Ausbildung in Berlin: Schminken ja – putzen nein
Obwohl es mehr Ausbildungsplätze gibt, suchen in Berlin noch immer mehr als 3000 junge Menschen eine Stelle.
Was der 18-Jährige von seiner Ausbildung als Postzusteller erwarte? „Spaß“, sagt er – und damit trifft Maurice Kreissle, braune, gegelte Haare, gerade bei der Pin AG begonnen, den Nerv seiner Generation: Arbeit soll vor allem Freude machen und einen Sinn ergeben. Das zeigen Umfragen immer wieder. Und wenn das Fahrradfahren bei Regen und Schnee nicht mehr Spaß macht, wird die Lehre eben beendet. Die Jugendlichen hören immerhin täglich, wie sehr die Unternehmen sie brauchen.
Von Oktober 2017 bis Ende September 2018 meldeten sich in Berlin 22 082 Jugendliche bei der Agentur für Arbeit, um bei der Suche nach einer Lehrstelle unterstützt zu werden. Das waren 1266 Bewerber mehr als im letzten Jahr. Die Zahl der gemeldeten Stellen stieg um 978 Stellen auf 15 829. Letztlich fanden 3445 Bewerber aber keine Stelle – 1097 mehr als vor einem Jahr. 1711 Plätze blieben wiederum unbesetzt. Die Statistik zeigt, dass sich zum Beispiel viel mehr Jugendliche im Kosmetikbereich und in der Tiermedizin bewerben, als es Plätze gibt. Genau andersherum ist es in der Gebäudereinigung und in Fleischereien.
Wohnungsmarkt wird zum Problem
Die Unternehmen finden, dass die Schulen und Jugendberufsagenturen mehr tun müssen, damit das Mismatch kleiner wird. Die Betriebe würden schon „alle Hebel in Bewegung“ setzen, sagte Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB). „Mit Online-Bewerbungsverfahren, mit Praktika und mit höheren Ausbildungsvergütungen.“ Nur: In Berlin löst jeder dritte Lehrling seinen Ausbildungsvertrag wieder auf, was nicht gerade von Zufriedenheit zeugt. Im letzten Berufsbildungsbericht wurde zwar gesagt, dass die Jugendlichen oft falsche Berufsvorstellungen hätten. Die Hauptgründe für die hohe Auflösungsquote sind aber vielmehr Konflikte mit Vorgesetzten und eine schlechte Qualität. Hinzu kommt, dass die Jugendlichen derzeit so selbstbewusst ins Berufsleben starten, dass sie nicht mehr akzeptieren, dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind.
Bernd Becking sprach bei der Bilanz des Ausbildungsjahres dennoch von „ersten Erfolgen“. Immer mehr Jugendliche würden in die Jugendberufsagenturen kommen. Wer nicht will, kommt aber nicht, und „verschwindet im Nirwana“, bestätigt Becking. In Hamburg werden Schüler per Schulgesetz zwangsberaten. Die „Rahmenbedingungen“ müssten aber „weiter optimiert werden“. Ein Problem sei, dass es nach wie vor keine Verbleibstatistik gibt, die festhält, was die Jugendlichen in Berlin nach der Schule tun. Ein zweites Problem sei der heikle Wohnungsmarkt auch für diese Gruppe, die besonders günstige Zimmer braucht.
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