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Notgedrungen müssen derzeit möglichst viele Menschen zuhause bleiben.
© Getty Images/iStockphoto

"Stay at home"-Aktien: Mit welchen Aktien man in der Corona-Krise Gewinn machen könnte

Vom Lieferdienst bis zum Streamingdienst: Manche Firmen machen jetzt ein gutes Geschäft. Anleger können davon profitieren

Weltweit sind die Menschen derzeit aufgerufen zuhause zu bleiben. Manche Unternehmen profitieren davon - und über Aktien auch die Anleger. Bei den meisten muss man aber genau hinschauen, ob sie tatsächlich gerade eine gute Anlage sind. Ein Überblick.

Amazon

Amazon hat so viel zu tun, dass der Onlinehändler neue Mitarbeiter sucht.
Amazon hat so viel zu tun, dass der Onlinehändler neue Mitarbeiter sucht.
© AFP

Hunderttausende in aller Welt kaufen derzeit wichtige Waren des täglichen Gebrauchs, etwa Haushalts- und Hygieneartikel von der Zahnpasta bis zum Hundefutter, sowie rezeptfreie Medikamente nicht mehr im Supermarkt, der Apotheke oder der Drogerie vor Ort, sondern bei Amazon. Zudem profitiert der Onlinehändler aus Seattle mit seinem Streamingdienst Prime Video und seinem Lebensmittel-Lieferdienst Amazon Fresh, der allerdings nur an manchen Orten verfügbar ist. 100000 neue Stellen hat der Online-Händler in der Coronakrise ausgeschrieben, um dem Andrang Herr zu werden. In den USA, in Kanada und Europa sollen zudem die Stundenlöhne für die Beschäftigten steigen. Parallel zum jüngsten Nachfrage-Boom profitiert Amazon auch von den erheblich gesunkenen Ölpreisen.

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Der Markt rätselt noch, welches Plus am Ende in den Bilanzen des Konzerns hängen bleibt: Auch die Aktie von Amazon folgte in den vergangenen vier Wochen den jüngsten Marktturbulenzen. Nach einem Allzeithoch am 19. Februar bei 2009 Euro kippte das Papier im Crash auf 1480 Euro ab. Mit einem Minus von 26 Prozent blieb die Aktie damit aber unter den Verlusten anderer großer Tech-Unternehmen.

Seit zwei Wochen nun haben die Optimisten wieder die Oberhand. Die Aktie erholte sich wieder auf 1865 Euro. Ob Kunden nicht nur kurz, sondern nachhaltig dazu übergehen, den Apfel nicht im Supermarkt selbst zu prüfen, sondern online liefern zu lassen, weiß keiner. Analysten erwarten für das ersten Quartal 2020 bereits deutlich höhere Umsätze. Allerdings hatte der Online-Händler bereits im Vorquartal die Erwartungen der Wall Street pulverisiert und 21prozentige Umsatzsteigerungen gemeldet. Die Gewinne stiegen wegen hoher Investitionen nicht im gleichen Maß. Und: Amazon notiert selbst auf dem derzeit erniedrigten Kurslevel für 2020 bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 63. Damit ist der Online-Konzern drei mal so teuer wie die Google-Mutter Alphabet. Zudem stellen unterbrochene Lieferketten und erkranktes Personal ein Geschäftsrisiko dar. 

Disney

Genau zur richtigen Zeit ist Disney mit seinem neuen Streamingdienst in Deutschland und anderen europäischen Ländern an den Start gegangen. Das lässt die Aktie steigen – zuvor ist sie allerdings so stark eingebrochen, dass sämtliche Gewinne seit 2015 ausradiert sind. Der Grund: Das nicht-virtuelle Geschäft des Unterhaltungskonzerns leidet unter dem weltweiten Shutdown. Die großen Freizeit- und Vergnügungsparks sind geschlossen. Die konzerneigene Sportsender-Gruppe ESPN erreicht zwar in normalen Zeiten bald 100 Millionen Haushalte.

Die Disney Parks sind geschlossen - jetzt hofft das Unternehmen auf seinen Streamingdienst.
Die Disney Parks sind geschlossen - jetzt hofft das Unternehmen auf seinen Streamingdienst.
© AFP

Doch Sport und damit Sportberichterstattung sind lahm gelegt. Kinos und Filmindustrie sind praktisch umsatzlos. Entsprechend groß sind die Hoffnungen, die nun auf dem Streamingdienst Disney+ ruhen. Gerade in Corona-Zeiten, wenn Menschen ans Haus gefesselt sind, könnte das Filmangebot von Disney der Konkurrenz von Amazon und Netflix Kunden abjagen und die Einnahmen steigern. In den USA soll der Streaming-Dienst bereits im Februar rund 30 Millionen Abonnenten gewonnen haben, Geholfen hat dabei der niedrige Markteinführungspreis, mit dem der Konzern die Konkurrenz von Netflix unterbot, aber vor allem auch wegen der bei Disney+ produzierten Star-Wars-Serie „The Mandalorian“.

 Netflix

Netflix dürfte ebenfalls davon profitieren, dass Abermillionen Menschen in Quarantäne oder für einige Wochen aufs heimische Sofa fixiert sind. Der Streaming-Dienst hat mit seinen Angeboten 2019 insgesamt 20,2 Milliarden Dollar umgesetzt und 167 Millionen Abonnenten gewonnen.

Netflix hofft, dass jetzt mehr Menschen Filme und Serien schauen.
Netflix hofft, dass jetzt mehr Menschen Filme und Serien schauen.
© picture alliance / dpa

Anders als Disney hat sich das US-Unternehmen bereits einen Namen unter den Streaming-Fans gemacht. Zuletzt hat das Unternehmen einen 100 Millionen Dollar schweren Hilfsfonds aufgelegt, der die Mitarbeiter der Film- und Serienproduktionen unterstützen soll, die wegen Corona derzeit nicht arbeiten können. Das Unternehmen lässt jedes Jahr für Hunderte Millionen eigene Serien und Filme produzieren, die nur bei Netflix zu sehen sind. Die Dreharbeiten sind derzeit vielfach ausgesetzt. Beim jüngsten Crash ist zwar auch die Netflix-Aktie abgestürzt, aber längst nicht so stark wie andere Werte.  

Hellofresh

Gesund kochen, aber ohne Einkauf im Supermarkt, sondern mit gelieferten Zutaten und Rezepten: das Geschäftsmodell des Berliner Unternehmens Hellofresh passt in der Coronavirus-Krise zielgenau. Einen negativen Effekt werde das Virus jedenfalls nicht für das Geschäft haben, sagt der Essenslieferant. Ob die Krise das Umsatzwachstum des vergangenen Jahres (um 37 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro ) weiter toppen kann, müsse aber zunächst offen bleiben.

Hellofresh liefert die Zutaten samt Rezept.
Hellofresh liefert die Zutaten samt Rezept.
© Thilo Rückeis

Bisher liegen die Erwartungen von Hellofresh bei einem Plus von 22 bis 27 Prozent für 2020. Analysten wie Julien Roch von Barclay’s sehen in dem Papier, das gerade in den MDax aufgestiegen ist, eine typische „Bleib-zuhause-Aktie“ mit denkbaren dynamischen Gewinnsteigerungen. Das Papier hat gleichwohl eine wahre Achterbahnfahrt beim Kurs hinter sich. Außerdem ist es mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 120 nicht gerade günstig.

 Teamviewer

Dass derzeit so viele Menschen von zuhause aus arbeiten, hilft auch Teamviewer. Das Unternehmen, das im M-Dax notiert ist, bietet Software für Videokonferenzen und Fernwartung an: Wenn auf dem Laptop zum Beispiel etwas nicht funktioniert, kann darüber ein IT-Experte aus der Ferne den Fehler beheben. Die hohe Nachfrage nach diesem Dienst hat die Aktie des Unternehmens steigen lassen. Davon profitiert neben den Kleinaktionären auch der Finanzinvestor Permira.

Teamviewer ist erst im vergangenen Jahr an die Börse gegangen.
Teamviewer ist erst im vergangenen Jahr an die Börse gegangen.
© dpa

Er hat das Unternehmen 2014 gekauft und erst im vergangenen September an die Börse gebracht. Den starken Kursanstieg hat der Investor bereits Anfang März genutzt, um seinen Anteil am Unternehmen zu reduzieren: 22 Millionen Aktien hat Permira auf den Markt geworfen und damit rund 700 Millionen Euro eingenommen. Trotzdem hält er auch jetzt noch mit 51,5 Prozent die Mehrheit am Unternehmen.

 Slack

Der Büro-Chatdienst Slack, der erst im Juni 2019 an die Börse gegangen ist, könnte ebenfalls vom Trend zum Homeoffice profitieren – denn nun kommt es stärker als zuvor auf virtuelle Kommunikation an. Allerdings: Viele Unternehmen nutzen zunächst nur kostenlose Grund- und Testversionen. Ob sie in der Coronakrise mit vermehrt schwierigem Geschäft im eigenen Haus zu dauerhaft zahlenden Abonnenten werden, bleibt abzuwarten.

Slack ist eine Art Whatsapp für Unternehmen.
Slack ist eine Art Whatsapp für Unternehmen.
© dpa

Für das erste Quartal erwartet Slack Umsätze, die zwar deutlich steigen sollen, aber eher am unteren Ende der Analystenerwartungen liegen. Man sei zwar „mit dem richtigen Produkt zur richtigen Zeit auf dem Markt“, sagt Slack-Chef Stewart Butterfield. Doch ob vermehrtes Homeoffice wegen Corona das Geschäft über die Erwartungen hinaus steigern könnte, sei unklar. Die Aktie ist bisher im Prinzip dem Markt gefolgt.

 Zoom

In Corona-Zeiten müssen Besprechungen und Konferenzen vermehrt ins Virtuelle verlegt werden. Häufig kommt hier die Videoconferencing-App Zoom ins Spiel. Wer die Aktie von Zoom Video Communications vor dem allgemeinen Marktcrash bereits im Depot hatte, blieb von Verlusten komplett verschont: am 19. Februar, dem Tag, als sowohl Dow Jones als auch Dax neue Allzeithochs erreicht hatten, notierte Zoom bei 104 Dollar. Bis Anfang dieser Woche schoss das Papier auf 160 Dollar, bevor es zu Gewinnmitnahmen kam. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 282 ist das Unternehmen derzeit sehr ambitioniert bewertet. Ähnlich wie Slack räumte auch Zoom ein: Man könne nicht sagen, ob die Coronavirus-Krise tatsächlich auch zu steigenden Einkünften führen werde. Denn auch Zoom ist in einer Basisversion kostenfrei: Erst nach 40 Minuten wird der Service abgeschaltet.

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