High5: McFit-Billigkette spart an Trainern
Im April geht die Fitnesskette High5 mit einem Kampfpreis auf Kundenfang. Damit macht sich der Discountanbieter McFit selbst Konkurrenz - auf Kosten der Kunden-Sicherheit.
Mit Tim Wiese ist Blitzlichtgewitter garantiert. Schließlich ist der Fußballer zum Muskelprotz mutiert. „Umgehauen“ habe es ihn, was man bei McFits neuer Discount-Kette „High5“ für 9,90 Euro im Monat bekomme, sagt der Ex-Nationaltorwart beim Pressetermin – eine wenig überraschende Antwort vom Promi-Testimonial. Doch wie macht McFit den mit Abstand niedrigsten Preis auf dem deutschen Markt möglich?
Durch Flohmarkt-Geräte gewiss nicht. Denn das kann sich auf Europas größtem Fitnessmarkt – rund 9,1 Millionen Mitglieder und ein Umsatz von 4,7 Milliarden Euro im Jahr 2014 – niemand erlauben. Einen entsprechend soliden Eindruck macht das Studio, das am 9. April an der Leipziger Straße eröffnet, gleichzeitig mit Filialen in Wien, Lübeck und Fulda. Gewöhnliche Fitness soll hier mit sogenanntem Functional Training kombiniert werden. Dabei werden mehrere Muskelgruppen gleichzeitig trainiert, mit freien Übungen statt Hightech-Geräten. Das stabilitätsfördernde Training mit Medizinbällen, Sandsäcken und Gewichtschlitten ist gerade der letzte Schrei in der Branche. Die Konkurrenz bietet Ähnliches an – für deutlich mehr Geld.
9,90 Euro gegen 53,20 Euro
So wittern Branchenkenner und Konkurrenten eine Verdrängungsstrategie. Bei dem Preis könne sich ein Studio nicht rechnen. „Wir sind ein Wirtschaftsunternehmen und wollen rentabel arbeiten“, sagt Firmensprecher Pierre Geisensetter. Daran hat auch Karsten Hollasch keine Zweifel: „McFit hat nachhaltig bewiesen, dass die Kalkulation aufgeht“, sagt der Experte des Beratungsunternehmens Deloitte. Zudem habe McFit den Markt bislang eher ausgedehnt, statt anderen Anbietern die Mitglieder zu stehlen. Dennoch: Laut Deloitte liegt der durchschnittliche Mitgliedsbeitrag hierzulande bei 53,20 Euro monatlich. Wer bei High5 19,90 Euro ausgibt, darf zusätzlich in allen McFit-Studios trainieren oder einen Freund mittrainieren lassen.
Zur Unternehmensstrategie lässt sich Geisensetter nur so viel entlocken: Mit High5 gehe man künftig auch in kleinere Städte, noch im laufenden Jahr sollen 26 weitere Studios eröffnen. Deren Fläche ist mit 800 bis 1300 Quadratmetern deutlich kleiner als bei McFit, die Miete entsprechend geringer. Auch die Ausstattung im Functional-Bereich – in Berlin nur 200 von 1300 Quadratmetern – ist günstiger als herkömmlich. Außerdem soll High5 nach und nach zum Franchise-Konzept ausgebaut werden. Das würde eine schnellere Expansion ohne Kapitaleinsatz und unternehmerisches Risiko ermöglichen. Auch beim Personal spart das Unternehmen: Statt zwei Studioleiter wie bei McFit gibt es für die neuen Studios jeweils nur einen. Er ist damit die einzige Aufsichtsperson mit Trainerausbildung. Bei der Einstellung des Service-Personals sei bewusst auf solche Qualifikationen verzichtet worden, berichtet ein Insider.
High5: Fußball ist viel gefährlicher
Wettbewerber halten das erwartungsgemäß für unverantwortlich. „Wenn Hobbysportler ohne Anleitung und korrekte Einführung an Tools wie Kugel- oder Langhanteln trainieren, ist das Verletzungsrisiko verdammt hoch“, sagt Jennifer Christin Althoff. Sie ist seit Jahren als Trainerin tätig und hat vor Kurzem ebenfalls ein Functional-Fitness-Studio eröffnet. Selbst Profis bräuchten Trainer, sagt sie, sonst seien Übungen nicht effektiv, auf lange Sicht gar schädlich. High5-Sprecher Geisensetter betont derweil, dass die Mitglieder die Möglichkeit hätten, vom Studio gelistete, speziell ausgebildete Personal Trainer zum Training hinzuzubuchen. Diese würden „deutlich günstiger“ als die branchenüblichen Stundenpreise von 70 Euro aufwärts. Auch Gruppentrainings seien möglich. Außerdem: „Wer am Nachmittag Fußball spielt, fragt ja auch nicht nach Personal Trainern – und Fußball ist viel gefährlicher als Fitnesstraining“, sagt Geisensetter.
Dabei ist fraglich, ob Mitglieder einer Discount-Kette überhaupt in Anleitung investieren wollen. „Wahrscheinlich wird das Gros der Mitglieder das Angebot ohne Personal Trainer nutzen“, vermutet Marktexperte Hollasch. Das erklärte Ziel, Fitnesstraining für mehr Menschen verfügbar zu machen, wird High5 wohl erreichen. „Zwei bis drei Mitglieder pro Quadratmeter ist eine eher konservative Schätzung“, sagt Hollasch. Hochgerechnet kommen da schnell 60.000 Mitglieder zusammen. „Auf jeden Fall kann sich High5 in den nächsten Jahren unter den Top Playern in Deutschland zeigen“, ist sich Hollasch sicher. Für den Markt sei der Billiganbieter sogar positiv: Die neu erschlossenen Kunden könnten mit steigendem Alter und Ansprüchen zu teureren Anbietern abwandern.
Lukas Wohner