Luftverkehr: Lütke Daldrup gegen Spohr
Die internationale Luftfahrtbranche diskutiert in Berlin – auch über Berlin.
„Ich weiß, es war ein wenig schwierig herzukommen.“ So launisch begrüßte Lufthansa-Vorstandschef Carsten Spohr die Vertreter der weltweiten Luftfahrtbranche, die zu einer Tagung des australischen Center of Aviation (CAPA) erstmals nach Berlin gekommen waren. Hauptsponsor der dreitägigen Veranstaltung ist die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB). Sie nutzt die Plattform, um bei anderen Airlines für mehr Langstreckenverbindungen zu werben.
Brasilia und Canberra hätten auch keine bessere Anbindung, bemühte sich Spohr, dem Hauptstadtargument von vornherein entgegenzutreten. Und außerdem gehe es ja nur um die Langstrecken, und bei der sei kein Platz für einen dritten Hub in Deutschland neben den beiden Lufthansa Drehkreuzen in Frankfurt und München, zu denen mit den Basen der Konzerntöchter Austrian und Swiss auch noch Wien und Zürich kämen. Zudem würde Berlin ja von den ausländischen Lufthansa-Partnern United, Air Canada und Scoot mit New York, Toronto und Singapur verbunden.
Berlin ist "Primärziel" in Deutschland
Auf Nachfrage des Moderators räumte Spohr dann überraschend ein, das Berlin auch für die Lufthansa-Gruppe der am schnellsten wachsende Markt in Europa sei. Interessant sei aber nur der Incoming-Markt, nicht das Passagieraufkommen aus der Hauptstadtregion. Denn rund um Berlin sei „nichts“, so der Konzernchef. Dennoch habe die Lufthansa hier einen Marktanteil von 30 Prozent und sei die Nummer 1 in Tegel. Eine Behauptung, der FBB-Chef Engelbert Lütke Daldrup prompt widersprach. Marktführer sei mit 30 Prozent Easyjet, die gesamte Lufthansa-Gruppe komme auf 23 Prozent. Davon entfallen nur etwa zehn Prozent auf die Lufthansa selbst, zehn weitere auf deren Low-Cost-Tochter Eurowings, den Rest teilen sich Austrian, Swiss und Brussels Airlines.
„Es mag größere Flughäfen in Deutschland geben aber keine Destination ist so wichtig wie die Hauptstadt“, hielt Lütke Daldrup dem Lufthansa-Boss entgegen. Berlin sei für Geschäftsreisende ebenso für Touristen das Primärziel in Deutschland. Den BER könne man den Gästen als „Flughafen der Möglichkeiten“ präsentieren. „Und wir wissen, er wird im Oktober 2020 eröffnet, da können Sie auf uns bauen“, unterstrich der Flughafenchef.
Lütke Daldrup wiederholte seine Forderung nach schnelleren Genehmigungsverfahren bei Bauprojekten und mehr Verkehrsrechten für ausländische Airlines. In Asien oder der Türkei könne viel schneller gebaut werden, wenn die europäische Wirtschaft mithalten wolle müsse man müsse man auf nationaler und europäischer Ebene die Prozesse ebenfalls vereinfachen. Und es könne nicht sein, dass 80 Prozent der interkontinentalen Berlin-Passagiere gezwungen sind, umzusteigen, während beispielsweise chinesischen Airlines, die mehr Nonstopflüge anbieten wollen, die dafür notwendigen Verkehrsrechte verweigert werden. Der Druck auf die Regierung, darüber zu reden, wachse.
„Wir nutzen die Gelegenheit, mit den CEO's der großen Airlines zu sprechen“, sagte Lütke Daldrup dem Tagesspiegel. Was die FBB als Hauptsponsor die Tagung kostet, wollte er nicht verraten. Immerhin habe man die CAPA-Tagung erstmals nach Deutschland holen können und werbe hier gemeinsam mit Visit Berlin und Berlin Partner für die Hauptstadt. „Das Interesse ist groß“, freute sich der Flughafenchef.
Billigflieger boomen
Noch bis zum Mittwoch diskutieren Branchenvertreter aus aller Welt die künftige Entwicklung der Branche. Im laufenden Jahr werden weltweit 4,4 Milliarden Passagiere befördert, der jährliche Zuwachs liegt bei 300 Millionen. Ein Großteil des Wachstums kommt aus Schwellenländern. Deren Marktanteil stieg in den vergangenen zehn Jahren von 33 auf 45 Prozent, sagte Wendy Sowers, Marktforschungs-Direktorin beim US-Flugzeughersteller Boeing.
Der Trend gehe immer mehr zum Punkt-zu-Punkt-Verkehr, allein im vergangenen Jahr wurden mehr als 2000 neue Städteverbindungen aufgenommen. Und die großen Luftverkehrskonzerne wie Lufthansa, Air France/KLM und IAG (British Airways/Iberia) lagern Marktanteile an ihre eigenen Billigflieger aus. Waren das 2002 nur drei Prozent, sind es heute bereits 36. Ebenso wie ihr Kollege Bob Lange von Airbus geht sie davon aus, dass sich die weltweite Flotte an Verkehrsflugzeugen binnen 20 Jahren auf rund 48 000 Maschinen verdoppeln wird.
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