Reisewarnung bis Mitte Juni verlängert: Meck-Pomm statt Malle
Fällt der Sommerurlaub wegen der Reisewarnung aus? Nein. Die deutschen Ferienregionen lockern jetzt die Regeln für Touristen. Pfingsturlaub ist möglich.
Die gute Nachricht vorab: Abschreiben muss man den Sommerurlaub wohl nicht. Die schlechte, zumindest für Menschen die Sonne, Strand und Sangria lieben: Wahrscheinlich wird man die Ferien dieses Jahr eher an der Mecklenburgischen Seenplatte verbringen als auf Mallorca. Sommerurlaub in Europa sei derzeit nicht auf der Agenda, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten der Länder.
Am Mittwoch hatte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) bereits die weltweite Reisewarnung bis zum 14. Juni verlängert.
Praktisch heißt das: Pauschalreisen, bei denen die Anreise bis zu diesem Stichtag geplant war, werden storniert, Verbraucher bekommen ihr Geld zurück. „Die Urlaubsaison 2020 wird ganz anders als wir es zuletzt gewohnt waren, das lässt sich schon jetzt sagen“, begründete Maas seine Entscheidung, die das Kabinett am Morgen gebilligt hatte.
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So lange der internationale Flugverkehr am Boden liegt, viele Grenzen geschlossen sind und auch innerhalb der Urlaubsländer Ausgangssperren und Reisebeschränkungen herrschen, will der Außenminister keine deutschen Urlauber im Ausland sehen.
Maas will verhindern, dass Deutschland erneut gestrandete Touristen zurückholen muss. Weil mehr als 240.000 Bundesbürger im März und April wegen der Coronakrise im Ausland festsaßen, musste das Auswärtige Amt die größte Rückholaktion in der Geschichte der Bundesrepublik organisieren. Das soll sich nicht wiederholen.
Doch nicht nur der deutsche Minister warnt, auch in den Lieblingsurlaubsländern der Bundesbürger glaubt man nicht an einen Sommertourismus, wie man ihn sonst kennt. Die spanische Regierung warnt davor, den Tourismus vor Ende des Jahres wieder in Gang zu setzen. Selbst auf den Kanarischen Inseln, die eine schnellere Öffnung wollen, sollen Strände zunächst nur für Einheimische geöffnet werden, dann sollen Festlandspanier folgen. Erst ab den Herbstmonaten sollen ausländische Besucher wieder zugelassen werden. Wenn bis dahin alles gut geht.
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Atemschutzmasken am Strand?
In Italien wird zwar über eine Öffnung der Strände diskutiert mit Plastik-Boxen, Zulassungsbeschränkungen oder Maskenpflicht als Schutz vor Sars-CoV-2. Im Blick hat man auch hier aber zunächst die eigenen Landsleute, die Chancen für einen Sommerurlaub deutscher Touristen sind eher gering.
Die Türkei hat für deutsche Staatsbürger eine Einreisesperre verhängt. Ob die Urlauber im Sommer wieder kommen dürfen, bleibt abzuwarten und hängt von der Entwicklung der Covid-19-Zahlen ab. „Wir geben den Sommerurlaub nicht verloren“, betont der Präsident des Deutschen Reiseverbands, Norbert Fiebig, dennoch. Wichtig sei es, möglich bald zu differenzierten Reisehinweisen für einzelne Länder zu kommen.
Griechenland, Zypern, Bulgarien und Portugal würden sich bereits „sehr intensiv“ auf eine Rückkehr der Touristen vorbereiten, schrieb Tui-Chef Fritz Joussen in einem Brief an die Mitarbeiter, warnte aber zugleich, dass sich der Schwerpunkt der Saison voraussichtlich nach hinten verschieben werde.
Kroatien und Österreich denken bereits über bilaterale Vereinbarungen mit ausgewählten Ländern nach. Österreich hat dabei vor allem die Nachbarn aus Deutschland im Blick.
Urlaubspläne im Ausland könnten aber auch daran scheitern, dass man nach der Rückkehr in eine 14-tägige Quarantäne muss. Diese Regelung gilt bis zum 4. Mai, könnte aber verlängert werden.
Doch was ist mit den Sommerferien? Mecklenburg-Vorpommern startet als erstes Bundesland am 22. Juni, auch Berlin und Brandenburg sind mit dem Ferienbeginn am 25. Juni früh dran. Wie sich die Situation nach dem 14. Juni darstelle, lasse sich gegenwärtig „nicht belastbar“ sagen, heißt es im Auswärtigen Amt.
Tourismusbeauftragter Bareiß: „Heimaturlaub angesagt“
Am wahrscheinlichsten ist da noch der Sommerurlaub im eigenen Land. Dieses Jahr sei „wirklich Heimaturlaub angesagt“, glaubt der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) wirbt offensiv für Urlaub auf dem Land.
Doch bis vor kurzem war das nicht möglich. Vor allem die Küstenländer, in denen deutsche Urlauber ihre Ferien besonders gern verbringen, schotteten sich in der Coronakrise ab. Keine Einreise, keine Tagesausflüge, keine Übernachtungen. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) wollte über Ostern sogar ihre Landeskinder von der Küste fernhalten, wurde aber gerichtlich gestoppt.
Nun beginnt das ostdeutsche Urlaubsland sich locker zu machen. Ab diesem Freitag dürfen Menschen, die ihre Ferienwohnung als Zweitwohnsitz angemeldet haben, wieder nach Mecklenburg-Vorpommern. Dasselbe gilt für Dauercamper mit Zweitwohnsitz auf dem Platz. Ab dem 18. Mai sollen die Bewohner des Landes, ab dem 25. Mai dann auch Bundesbürger aus anderen Teilen Deutschlands wieder Urlaub etwa auf Rügen, Usedom oder Waren machen. Die Hotels sollen allerdings maximal 60 Prozent ihrer Betten vermieten dürfen. Dennoch: Nach dem ausgefallen Osterurlaub sind damit Pfingstferien an der Ostsee möglich.
Auch Niedersachsen lockert
Und nicht nur an der Ostsee, auch die Nordseestrände werden wieder für Touristen geöffnet. Ab Mitte Mai sollen in Niedersachsen wieder Ferienhäuser und -wohnungen angemietet werden können, Campingplätze dürfen mit halber Gästezahl wieder öffnen. Am 25. Mai sollen dann auch Hotels und Pensionen wieder Gäste empfangen. Selbst der Tagestourismus auf den Inseln soll wieder möglich sein, wenn die Verantwortlichen vor Ort das für vertretbar halten.
Schleswig-Holstein ist vorsichtiger
Auch Schleswig-Holstein zieht mit. Zweitwohnungsbesitzer dürfen ihre Feriendomizile wieder nutzen, das gilt auch für die Inseln und die Halligen, Allerdings nur zur Eigennutzung mit Partner und Kindern, eine Vermietung ist weiterhin verboten, auch Freunde dürfen nicht mit. Die Vorsicht ist verständlich: 112.000 Zweitwohnsitze gibt es in Schleswig-Holstein. Wenn Partner und Kind mit anreisen, könnte das schon eine erste, große Reisewelle bringen. Auch das Dauercamping wird wieder erlaubt, auf den Inseln aber möglicherweise nur Campern mit Zweitwohnsitz. Die Sportboothäfen an Nord- und Ostsee dürfen ebenfalls wieder öffnen. Später könnten normale Ferienwohnungsmieter folgen, danach Hotelgäste. Tagestouristen sollen als letzte wieder nach Schleswig-Holstein dürfen.
Tourismusminister: "langsame Wiederbelebung"
Tourismusminister Bernd Buchholz (FDP) spricht von einer "langsamen Wiederbelebung" des Freizeitbereichs, appelliert aber zugleich an das Verantwortungsbewusstsein der Menschen: "Uns ist bewusst, dass wir mit den Regelungen viel Spielraum lassen und auch manche Unschärfe. Und sicher wird am Ende auch nicht alles kontrollierbar sein – aber wenn jeder darauf achtet, Abstand zu halten, sich und andere zu schützen und nicht zu Menschenansammlungen beizutragen, dann haben wir eine gute Chance, schon bald einen weiteren Schritt zu mehr Tourismus im Land zu gehen."
Bislang kontrollieren die Behörden, dass Touristen nicht einreisen. Die Polizei macht Stichproben, die Fähren auf die Inseln werden kontrolliert, fremde Autokennzeichen sind verdächtig. Vereinzelt, so hört man, versuchen aber Vermieter, Gäste mit dem eigenen Pkw einzuschmuggeln.
Brandenburg wartet noch ab
In Brandenburg dürfen Berliner, die dort eine Ferienwohnung besitzen, diese schon die ganze Zeit lang nutzen, auch Tagesausflüge sind erlaubt, werden aber nicht gern gesehen. Campingplätze sind bis zum 8. Mai geschlossen, auch touristische Übernachtungen sind untersagt. Am Donnerstag berät sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten. Wie es in Brandenburg weitergeht, will Ministerpräsident Dietmar Woidke danach entscheiden.
Die Reisebranche kämpft um ihre Existenz
Für die großen Reiseveranstalter ist die Entwicklung gefährlich. Schon die Umsatzausfälle bis Ende April beziffert der Deutsche Reiseverband auf 4,8 Milliarden Euro, zugleich müssen die Veranstalter ihren Kunden für schon abgesagte Reisen 3,5 Milliarden Euro erstatten. Viele Veranstalter bieten Gutscheine an, doch ob sich Reisende darauf einlassen, ist ihre Sache. Nach geltendem Recht kann man verlangen, innerhalb von 14 Tagen sein Geld zurückzubekommen.
Die Bundesregierung hat zwar versucht, auf europäischer Ebene eine Änderung durchzusetzen, ist damit aber erst einmal gescheitert. Nun müssen Bundesjustiz-, -wirtschafts- und -finanzministerium entscheiden, ob sie eine nationale Lösung wollen. Das Bundeswirtschaftsministerium hält Gutscheine für eine gute Lösung, um die Reisebranche zu schützen und Pleiten zu verhindern, im Justizministerium dürfte sich die Begeisterung für Zwangsgutscheine aber in Grenzen halten. Wie es weitergeht, ist offen. So lange aber bleibt es bei der Geld-zurück-Regelung.
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