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So sieht der Osterurlaub aus: Malle statt Meck-Pomm

Vermieter sind sauer: Ferien in Deutschland bleiben verboten, Auslandsreisen sind möglich, eine Testpflicht kommt. Was Reisende jetzt wissen müssen.

Im Rostocker Badeort Warnemünde geht es beschaulich zu. Die Läden sind offen, man könnte ohne Anmeldung shoppen. Doch Gedränge gibt es nicht. Auch nicht am Ostseestrand oder am Alten Strom. „Es sind keine Touristen da“, sagt der Barista in einem Coffeeshop im Zentrum.

Das ist kein Wunder, denn touristische Übernachtungen sind verboten, Hotels sind geschlossen. Die Besucher kommen daher vor allem aus der eigenen Stadt, es sind Rostocker, die einen kleinen Abstecher in den Ferienort machen. Seit Dienstag Nacht weiß man: Das wird sich auch über Ostern nicht ändern. Urlaub in Deutschland, so hat es Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gemeinsam mit den Ministerpräsidenten und -präsidentinnen der Länder beschlossen, wird es wie schon im vergangenen Jahr auch in diesen Ostertagen nicht geben.

Ganz viel frei: Urlauber dürfen auch an in diesem Jahr zu Ostern nicht an die deutschen Küsten.
Ganz viel frei: Urlauber dürfen auch an in diesem Jahr zu Ostern nicht an die deutschen Küsten.
© imago images/penofoto

„Erneut lassen Bund und Länder den Deutschlandtourismus ohne jegliche Perspektive im Regen stehen“, ärgert sich der Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbands, Norbert Kunz. Auch die Regierungen der Küstenländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sind enttäuscht. Sie hatten zumindest für ihre Landeskinder „kontaktarmen Urlaub“ in Ferienwohnungen oder auf dem Campingplatz ermöglichen wollen, immerhin liegen die Corona-Inzidenzen in den Nordländern deutlich unter dem Bundesschnitt.

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Merkel: Auf Reisen verzichten

Für Merkel und die Mehrzahl der Ministerpräsidenten wäre eine Öffnung jedoch das falsche Signal gewesen. Die Bürger sollten auf „nicht zwingend notwendige Reisen“ im In- und ins Ausland ganz verzichten, heißt es in dem Beschluss. Dass in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in Brandenburg zumindest die Eigentümer von Ferienwohnungen anreisen können, ist da nur ein schwacher Trost.

Bekommen Kunden ihr Geld zurück?

Ferienhausvermieter wollen das nicht kampflos hinnehmen. In Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sind bereits Klagen anhängig, weitere sind in Vorbereitung. Ob Kunden, die für die Osterferien eine Ferienunterkunft gebucht und bereits bezahlt haben, ihr Geld zurückbekommen, liegt im Ermessen des Vermieters, warnt der Berliner Reiserechtsanwalt Roosbeh Karimi. Diese können statt der Rückzahlung auch eine Umbuchung auf einen anderen Zeitpunkt oder einen Gutschein für eine spätere Anreise anbieten.

Ferienhäuser sind verboten, Malle ist erlaubt: Die Vermieter sind sauer

„Ferienwohnungen und -häuser, in denen ein ungefährlicher, kontaktarmer Urlaub möglich gewesen wäre, müssen geschlossen bleiben. Gleichzeitig dürfen mehr als 40.000 deutsche Urlauber über Ostern nach Mallorca fliegen", wundert sich Daniel Rousta, Präsident des Fewo-Verbands, der die Eigentümer von Ferienimmobilien vertritt. „Politikerinnen und Politiker, die so etwas beschließen, haben jeden Bezug zur Realität verloren“, empört sich Rousta.

Warnemünde: Die Rostocker sind unter sich.
Warnemünde: Die Rostocker sind unter sich.
© imago images/BildFunkMV

Allerdings hätte Merkel gern auch Reisen nach Mallorca verhindert. Kaum hatte das Robert-Koch-Institut die Lieblingsinsel der Deutschen von der Liste der Risikogebiete gestrichen, gingen die Buchungen in die Höhe. Urlaub im Süden ohne Quarantäne und Testpflicht bei der Rückkehr – für viele erholungsbedürftige Bundesbürger ist das eine attraktive Vorstellung. Eurowings hat für die Osterferien 300 zusätzliche Flüge von Deutschland nach Mallorca eingerichtet, auch Deutschlands größter Reisekonzern Tui hat schnell reagiert. Die ersten Tui-Gäste sind bereits auf der Insel, weitere folgen am Wochenende.

Mallorca-Rückkehrer müssen nicht in Quarantäne

"Ich persönlich gehöre nicht zu den Mallorca-Fahrern", gibt Merkel zu. Ihr wäre es lieb, wenn sich auch andere zurückhalten würden. Um die Reiselust zu stoppen, hatte die Kanzlerin eine Quarantänepflicht für Mallorca-Rückkehrer ins Gespräch gebracht, sie musste jedoch zurückstecken. „Rechtlich wäre das nicht durchzusetzen gewesen“, meint Anwalt Karimi.

Zwar steigen auch die Coronazahlen auf Mallorca wieder, die Inzidenz liegt aber noch immer bei einem niedrigen Wert von 26 Fällen pro 100.000 Einwohner. Ganz unbeschwert urlaubt es sich jedoch auf Malle nicht. Auf der Insel herrscht Maskenpflicht (außer beim Sonnenbaden am Strand), ab zehn Uhr abends gilt eine Ausgangssperre, in Kneipen und Restaurants gibt es nur draußen Essen und Trinken. Damit wollen die Behörden sicherstellen, dass die Coronainfektionen niedrig bleiben.

Eine Quarantäne wäre rechtlich kaum möglich gewesen

Das wäre auch juristisch wichtig, um die Quarantänepflicht zu verhindern. Denn einige Gerichte haben in der Vergangenheit Quarantänevorgaben gekippt, wenn die Corona-Inzidenzen im Urlaubsland niedriger waren als in Deutschland, darunter das Oberverwaltungsgericht Münster. Reisende aus NRW müssen daher anders als etwa Berliner selbst dann nicht in Quarantäne, wenn sie aus einem Risikogebiet wie etwa den Kanaren zurückkehren.

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Alle Reiserückkehrer brauchen jetzt einen Test

Ganz unbeschadet hat die Bund-Länder-Runde jedoch auch Auslandsurlauber nicht gelassen. Bisher müssen nur Reisende, die aus Gebieten mit hohen Coronazahlen (Hochinzidenzgebiete) oder Regionen, in denen gefährliche Virusvarianten grassieren, bei der Einreise nach Deutschland einen negativen Coronatest vorlegen. Künftig soll das für sämtliche Reiserückkehrer aus dem Ausland gelten, auch für Urlauber aus Nichtrisikogebieten, haben Bund und Länder beschlossen. Die generelle Testpflicht soll im Infektionsschutzgesetz verankert werden, Einzelheiten sind noch unklar. Im zuständigen Bundesgesundheitsministerium heißt es, man arbeite „derzeit intensiv“ an der Umsetzung.

Geschlossen: Hotels, Pensionen, Campingplätze und Ferienwohnungen sind für Urlauber bis auf weiteres tabu, so wie hier in Koserow auf Usedom.
Geschlossen: Hotels, Pensionen, Campingplätze und Ferienwohnungen sind für Urlauber bis auf weiteres tabu, so wie hier in Koserow auf Usedom.
© dpa

Die Airlines, die für die Tests sorgen sollen, tappen derzeit aber noch im Dunklen. Weder wissen sie, ab wann sie testen müssen noch für wie lange. Auch wer die Kosten trägt, ist noch offen. Der Branchenverband BDL appellierte am Dienstag an die Regierung, zumindest für Nichtrisikogebiete die Testpflicht auf den geplanten Osterlockdown zu begrenzen.

"Ich freue mich, dass die Airlines helfen", sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) am Dienstag. Lufthansa, Eurowings, Condor und Tui hätten zugesagt, die Testlogistik aufzubauen. Priorität hat Mallorca. Die Kostenfrage, meint Scheuer, sei im Moment zweitrangig. Wichtiger sei eine sichere Einreise.

Was die Airlines planen

Die Lufthansa kündigte an, zusammen mit der Tochter Eurowings mit Testlaboren und Partnern der Reisewirtschaft die nächsten Schritte zu planen, vor allem auf Mallorca sollen Testangebote zügig bereitgestellt werden. Auch Condor und Tuifly erklärten, sich branchenweit abstimmen zu wollen.

Dass Scheuer Easyjet nicht erwähnt hat, ist kein Zufall. Die Airline geht anders als die Konkurrenz davon aus, dass die Tests nach wie vor in der Verantwortung der Passagiere liegen. Eine direkte Testdurchführung seitens der Airline im Zielgebiet erachte man als organisatorisch und medizinisch nicht darstellbar, hieß es auf Tagesspiegel-Anfrage.

Wie die Reiseveranstalter testen

Deutschlands größte Reiseveranstalter Tui und DER Touristik haben dagegen bereits Erfahrungen mit Tests vor Ort. Die Tui testet auf den Kanaren alle Gäste vor der Rückreise, DER Touristik bietet bislang Mallorca-Reisenden kostenlose PCR-Tests an. Auf weitere Tests sei man bestens vorbereitet, betont eine Sprecherin, „wir haben bereits mobile Labor auf Standby.“ Beim Deutschen Reiseverband herrscht Erleichterung. Dass nicht alle Reiserückkehrer in die Quarantäne geschickt werden, ist eine gute Nachricht für Reiseveranstalter und -büros. Denn eine Quarantäne käme praktisch einem Reiseverbot gleich. Es sei sinnvoll, stattdessen auf eine Testpflicht zu setzen, meint Verbandspräsident Norbert Fiebig.

Die Virologin Isabella Eckerle sieht das anders: "Wer zurückfliegt und noch in der Inkubationsphase ist, ist beim Abflug negativ, kommt kurz danach in die hochinfektiöse Phase, in der die meisten Ansteckungen stattfinden und wird sich in Sicherheit wägen, da gerade freigetestet", twitterte Eckerle am Dienstag. Viel sinnvoller sei eine Quarantäne mit einem Test am fünften Tag nach der Rückkehr.

Urlaub auf Mallorca: Restaurants sind geöffnet.
Urlaub auf Mallorca: Restaurants sind geöffnet.
© dpa

Was wird aus dem Sommerurlaub?

Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) bat am Dienstag um Verständnis für die Einschränkungen. "Wir wollen im Sommer möglichst viele Freiheiten wieder zulassen - und deshalb ist es jetzt an Ostern einfach schwierig, wenn so viele Urlaubsreisen gemacht werden", sagte Braun bei RTL/ntv.

Das Chaos um den Osterurlaub sollte jedoch eine Warnung für die Sommerbuchungen sein. Wer ins Ausland reisen möchte, ist grundsätzlich bei einer Pauschalreise rechtlich besser geschützt. Wird das Urlaubsland Corona-Risikogebiet, besteht nämlich automatisch eine amtliche Reisewarnung, die zum kostenlosen Stornorecht führt. Alle großen Veranstalter bieten zudem für kleines Geld Flextarife an, die auch zeitnahe Umbuchungen oder Stornierungen erlauben.

Was ist mit dem Ferienhaus?

Problematischer ist es, wenn man auf eigene Faust ein Ferienhaus oder eine -wohnung bucht. "Buchen Sie nur Angebote, die Sie auch kurzfristig stornieren können", rat Anwalt Karimi, selbst wenn sie teurer sind. Besonders wichtig ist das, wenn man eine Unterkunft im Ausland sucht. Sollte der Flug dorthin wegen der Pandemie ausfallen, droht man auf den Kosten sitzen zu bleiben.

Bisher halten sich Reisende mit Buchungen jedoch zurück, zeigt eine neue Auswertung des Ferienhausvergleichsportals Hometogo. Danach stehen im April noch über 500.000, im Mai und Juni über 400.000 Ferienunterkünfte in Deutschland frei.

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