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Weil die Menschen entspannen wollen, boomt der Matratzenmarkt.
© dpa

Geschäft mit dem Schlaf: Matratzen und atmende Kissen

Ganz erstaunliche Produkte sollen die Nachtruhe immer mehr verbessern – und eine ganze „Sleep Economy“ finanzieren.

Von Maris Hubschmid

Lavendelkissen, Entspannungstees und Schlafmasken gibt es immer noch. Sie sind sogar ausgesprochen gefragt. Um die altmodischen Hausmittel herum ist inzwischen eine ganze „Sleep-Economy“ entstanden: Die erstaunlichsten Produkte sollen zu einem komfortableren, gesünderen Schlaf verhelfen. Schlafen ist das neue Joggen, sagen Marketingexperten – der Schlaf wird zur Lifestylefrage, nach dem Motto: du lebst, wie du schläfst. Deshalb wird alles vermessen, optimiert und auf keinen Fall dem Zufall überlassen.

Die Basis bilden natürlich Matratzen, die mit den unterschiedlichsten Formen und Füllungen angeboten werden. Neu ist, dass die Start-up-Szene den Markt für sich entdeckt hat. Da werden die Unterlagen auf Namen wie „Bruno“ oder „Eve“ getauft und zum Designobjekt hochstilisiert. Immerhin 1,7 Milliarden Euro gaben Deutsche vergangenes Jahr für Matratzen aus. Und selbst Betten erfahren nach Jahrzehnten – deutsche Schlafzimmereinrichtungen sind im Schnitt 22 Jahre alt – wieder Aufmerksamkeit. „Mit dem Kauf von hochwertigen Matratzen und Betten verspricht man sich ein besseres Leben“, sagt Doreen Pick, Marketingexpertin an der Hochschule Merseburg.

Pillow-Sprays und Schummerlicht

In Zeiten, in denen viele Menschen unter Schlafstörungen leiden, soll das neue Bett dabei helfen, schneller und besser zu schlafen und am Tag ausgeruhter und leistungsfähiger zu sein. „Das Versprechen vieler dieser Produkte ist quasi ideal für all jene, die ungern Sport machen und nun eigentlich nur schlafen müssten, um gesund zu bleiben oder werden“, erklärt Pick. Man könnte diese Entwicklung fast als eine Art Ablasshandel verstehen: „Mit dem Kauf des neuen Betts werden andere Sünden wie lange, stressige Arbeitstage oder zu wenig Bewegung kompensiert.“ Allein 705 000 Boxspringbetten wurden 2016 verkauft. Der Trend kommt aus den USA und Skandinavien.

Doch die Möbelbranche ist bei Weitem nicht die einzige, die am Schlaf mitverdienen möchte. Parfümerien preisen Pillow-Sprays an, die Bettwäsche traumhaft duften lassen. Populär sind Apps mit Schlafzyklenüberwachung wie „Sleep Cycle“. Sie wecken Nutzer innerhalb eines eingestellten Zeitfensters dann, wenn eine Leichtschlafphase erreicht ist. So soll das Aufstehen leichter fallen.

Elektronische Gimmicks tauchen das Schlafzimmer in perfekt austariertes Schummerlicht oder erfüllen es mit dem Klang von sanft prasselndem Regen. Noch weiter geht das Kissen Somnox, von vier niederländischen Studenten entwickelt: Mittels Atemrhythmus-Nachahmung will es den Partner ersetzen und liest sogar Gute-Nacht-Geschichten vor.

Kleine Sensoren im Kopfkissen

Nach den Fitnesstrackern seien Schlaftracker der neue Hit im Bereich sogenannter Virabels, heißt es beim Marktforschungsunternehmen GfK. Binnen drei Jahren habe sich dieser Markt auf nun 400 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Der Sensor, der ans Kissen geklemmt wird, zeichnet jede Bewegung auf und gibt Aufschluss darüber, unter welchen Umständen man am besten geschlafen hat.

Weil das manchmal aber auch an anderen scheitert, hat sich die holländische Firma Zazu auf Elektronik fürs Kinderbett spezialisiert. Schlaflieder singende Pinguine heben an, sobald das Baby unruhig wird. Brandneu ist der Schlaftrainer in Schafoptik: Er öffnet die Augen, wenn es Zeit ist aufzustehen. Die Idee dahinter: Das Kind soll solange im Bett ausharren, bis das Spielzeug die Lider hebt. Die Eltern können sich derweil noch mal rumdrehen – sofern die Schlafzyklus-App das zulässt.

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