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Die besonderen Modelle verkaufen Juweliere häufig nur an Stammkunden.
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Chinas Bedarf nach Luxus: Manche Edel-Uhren sind bereits ausverkauft

Teure Uhren sind gefragt wie nie – vor allem in China. Auf einige Modelle warten Kunden zum Teil Jahre. Der Zweitmarkt boomt.

Es war ein ungewöhnlicher Wunsch, den der Kunde einer Berliner Filiale der Juwelierkette Wempe da äußerte: Nicht eine, sondern gleich alle verfügbaren Rolex-Uhren würde er gerne kaufen, sagte der Mann aus Hongkong. Solche Wünsche zu erfüllen, gehört zwar zum Geschäft von Wempe – doch eine größere Zahl an Rolex-Uhren zu verkaufen, ist derzeit unmöglich. Die besonders gefragten Modelle sind sogar ausverkauft. In München wurde deshalb kurz vor Weihnachten bereits eine „Rolex- Krise“ ausgerufen. Teils soll es zu „hysterischen Szenen“ gekommen sein, berichtete die „Münchner Abendzeitung“.

Auch in der Berliner Wempe-Filiale gehen viele Kunden leer aus, wenn es unbedingt eine Rolex sein soll. Für bestimmte Modelle gebe es eine Warteliste von drei Jahren, berichtet ein Verkäufer. In der Anfang Dezember eröffneten Filiale im KaDeWe sieht es einem Mitarbeiter zufolge ähnlich aus.

„Die Nachfrage nach Rolex-Uhren steigt deutlich und das bereits seit gut einem Jahr“, bestätigt Philipp Man. Bei ihm landen Kunden meist dann, wenn sie beim Juwelier nicht fündig werden. Seit sieben Jahren betreibt er Chronext, eine Onlineplattform für neue und gebrauchte Uhren. Händler und Privatpersonen können über solche Plattformen ihre Exemplare verkaufen. Damit keine Fälschungen in Umlauf kommen, prüfen Uhrmacher jedes Modell vor dem Handel auf Echtheit. Gründer Man profitiert derzeit von der steigenden Nachfrage. Im vergangenen Jahr hat seine Plattform ihren Umsatz auf einen dreistelligen Millionenbetrag verdoppelt .

In China steigt die Nachfrage nach Luxusgütern.
In China steigt die Nachfrage nach Luxusgütern.
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„Manche Modelle sind im stationären Handel kaum noch zu bekommen“, sagt Man. Da ist zum Beispiel die weiße Cosmograph Daytona von Rolex: Sie ist so begehrt, dass Kunden derzeit zehn Jahre warten müssen, bis sie lieferbar ist. Deshalb boomt der Zweitmarkt, an dem Modelle wie dieses zum Teil für ein Vielfaches ihres Einkaufswerts gehandelt werden. Für die weiße Daytona liegt der Listenpreis bei 12250 Euro. Das zahlt, wer sie bei einem Juwelier kauft – wenn er denn einen findet, der sie vorrätig hat. Am Zweitmarkt hingegen wird das Modell derzeit für 24450 Euro gehandelt. Käufer sind also bereit, knapp das Doppelte für diese Uhr zu bezahlen.

In China sind die Uhren als Statussymbol wichtiger als Autos

Ein Grund für diese hohen Preise ist die steigende Nachfrage aus China – und das obwohl der Staat dort noch eine Luxussteuer in Höhe von 30 Prozent aufschlägt. In der SKP Mall in Peking, einer Art chinesischem KaDeWe, sind es einem Mitarbeiter zufolge vor allem junge Männer Mitte 20, die die Luxusuhren kaufen. In China gelten sie als wichtiges Statussymbol. Ein chinesisches Sprichwort sagt: „Die Armen spielen mit Luxusautos, während die Reichen mit Luxusuhren spielen.“

Für Marken wie Rolex ist die Volksrepublik deshalb ein wichtiger Absatzmarkt. Sie zielen dabei auf Kunden wie Frau Wu ab. Ihr Vermögen ist so groß, dass sie mehrere Immobilien im In- und Ausland besitzt. Für die Patek Philippe, die sie am Armgelenk trägt, hat sie umgerechnet 185000 Euro bezahlt. Und das ist nicht ihr einziges Exemplar. Sowohl sie als auch ihr Mann haben eine Sammlung teurer Uhren zuhause. Als Stammkundin wird sie deshalb von den Herstellern umworben. So berichtet sie von Einladungen zum Karneval in Venedig auf Kosten einer italienischen Uhrenfirma oder einer Schlittenfahrt in der Schweiz nach einem Fondue mit dem Uhrmacher im Chalet. Für die Unternehmen zahlt sich das aus: Meist kaufe jeder VIP-Gast auf diesen Verkaufsreisen gleich mehrere Uhren und gebe schon mal Vorbestellungen für die Folgemodelle auf, berichtet Frau Wu.

Wer dagegen kein Stammkunde ist, der hat das Nachsehen. Auch in Deutschland. Die Nachfrage nach den besonders teuren Modellen ist so hoch, dass Juweliere wenn überhaupt nur sehr wenige davon auf Lager haben – und die auch nicht an jeden Kunden abgeben. „Juweliere verkaufen solche Uhren allenfalls Stammkunden“, sagt Man von Chronext. „Oder Sie müssen zusätzlich noch einen Zwei-Karäter erwerben, dann haben Sie auch eine Chance.“ Für den normalen Kunden gleiche es einem Lottogewinn, eine der gefragten Uhren zum Listenpreis zu ergattern.

Hersteller von Luxusuhren schweigen darüber, wie viele sie pro Jahr produzieren.
Hersteller von Luxusuhren schweigen darüber, wie viele sie pro Jahr produzieren.
© dpa

Das lässt die Preise am Zweitmarkt steigen – nicht nur für Rolex-Modelle. Besonders hoch ist der Aufschlag aktuell zum Beispiel für eine Nautilus von Patek Philippe. Ihr Listenpreis liegt bei 27550 Euro, angeboten wird sie für fast 78000 Euro. Dass Käufer bereit sind, fast das Dreifache für solche Stücke zu bezahlen, erklärt sich Man so: „Menschen kaufen Aktien, wenn der Preis steigt. Bei Uhren ist das ähnlich.“ Dazu kommt, dass sie wie Gold oder Oldtimer als beliebte Sachanlagen gelten. Gerade in Zeiten niedriger Zinsen weichen Anleger auf solche Güter aus – in der Hoffnung, dass ihr Wert weiter steigt. Deshalb werden bei Auktionen Rekordpreise für Uhren erzielt. Die Wertvollste ist derzeit eine „Grandmaster Chime“ von Patek Philippe mit Stahlgehäuse und zweifachem Ziffernblatt – bei einer Versteigerung im November hat ein Käufer dafür 31 Millionen Dollar bezahlt. Bis dahin war die teuerste Uhr der Welt die Rolex Daytona, die einst Schauspieler Paul Newman gehört hat. Sie hat zuletzt im Jahr 2017 für 17,8 Millionen Dollar den Besitzer gewechselt.

Nicht alle Modelle eignen sich als Geldanlage

Auch solche Rekordpreise locken Anleger in den Uhrenmarkt. Doch längst nicht jede Uhr eignet sich als Anlageobjekt. „Das trifft nur auf bestimmte Modelle einzelner Hersteller wie Rolex, Patek Philippe oder Audemars Piguet zu“, sagt Andreas Löffler. Er hat selbst lange in der Uhrenbranche gearbeitet, heute berät er Privatleute beim Kauf. Zum Beispiel Vermögende, die sich noch nicht im Uhrenmarkt auskennen, oder Prominente, die die Stücke inkognito kaufen wollen.

„Wem die Wertsteigerung wichtig ist, der sollte auf Modelle setzen, die sich seit Jahrzehnten bewährt haben“, sagt Löffler. Klassiker seien die Rolex Daytona, die GMT Master oder Submariner. Wer sie später wieder verkaufen will, müsse die Originalbox und die Papiere aufbewahren. Eine Sicherheit, dass die Preise steigen, gibt es allerdings auch dann nicht. Dazu kommt, dass Käufer für begehrte Modell meist notgedrungen auf den Zweitmarkt ausweichen müssen und dort nur schwer erkennen können, ob sie tatsächlich ein Original erwerben. So kann etwa in einem Originalgehäuse ein anderes Uhrwerk stecken. Experten sprechen von „Marriage“, also einer Hochzeit aus echten und gefälschten oder minderwertigen Teilen. „Solche Uhren sind nahezu wertlos“, sagt Löffler.

Bei Chrono24, ebenfalls eine Handelsplattform für Luxusuhren, ist die Nachfrage für Exemplare im Wert von 10000 bis 25000 Euro im vergangenen Jahr um 19 Prozent gestiegen. Bei noch teureren Modellen legte die Nachfrage sogar um 35 Prozent zu. Chrono24-Gründer Tim Stracke erklärt sich das so: „Alle wollen haben, was nur schwer zu bekommen ist.“ Trage man eine Uhr am Arm, die kaum noch bei einem Juwelier zu bekommen sei, wäre das etwas Besonderes. „Das ist eine Trophäe“, sagt Stracke.

Was knapp und teuer ist, wird gekauft

Die Uhrenhersteller machen sich einen bekannten Effekt zu eigen: Was rar ist, gilt als besonders wertvoll. Wissenschaftlich bewiesen hat das der US-Ökonom Thorstein Veblen bereits 1899 mit seiner „Theorie der feinen Leute“ – weshalb man auch vom Veblen-Effekt spricht. Dabei ist umstritten, inwiefern die Uhrenhersteller das Angebot bewusst verknappen. In der Branche heißt es, dass Rolex im Jahr zwischen 800.000 und einer Million Uhren produziert. Das Unternehmen äußert sich dazu nicht. Rolex gebe „generell keine Auskünfte zu seiner Firmen- und Produktpolitik“, so eine Sprecherin. Diskretion gehört zum Geschäft und macht die Uhren eher noch interessanter.

Das erklärt womöglich auch den Wunsch des Kunden aus Hongkong, gleich mehrere Rolex-Uhren erwerben zu wollen – sei es nun für sich selbst oder um sie weiter zu verkaufen. In der Berliner Wempe-Filiale jedenfalls ist er nicht fündig geworden. Zwar hätte er zwei Rolex-Modelle aus dem knappen Bestand kaufen können, doch seine Wunschliste war deutlich länger. Rund 100 exklusive Uhren wollte er erwerben, selbstverständlich mit Rabatt. Aber daran war wiederum Juwelier Wempe offensichtlich nicht interessiert. Der Käufer wollte sein Glück daraufhin bei einem anderen Juwelier versuchen.

Sonja Álvarez, Carla Neuhaus

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