Incredible Burger: Mit fleischlosen Produkten will Nestlé seinen Ruf aufpolieren
Nestlé will nicht mehr auf den "Käufer", sondern auch auf den "Bürger" achten. So sagt es Deutschland-Chef Boersch und präsentiert neue, nachhaltige Produkte.
„Was wir bisher tun und getan haben, reicht nicht mehr“. Marc-Aurel Boersch, Vorstandschef von Nestlé Deutschland, weiß, dass der Ruf des Unternehmens nicht der beste ist. Allein auf den Käufer und dessen Wünsche zu schauen, sei nicht mehr ausreichend, man müsse auch auf den Verbraucher und den Bürger blicken. Denn dem gehe es darum, dass in Lebensmitteln weniger Zucker stecke, dass Verpackungen umweltfreundlich entsorgt werden können und dass Unternehmen wie Nestlé auch eine Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft haben. „Wir hören zu und lernen. Wir sind nicht perfekt.“
Perfekt vielleicht nicht, aber doch auf einem richtigen Weg; diesen Eindruck gewinnt man, wenn man Boersch weiter zuhört. Man habe mittlerweile Produkte mit deutlich weniger Zucker und mit deutlich geringeren Umweltbelastungen im Angebot, man werde alle Verpackungen bis 2025 recycelfähig machen, sagte er am Freitag bei der Präsentation neuer, seiner Auffassung nach nachhaltiger und gesünderer Produkte.
Als höchst erfolgreiches Beispiel nennt den Boersch den vor acht Monaten eingeführten fleischlosen, allein aus pflanzlichen Rohstoffen hergestellten Incredible Burger. Kaum ein anderes neues Produkt überhaupt habe in der Geschichte von Nestlé so eingeschlagen, vergleichbar sei das allenfalls mit der Drei-Minuten-Terrine von Maggi in den achtziger Jahren.
„Allein in den letzten drei Monaten haben wir in Deutschland fünf Millionen Incredible Burger verkauft, doppelt so viele wie die Nummer Zwei am Markt.“ Man sei man von diesem Hype überrascht worden, komme mit der Produktion im Werk in Tschechien kaum nach. Der Burger sei gesünder, und vor allem sei die CO2-Belastung um 80 Prozent niedriger als bei herkömmlichen Fleisch-Brötchen.
Bald kommt Incredible Hack
Ab November will Nestlé einen noch besseren Incredible Burger 2.0 in den Handel bringen. Noch wichtiger aber: Einen Monat vorher schon wird es auch ein Incredible Hack aus pflanzlichen Rohstoffen geben als Alternative zu klassischem Hackfleisch. Auch hier lägen die Treibhaus-Emissionen um 80 Prozent niedriger, sagt Boersch.
Dazu passt, dass Nestlé derzeit prüft, ob die Wurst-Tochter Herta verkauft wird. Bis Jahresende soll die Entscheidung fallen, sagt Boersch. Auch bei Riegeln will Nestlé besser werden. Mittlerweile gibt es vegetarische und vegane mit zertifizierter Schokolade.
Besondere Mühe habe man sich bei der Verpackung gemacht. Statt Kunststofffolie wird jetzt Papier genutzt, das nach Angaben von Boersch wie jede Tageszeitung über das Altpapier recycelt werden kann. Recyclingfähigkeit soll bis 2025 bei allen Verpackungen von Nestlé-Produkten Standard werden. Außerdem liege der Zuckergehalt statt bei bis zu 26 nur noch bei maximal sieben Gramm.
Nestlé bringt Starbucks-Kaffee in die Supermärkte
Ob eine weitere Neuerung das Image von Nestlé auch in Sachen Nachhaltigkeit nach vorne bringen wird, muss sich zeigen. Vor einem Jahr hat sich der Konzern für einen Betrag von rund 7,5 Milliarden Dollar die weltweiten Rechte für den Vertrieb von Starbucks-Kaffee im Lebensmittelhandel geeinigt. In 14 Ländern ist das bereits umgesetzt. Ab September kommen nun 19 Starbucks-Kaffees gemahlen, als ganze Bohnen und als Kapsel durch Nestlé auch in deutsche Supermärkte. Dass der Konzern wie auch bei der eigenen Marke Nespresso weiter auf Kapseln aus Aluminium setzt, verteidigt Boersch. Mittlerweile entrichte man dafür freiwillig Lizenzgebühren für die Wiederverwertung. Die Kapseln würden vollständig recycelt.
Dass die Zahl der Boykott-Aufrufe gegen Nestlé-Produkte zuletzt zurückging, beruhigt Boersch nicht. „Wir müssen diesen Sorgen begegnen“, sagt der Deutschland-Chef. „Wir wollen uns verändern und offen in den Dialog gehen.“ Bereits 2013 hat Nestlé Deutschland einen Experten-Beirat für Nachhaltigkeit etabliert, dem unter anderem die Verbraucher-Initiative, das Öko-Institut, der Global Nature Fund und Ernährungsexperten angehören.
Gegenwind gibt es dennoch reichlich. Ende Juli hatte die Brauerei Krombacher nach nur 18 Monaten die Kooperation mit Nestlé über den Vertrieb des Eistees Nestea wieder aufgekündigt, nachdem Verbraucher den Bierbrauer in den sozialen Netzwerken deshalb massiv kritisiert hatten.
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