäden“, sagt Versicherungssprecher Liebl. Die Versicherung schickt anschließend Gutachter zu den Kunden, für Schäden an Autos gibt es meist einen Sammeltermin zur Begutachtung. Bei der Allianz kann man Schäden am Auto in einfachen Fällen auch per App melden. „Innerhalb von vier Stunden haben Sie dann das Geld“, berichtet Troschel. Wird das Auto weggespült, läuft es voll Wasser oder landet ein Ast auf dem Dach, zahlt dafür die Voll- oder Teilkaskoversicherung.

Hilft auch der Senat?

Wer keine Versicherung hat, bleibt auf dem Schaden sitzen. Finanzielle Unterstützung des Senats in Form einer Krisen- oder Katastrophenhilfe gibt es nicht. „Das ist Privatsache“, heißt es in der Innenverwaltung.

Wie schnell muss der Vermieter handeln?

Wenn Keller volllaufen oder Wände, Tapeten, Böden oder Decken durchnässt sind, müssen Mieter ihren Vermieter informieren. Dieser sollte innerhalb einer Woche tätig werden, falls nicht, sollten Mieter ihren Vermietern eine Frist setzen und sie zum Handeln auffordern. Für Überschwemmungsschäden in Keller oder Wohnung könnten Mieter die Miete mindern, sagt Reiner Wild vom Berliner Mieterverein. Besser sei es aber, die Miete unter Vorbehalt zu zahlen, damit man nicht Gefahr läuft, zu viel einzubehalten und dafür die Kündigung zu kassieren.

Kein Geld gibt es aber dann, wenn man die Überschwemmung selbst verursacht hat. Wer das Fenster geöffnet oder die Wohnung unbeaufsichtigt gelassen hat, kann nicht den Vermieter in die Haftung nehmen. Wie die Feuersozietät war übrigens auch der Mieterverein vom Unwetter betroffen: „Bei uns hat es durch das Dach geregnet“, berichtet Geschäftsführer Wild.

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