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Der 19-jährige Mohammad aus Afghanistan arbeitet im Ausbildungszentrum der Siemens Professional Education an der Verdrahtung eines Schaltschranks.
© picture alliance / Monika Skolim

Ausbildungsreport Berlin-Brandenburg: Mehr Überstunden, weniger Erholung

Ein Drittel der Auszubildenden leistet in der Region regelmäßig Überstunden. Nicht einmal die Hälfte kann sich gut erholen.

Ein Drittel der Auszubildenden leistet in der Region regelmäßig Überstunden, für 40 Prozent gehört Schichtarbeit zum Alltag. Das hat der Ausbildungsreport Berlin-Brandenburg ermittelt, den die DGB-Jugend am Mittwoch vorgestellt hat. Das Schwerpunktthema war in diesem Jahr die Arbeitszeit.

In den Befragungen des Vorjahres hatten noch 28 Prozent angegeben, regelmäßig Mehrarbeit zu leisten. Von 2083 Befragten sagten das nun 33 Prozent. Weniger als die Hälfte gab an, sich in der Freizeit gut erholen zu können. Lange Wochen mit mehr als 40 Stunden leisten vor allem junge Köche und Köchinnen, Mädchen und Jungen in Hotels, Restaurants und in der Sicherheitsbranche. Jeder Vierte muss häufig oder immer außerhalb der Arbeitszeit erreichbar sein. „Obwohl viele Betriebe Nachwuchs suchen, sind dieses Jahr in Berlin wieder 3445 Jugendliche ohne Ausbildungsplatz geblieben“, kritisierte Christian Hoßbach, Vorsitzender des DGB Berlin-Brandenburg, außerdem. „Die Ausbildungslosigkeit bei Jugendlichen ist ein gesellschaftlicher Sprengstoff.“

Laut dem Gewerkschaftsbund haben sich in der Stadt zuletzt 22082 Mädchen und Jungen um 16824 Stellen beworben. Auch in Brandenburg suchen jedes Jahr einige Tausend Jugendliche vergeblich eine Lehrstelle, während gleichzeitig etliche Plätze unbesetzt bleiben – häufig dann, wenn die Bedingungen und die Vergütung schlecht sind und kein Tarifvertrag gilt. In Brandenburg bräuchte es aus Sicht des DGB außerdem eine Mobilitätsoffensive, damit junge Leute nicht abwandern. Betriebe und Berufsschulen müssten gut ans Verkehrsnetz angebunden und die Monatskarten für Bus und Bahn bezahlbar sein, beispielsweise durch ein günstiges Azubi-Ticket. In Berlin werde die Wohnungskrise zu einem immer drastischeren Problem: Hier seien Azubi-Wohnheime nötig.

Gewerkschaft will Mindestlohn und Ausbildungsumlage

Jede dritte Ausbildung in der Region wird vorzeitig abgebrochen. Ob in der Industrie, dem Öffentlichen Dienst, dem Handwerk – überall liegt der Anteil höher als im bundesweiten Schnitt. „Sehr schnell ertönt dann das alte Klagelied vom nicht ausbildungsreifen Jugendlichen“, meinte DGB-Bezirksjugendsekretärin Christin Richter. „Statt einer pauschalen Vorverurteilung über die junge Generation müssen die Betriebe in eine nachhaltige Qualitätsoffensive investieren.“ Helfen würde aus ihrer Sicht die Einführung einer unabhängigen Beschwerdestelle, an die sich Auszubildende wenden können. Laut der Industrie- und Handelskammer gibt es die jedoch bereits. Der IHK-Schlichtungsausschuss trage dazu bei, „dass Streitigkeiten in einem neutralen Umfeld gehört sowie kompetent und kostenfrei gelöst werden“.

Die DGB Jugend fordert zudem einen Mindestlohn für Azubis und eine Ausbildungsumlage. Die Idee: Alle Firmen zahlen je nach ihrer Größe in einen Fonds ein. Wer eine Lehrstelle anbietet, bekommt den Beitrag vollständig erstattet. In Berlin würde immerhin nur jeder achte Betrieb ausbilden.

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