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Die läuft.  Der Erfolg von teuren Uhren aus der Schweiz und Deutschland ist seit Jahren ungebrochen. Besonders mechanische Zeitmesser sind begehrt.
© A. Lange und Söhne

Luxusuhren: Feine Werke

Sie ist Statement, Schmuckstück, Statussymbol – und Geldanlage: Kaum eine Branche kommt so gut durch die Krise wie die der Luxusuhren.

Berlin - Im Mai 2013 ist jede Uhr eine Luxusuhr. Niemand muss mehr den Blick auf sein Handgelenk bemühen, wenn er wissen möchte, wie spät es ist. In unserer durchdigitalisierten Welt gibt nahezu jedes technische Gerät genauer Auskunft über die Zeit als die gute alte Armbanduhr: Zu Hause der Backofen, unterwegs das Smartphone.

Dennoch verzeichneten deutsche Händler bei Uhren im vergangenen Jahr ein Umsatzplus von neun Prozent, zeigen Daten der Gesellschaft für Konsumforschung. Allein Juweliere nahmen knapp 1,4 Milliarden Euro mit Uhren ein. Bereits 2011 und 2010 waren satte Jahre für den Uhrenmarkt – kaum ein Konsumgut ist so sicher durch die Krise gekommen wie die Uhr.

"Das gilt für alle Preissegmente", sagt Horst Eberhardt von der Bundesinnung der Uhrmacher. Vor allem aber: Für die richtig teuren. Wer durch Hochglanzmagazine blättert, findet gut und gerne ein halbes Dutzend Uhrenanzeigen pro Heft. Zwischen 30 000 und 60 000 Euro kostet so eine Anzeigenseite in den auflagenstärksten Nachrichtenheften und Illustrierten. Fast alle Branchen fuhren in der Vergangenheit ihre Etats zurück. Nicht so die Uhrmacher.

"Man wirbt nur für eine Uhr, wenn es sich lohnt"

„Uhren waren schon immer ein marketingintensives Geschäft“, sagt Thilo Brückner, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Schmuck und Uhren. Jede Marke pflegt ein bestimmtes Image. Rolex steht für Sportlichkeit: Als Mercedes Gleitze 1927 den Ärmelkanal durchschwamm, hatte sie eine Rolex am Arm. Sir Edmund Hillary stieg mit einer Rolex 1953 als Erster auf den Mount Everest. Auch James Bond trug eine Rolex Submariner in elf Filmen, bevor eine Omega an ihre Stelle trat. Omega positioniert sich ähnlich wie Rolex, nur günstiger. Andere setzen ganz auf Traditionsbewusstsein und Herz: „Gegründet 1755 auf einer Insel im Genfer See. Und immer noch dort“, wirbt die Schweizer Uhrenmanufaktur Vacheron Constantin. Schon berührt? Es geht noch besser. „Eine Patek Philippe gehört einem nie ganz allein. Man erfreut sich ein Leben lang an ihr, aber im Grunde bewahrt man sie schon für die nächste Generation.“

Eine Auswahl von Uhren, die derzeit beworben werden: Den Hublot Classic Fusion Chronograph aus Roségold gibt es für 23 500 Euro, die Ballon Bleu von Cartier mit Inneneinblick für 121 000 Euro. Der Listenpreis der Royal Oak Offshore aus dem Haus Audemars Puguet beträgt 470 566 Euro. Die Hochglanzanzeige ist mit dem Verkauf schon einer zusätzlichen Uhr wieder mehr als eingespielt. „Das verfügbare Einkommen liegt in Deutschland verglichen mit anderen EU Ländern ja noch erfreulich hoch“, sagt Joachim Dünkelmann, Geschäftsführer beim Bundesverband der Juweliere. „Man wirbt nur für eine Uhr, wenn es sich lohnt.“

Die Uhr war nie bloß Zeitmessinstrument. Sondern immer auch Ausdruck von Kultur und Persönlichkeit, Schmuckstück und Statussymbol. Als Luxusgegenstand war sie nie echt verpönt. Weder der Dalai Lama noch Che Guevara verzichteten auf ihre Rolex. „Uhren sind der einzige Schmuck, den ein Mann tragen kann“, ist ein gern zitierter Satz unter Uhrmachern. In Zeiten enttäuschender Zinsentwicklung ist die Uhr noch etwas anderes geworden: Anlageform.

Schweiz-Nimbus - von Swatch bis Zenith

Der populärste Uhrmacher ist nach wie vor die Schweiz. 29 Millionen Uhren wurden 2012 von dort in alle Welt exportiert, im Preissegment über 1000 Euro sind 95 Prozent der abgesetzten Uhren „Made in Switzerland“. Dass dem so ist, verdankt das Land ausgerechnet dem Plastik-Ticker. Als in den 70er Jahren der Markt von asiatischen Produkten überschwemmt zu werden drohte, startete die Swatch als „Uhr fürs Volk“ eine beispiellose Aufholjagd. Marken wie Breitling, Chopard und Rolex profitierten mit, als Swatch die Botschaft „Qualität kommt aus der Schweiz“ in die Welt trug. Zur familiengeführten Swatch-Group gehören heute rund zwanzig Marken, darunter Omega, Longines, Tissot und Breguet. Die anderen Riesen am Markt sind der Richemont-Konzern mit Jaeger-LeCoultre, Cartier, Baume und Mercier und IWC und der Luxuskonzern LVMH (Louis Vuitton), zu dem Tag Heuer, Zenith und Hublot gehören – beide ebenfalls familiengeführt. Rolex befindet sich im Besitz einer gemeinnützigen Stiftung. „Die Edelmarken profitieren heute auch davon, dass viele derer, die in den Achtzigern als Jugendliche Swatch gesammelt haben, heute fähig und willens sind, sich teurere Modelle zu leisten“, sagt Uwe Beckmann. Beckmann ist Geschäftsführer des Unternehmens Wempe in Berlin und seit 27 Jahren im Geschäft.

Diese Kunden legen sich nicht zwangsläufig auf ein Schweizer Fabrikat fest. „Die Schweizer Uhr können wir inzwischen auch in Deutschland“, sagt Horst Eberhardt vom Uhrmacherverband. Unter den heimischen Herstellern schlugen die guten Geschäfte 2012 mit Umsätzen von rund 580 Millionen Euro zu Buche. Unternehmen wie Glashütte und A. Lange und Söhne – das inzwischen auch zu Richemont gehört – genießen international hohes Ansehen. Vor allem in China: Deutsche Uhren finden sich bei fast jedem chinesischen Juwelier. „Asien ist seit einigen Jahren ein extrem wichtiger Markt geworden“, sagt Beckmann. Auch er in seinem Berliner Laden profitiert davon: Asiatische Touristen haben sich zu einer bedeutenden Kundschaft entwickelt.

Diese Uhren eignen sich als Geldanlage

Wer Uhren als Geldanlage betrachtet, sollte nicht willkürlich investieren. Wichtig ist, dass die Uhr von einem mechanischen Werk angetrieben wird. Alle Teile sollten Originalteile sein. Zu den wertbeständigsten Marken zählt Patek Philippe, die auf Auktionen seit jeher Spitzenpreise erzielt. Rolex verspricht verlässliche Renditen schon nach kurzer Zeit. „Wir behandeln Rolex wie eine Währung“, sagt Marc Gawartin vom Juwelier Leopold in Charlottenburg. Das Geschäft seines Vaters ist auf An- und Verkauf spezialisiert. Wertverluste gibt es kaum. Die Hersteller erhöhen jedes Jahr die Preise. „Man kann eine teure Uhr fünf Jahre lang tragen und dann zum Einkaufspreis wieder verkaufen“, sagt er. Hilfreich ist, wenn die Uhr über spezielle Komplikationen wie Chronograph oder Monduhr verfügt und optisch eher klassisch gehalten ist. „Gelbgold, Brillanten, extravagante Uhren, das läuft im asiatischen Raum noch, aber nicht mehr bei uns“, sagt Juwelier Brückner. Die Damenuhr kommt ganz außer Mode. „Auch Frauen bevorzugen Herren-Modelle.“

Sowohl im Gebrauchtmarkt als auch im Neumarkt gibt es lange Wartelisten. „In solchen Uhren stecken manchmal tausende Stunden Handarbeit“, sagt Wempe-Chef Beckmann. „Die lassen sich nicht mal eben nachliefern.“

Ob der Markt in absehbarer Zeit einbrechen könnte? „Wieso sollte er?“, lautet die Antwort in der Branche einhellig. Die Uhrmacher stellen ein. 3300 Menschen beschäftigten sie bundesweit im vergangenen Jahr, Tendenz steigend.

Dass viele junge Männer heute in gleicher Bewegung das iPhone aus der Hosentasche holen, um auf die Uhr zu sehen, wo ihre Großväter die Taschenuhr zückten, sorgt Händler und Hersteller wenig. „Früher oder später ist jeder Mann von einer mechanischen Uhr fasziniert“, sagt Wempe-Einkäufer Beckmann. „Die Männer wollen wieder Technik am Arm haben.“ „Die Männer wollen wieder Leben am Arm haben“, sagt Uhrmacherchef Eberhardt.

Es zeichnet sich ab: Die Uhr ist zeitlos.

Maris Hubschmid

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